Die Tour führte Ministerpräsident Markus Söder (m.) und Umweltminister Thorsten Glauber (2.v.r.) auf die Zugspitze. (Bild: Bayerische Staatskanzlei)
Söder

Vorreiter beim modernen Klimaschutz

Ein nachhaltiges und in sich schlüssiges deutsches Klimaschutzkonzept könnte sich laut CSU-Chef Markus Söder zu einem weltweiten Exportschlager entwickeln. Deutschland allein könne das Weltklima nicht retten.

Bei Experten an höchster Stelle informierte sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch: Auf einer Tour auf die Zugspitze wollte sich Söder einen Eindruck über die Auswirkungen des Klimawandels machen und mit Forschern über die Bedeutung des Permafrostes für die Alpen sprechen. Die Tour führte ihn zusammen mit dem bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) auch zur Umweltforschungsstation Schneefernerhaus.

Nach der Tour erklärte der Ministerpräsident in Bezug auf die Forschungsstation: „Wir verstärken unser Engagement: mehr Fördermittel, Ausbau der Grundlagenforschung für Klima-Resilienz und Stärkung als nationales Forschungszentrum.“

Exportschlager Klimakonzept

Die Tour führte außerdem auf den schwindenden Zugspitzgletscher und in den Kammstollen, der 1926 in den Zugspitzgipfel gebohrt wurde. Dort beobachten die Experten, wie sich der Permafrost verändert und wie sich das veränderte Klima auf die Alpen auswirken kann. „Das ist die verborgene Vereisung im Inneren“, erklärt ein Geologe. Und das Ergebnis seiner Forschungen ist eindeutig: Im August 2018 war dieser gefrorene Kern, der den Berg im Inneren zusammenhält, so klein wie nie seit Beginn der Messungen vor gut zehn Jahren.

Auch das Eis außen wird weniger: Der Zugspitzgletscher – genauer: der Nördliche Schneeferner – schmilzt unaufhörlich. Eigentlich, sagt der Forscher Matthias Bernhardt, sei das gar kein Gletscher mehr, weil er sich nicht mehr bewege, nicht mehr fließe. Sondern nur noch „ein Toteis“. Und die Wissenschaftler gehen davon aus, dass auch dieses letzte Überbleibsel der Gletscher in Deutschland bis Mitte des Jahrhunderts verschwunden sein wird. Der Nördliche Schneeferner hatte 2015 nur noch ein Viertel der Eismenge von 1950, der Südliche sogar nur noch sechs Prozent. Bis 2100 könnte von den fünf bayerischen Gletschern nur noch der Höllentalferner übrig sein, weil er weniger in der Sonne liegt.

„Mit Forschung und Innovation begegnen wir dem Klimawandel. Das ist unsere Verantwortung gegenüber der Zukunft“, ist Söder überzeugt. „Bayerische Spitzenforschung ist Exportschlager für die ganze Welt“, das ist seine Hoffnung für die Zukunft.  Ein nachhaltiges und in sich schlüssiges deutsches Klimaschutzkonzept könnte nach Ansicht des CSU-Chefs Bayern zum Vorreiter beim modernen Klimaschutz machen. „Wir versöhnen Ökologie und Ökonomie.“

Innovationen statt Zwang

„Deutschland alleine wird das Weltklima nicht retten, aber wir können einen wichtigen Beitrag leisten“, sagte der bayerische Ministerpräsident auf Deutschlands höchstem Berg.

Deutschland alleine wird das Weltklima nicht retten, aber wir können einen wichtigen Beitrag leisten.

Markus Söder

Als Beispiele nannte Söder die Klimaforschung, die Entwicklung neuer Antriebe für Automobile und die Herstellung wettbewerbsfähiger regenerativer Energieträger wie Solarkraft, Windräder und Power-to-Gas. „Wenn wir schaffen, dass das auch marktwirtschaftlich funktioniert, werden wir auch die Amerikaner und Chinesen schnell für den Prozess begeistern und mitnehmen können“, sagt Söder. Das Klimakonzept müsse aus mehreren Komponenten bestehen, erklärt er. Zum einen sei entscheidend, dass technische Innovationen in der Forschung vorangebracht würden, um beispielsweise die Verkehrswende schaffen zu können. Dazu zählten neue Antriebe wie Elektro, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe. „Zum Zweiten brauchen wir eine Reihe von Anreizen, indem wir die energetische Sanierung endlich voranbringen“, so der CSU-Chef. Das müsse staatlicherseits mit einem Klimabonus erfolgen, aber auch privat unterstützt werden.

Das Konzept muss vor den Augen der Wissenschaft bestehen.

Markus Söder

Um etwa alte Öl-Heizungen aus dem Markt zu nehmen, müsse die Politik einen fixen Endpunkt definieren, damit die Umstellung auf andere Heizformen erreicht werden könne. „Und dann brauchen wir ein Förderprogramm, damit die Menschen die Möglichkeit haben, es umzustellen“, betont Söder. Deutschland brauche außerdem mindestens eine Million mehr Ladestationen für Elektroautos und eine Verpflichtung, neue Ladestationen auch auszuweisen.

Alle müssen mitmachen

Durch eine deutschlandweite Aufforstung von Wäldern und den Erhalt von Mooren müsse auch die natürliche CO2-Speicherung vorangebracht werden. Söder ergänzt, dass das Klimaschutzkonzept nicht nur eine Angelegenheit der Bundesregierung sei. Der Klimapakt müsse auch mit den Bundesländern, den Gemeinden und der Wirtschaft geschlossen werden. „Es ist eine große ethische Aufgabe“, sagt er und warnt zugleich vor ideologische Diskussionen. „Wir werden eine CO2-Bepreisung machen, aber ich glaube, dass Zertifikate der bessere Weg sind, als ein bisschen an der Ökosteuerschraube zu drehen. Das hatte bislang keinen Effekt und wird auch dann keinen haben.“

Wir wollen keinen Klimaschutz, der die Wirtschaft abwürgt.

Markus Blume

Söder gibt sich optimistisch, dass die Bundesregierung bis zum 20. September ein Konzept vorlegen könne, auch wenn derzeit „noch viel gerungen“ werde. „Aus der Summe von Einzelvorschlägen muss eine Choreographie entwickelt werden, die in sich schlüssig ist. Es muss vor den Augen der Wissenschaft bestehen“, sagte er.

Nicht die Wirtschaft abwürgen

Die geplanten Klimaschutz-Beschlüsse der Bundesregierung sollen der schwächelnden Konjunktur laut CSU-Generalsekretär Markus Blume einen Schub geben. „Wir wollen Klima- und Konjunkturprogramm miteinander verbinden“, sagte Blume am Mittwoch in Berlin. Seine Partei wolle keinen Klimaschutz, der die Wirtschaft abwürge, sondern einen, „der neue Kräfte freisetzt“.

Dahinter steckt die Überlegung von CDU und CSU, die Reduzierung der Treibhausgase vor allem über Anreizprogramme zu erreichen. Letztlich wirke es wie Abwrackprämien, wenn man etwa eine verstärkte Förderung für Gebäude- und Heizungssanierung oder Elektroautos anbiete, heißt es dazu in der Union.

Mit Blick auf die Entscheidungen im Klimakabinett am 20. September sprach Blume davon, dass man ein „großes Paket“ brauche. Dies sei auch angesichts der Debatte über die Zukunft der großen Koalition wichtig. CDU, CSU und SPD müssten zeigen, dass sie genügend Kraft für den zweiten Teil der Legislaturperiode hätten. Zu den zu klärenden Themen gehörten neben dem Klimaschutz auch die Außen- und Sicherheitspolitik in einer „völlig veränderten Weltlage“ mit Brexit und internationalen Handelsverwerfungen. Die CSU bestehe darauf, bei der Halbzeitbilanz der Regierung ein starkes Augenmerk auf die Wirtschafts- und Industriepolitik zu legen.

Kohlendioxid verteuern

Die Spitze der Unionsfraktion will den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) verteuern, setzt aber ebenfalls vor allem auf Anreize für den Bürger. „Nicht Bevormundung ist unser Ansatz, sondern Respekt vor den Menschen in unserem Land“, heißt es in dem Entwurf mit dem Titel „Gutes Klima. Starkes Deutschland“. Die Rolle des Staates sei es dabei, zu unterstützen und gute Rahmenbedingungen zu setzen. „Erst wenn Anreize nicht zum Erfolg führen, kann man über andere Handlungsoptionen nachdenken.“

Wir wollen Arbeitsplätze erhalten und nicht gefährden.

Unionsentwurf zum Klimaschutz

Und weiter: „Die CO2-Problematik ist im Preis bislang nicht hinreichend abgebildet“, heißt es in dem Papier, das der geschäftsführende Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an diesem Mittwoch auf einer Klausur in Potsdam beschließen wollte. Es liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. „Preise müssen die Wahrheit sagen über das klimaschädliche CO2“, heißt es darin. „Klar ist, dass wir in Zukunft eine – ggf. zunächst nur nationale – effiziente CO2-Bepreisung brauchen.“ Mit Ausgleich für die Bürger. Details sind in der großen Koalition aber umstritten – etwa, ob der CO2-Ausstoß über eine Steuererhöhung oder einen Zertifikatehandel teurer werden soll.

Nur sinnvolle Maßnahmen

Um die Produktion klimafreundlicher Energien zu steigern, brauche es „einen massiven Ausbau der Windenergie, besonders vor unseren Küsten“, heißt es in dem Entwurf, „weil dort weniger Flaute herrscht und es keine Bürgerproteste gegen Windräder auf hoher See gibt“. Den Ausbau der Solarenergie solle man „in einem wirtschaftlich vernünftigen Rahmen ermöglichen“, auch Biogas könne „einen gewissen Beitrag leisten“.

Insgesamt gelte, die Maßnahmen für Klimaschutz müssten ökologisch sinnvoll, sozial verträglich und so gestaltet werden, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht gefährde, sondern gestärkt werde. „Wir wollen Arbeitsplätze erhalten und nicht gefährden. Und dort wo es möglich, neue schaffen.“ Die Energiepreise in Deutschland müssten bezahlbar bleiben und international wettbewerbsfähig sein.

(dpa/BK)