Es gibt viel zu tun: Das Handwerk hat volle Auftragsbücher. (Bild: Fotolia, grafikplusfoto)
Handwerk

Rückkehr der Meisterpflicht

Die von Rot-Grün abgeschaffte Meisterpflicht kommt zurück: In zwölf Gewerken soll sie wieder gelten. Die CSU hatte sich dafür eingesetzt, um wieder für bessere Qualität zu sorgen.

Im Bundestag steht am Donnerstag die Verabschiedung von Änderungen der Handwerksordnung auf dem Programm. Dabei geht es darum, dass die Meisterpflicht für insgesamt zwölf Gewerke wieder eingeführt werden soll – darunter sind Fliesen- und Parkettleger, Rollladentechniker oder Orgelbauer.

Wer keinen Meisterbrief hat, bildet auch nicht aus.

Kurt Krautscheid, Handwerkskammern Rheinland-Pfalz

Rot-Grüner Pfusch

Im Jahr 2004 war in 53 Berufen die Meisterpflicht von der rot-grünen Bundesregierung abgeschafft worden. Das hieß, um einen selbstständigen Betrieb in diesen Handwerken betreiben zu können, war kein Meisterbrief mehr notwendig. Mit der Reform der Handwerksordnung wollte die Linkskoalition damals einfachere Tätigkeiten für Selbstständige öffnen. Bis dahin durften diese Betriebe nur von ausgebildeten Handwerksmeistern geführt werden.

Dies führte aber vielerorts zu dem von der Union schon damals angeprangerten Qualitätsverlust durch Billigkonkurrenz aus den Nachbarländern und durch die Quereinsteiger – und damit auch zu Nachwuchsproblemen im deutschen Handwerk, dessen Betriebe mit diesen Niedrigpreisen nicht mithalten konnten und reihenweise schließen mussten. Das wiederum sorgte dafür, dass dramatisch weniger Lehrlinge diese Ausbildung machen wollten, weil es ja auch ohne Meister ging. Hinzu kam aber: „Wer keinen Meisterbrief hat, bildet auch nicht aus“, so Kurt Krautscheid, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz, im ZDF.

Die Kunden wollen meisterliche Leistung.

Sandro Kirchner

Unzählige neu gegründete Ein- und Zwei-Mann-Betriebe verschwanden aber bereits nach kurzer Zeit wieder – und mit ihnen die Gewährleistungsrechte der Verbraucher bei fehlerhaften Handwerksleistungen. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise hat die Zahl der Handwerksbetriebe seit 2004 um fast 19 Prozent zugenommen. Die der Beschäftigten nahm dagegen um rund neun Prozent ab. Teilweise fehlen bereits ganze Generation Handwerksmeister durch den rot-grünen Pfusch, Wissen und Erfahrung ging verloren.

Einsicht bei der SPD

Die SPD hat das nun offenbar eingesehen. Denn die schwarz-rote Koalition hatte jetzt argumentiert, die Rückkehr zur Meisterpflicht stärke das Handwerk. „Unser Ziel ist, mehr Qualität für die Kundschaft und mehr Nachwuchs im Handwerk durch eine bessere Ausbildung“, hatten Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann und SPD-Fraktionsvize Sören Bartol Anfang September mitgeteilt. Zudem solle die Strukturentwicklung im Handwerk und dessen Zukunft nachhaltig gesichert werden. Bestehende Betriebe, die derzeit nicht der Meisterpflicht unterliegen, dürfen aber auch weiterhin ihr Handwerk selbstständig ausüben und sollen einen Bestandsschutz erhalten.

In den betroffenen 12 Handwerksberufen muss nun der Unternehmensinhaber oder der von ihm angestellte Betriebsleiter wieder einen Meisterbrief oder äquivalenten Abschluss nachweisen. Es gibt davon einige Ausnahmen, darunter die sogenannte Altgesellenregelung für berufserfahrene Gesellen. Das sind Gesellen mit abgeschlossener Ausbildung und sechsjähriger Berufserfahrung, davon vier Jahre in leitender Tätigkeit. Die Meisterpflicht gilt für folgende Berufe und Gewerke, in denen Vertrauen eine große Rolle spielt, weil der Verbraucher die Qualität der Leistung nicht leicht erkennen kann oder in denen der Nachwuchs fehlt:

  • Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
  • Betonstein und Terrazzohersteller
  • Estrichleger
  • Behälter- und Apparatebauer
  • Parkettleger
  • Rolladen- und Sonnenschutztechniker
  • Drechsler und Holzspielzeugmacher
  • Böttcher
  • Raumausstatter
  • Glasveredler
  • Orgel- und Harmoniumbauer
  • Schilder- und Lichtreklamehersteller

CSU forderte Meisterpflicht

Bereits Ende Januar hatte die CSU-Landtagsfraktion die Wiedereinführung der Meisterpflicht gefordert. „Wir brauchen wieder mehr Meister bei Handwerkerleistungen. Deshalb müssen wir die unter SPD und Grünen in vielen Bereichen abgeschaffte Meisterpflicht wieder einführen. Die Kunden wollen meisterliche Leistung und wir unterstützen alle Seiten dabei“, so begründete Sandro Kirchner, der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Bayerischen Landtag, den damaligen Dringlichkeitsantrag der Regierungsfraktionen.

Darin gaben die Fraktionen von CSU und FW ein ausdrückliches Bekenntnis zum Handwerk und einer Meisterausbildung ab. „Der verpflichtende Meisterbrief als hoher Qualitätsstandard muss erhalten bleiben und EU-konform auf möglichst viele Handwerksberufe wieder ausgeweitet werden“, betonte damals Ulrike Scharf, die Berichterstatterin der CSU-Fraktion zu diesem Antrag. Sie nannte es „einen absolut richtigen und wichtigen Weg, dass die Staatsregierung den Meisterbonus im Freistaat auf 2000 Euro erhöhen möchte“.

Gerade auch mit Blick auf die in der Zukunft benötigten Fachkräfte sei es wichtig, diesem Nachwuchs im Handwerk wertvolle Abschlüsse und gute Karriereperspektiven zu bieten. „Davon profitieren die Handwerker und die Kunden gleichermaßen“, so der Kirchner abschließend.

Geringerer Gewährleistungs- und Verbraucherschutz

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sprach jetzt von einem „starken Signal“ für Qualität und Qualifikation im Handwerk gesprochen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hatte sich seit langen für eine Rückkehr zur Meisterpflicht stark gemacht.

Weniger Auszubildende, weniger Fachkräfte, weniger Qualität, schneller vom Markt verschwindende Betriebe.

Hans Peter Wollseifer, Handwerkspräsident

Wollseifer hatte wiederholt vor Marktverzerrungen und der zunehmenden Zahl von Solo-Selbstständigen gewarnt – und vor massiven Problemen bei der Qualität. Seit 2004 sei es in einigen Gewerken zu „Fehlentwicklungen“ gekommen, so Wollseifer. „Weniger Auszubildende, weniger Fachkräfte, weniger Qualität, schneller vom Markt verschwindende Betriebe und infolge dessen ein geringerer Gewährleistungs- und Verbraucherschutz.“

Zwar sanken durch die Meisterpflichtabschaffung die Preise und Wartezeiten für Handwerksleistungen, wie jetzt die Monopolkommission, ein unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung, erklärte. Auch gab es neue Betriebe, da das Ablegen einer Meisterprüfung kosten- und zeitintensiv war. Durch den zeitlich unbegrenzten Bestandsschutz für die bereits gegründeten Nicht-Meister-Betriebe dürfte dieser Effekt allerdings nicht wieder umgekehrt werden.

(dpa/BK)

Zulassungsfreie und zulassungspflichtige Handwerke

In Deutschland gibt es derzeit rund 130 Handwerksberufe. Sie sind in der Handwerksordnung aufgeführt und unterteilt in zulassungspflichtige Gewerbe (Anlage A) und zulassungsfreies Handwerk (Anlage B1). In einer weiteren Anlage B2 sind noch 54 weitere handwerksähnliche Gewerbe aufgeführt.