Landesregiment Bayern in Roth (v.l.): Brigadegeneral Helmut Dotzler, Ministerpräsident Markus Söder und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen schreiten die Front der Reservisten ab. (Foto: dpa/Timm Schamberger)
Bundeswehr

Dienstantritt zum Heimatschutz

Die Bundeswehr hat das erste Landesregiment überhaupt in Dienst gestellt – und zwar in Bayern, genauer im mittelfränkischen Roth. Die Landeskommandos, die meist aus Reservisten bestehen, sollen unter anderem für einen besseren Heimatschutz sorgen.

Bayern wieder einmal als bundesweiter Vorreiter: Im mittelfränkischen Roth hat die Bundeswehr das bundesweit erste Landeskommando in Dienst gestellt. Das derzeit aus 400 Kräften bestehende Landesregiment, ganz überwiegend Reservisten, soll unter anderem Sicherungsaufgaben, den Schutz militärischer und ziviler Einrichtungen und Hilfe im Katastrophenfall übernehmen. Es soll auch für den Bevölkerungsschutz bereitstehen.

Vor allem in Gefahrenlagen ist eine schnell einsatzfähige Truppe ein wichtiger Baustein.

Joachim Herrmann, Bayerns Innenminister

Beim feierlichen Fahnenappell im Rother Stadtpark sprach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit Blick auf die angetretenen Reservisten von einem „großartigen Tag für Bayern“. Die Arbeit der Bundeswehr sei keine einfache Aufgabe, sie verlange Respekt ab. Die neue Funktion, mit der Bayern eine Pionierstellung einnehme, sei etwas ganz Besonderes, unterstrich Söder.

Bundeswehr will Potential der Reservisten besser nutzen

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der als Oberstleutnant der Reserve in Uniform an der Feierstunde teilnahm, hatte den gesamten Aufstellungsprozess des neuen Heimatregiments eng begleitet und sich seit vielen Jahren dafür eingesetzt. „Ich freue mich sehr, dass die Bundeswehr das große Potenzial der Reservisten besser nutzen will. Vor allem in Gefahrenlagen, für deren Bewältigung wir sehr viel Personal brauchen, ist eine schnell einsatzfähige Truppe ein wichtiger Baustein im Hilfeleistungssystem des Freistaats“, erklärte der Innenminister.

Sie alle spüren das, der Wind um uns ist rauer geworden.

Ursula von der Leyen, Bundesverteidigungsministerin

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nannte beim feierlichen Fahnen-Appell in Roth die Landesregimenter ein Stück der schon länger eingeleiteten „Trendwende“ innerhalb der Bundeswehr. Mit der Indienststellung des bayerischen Landesregiments, des ersten dieser Art bundesweit, stärke die Bundeswehr sichtbar ihre Heimatschutz-Funktion. „Unsere Bundeswehr muss wachsen und ihre Einsatzbereitschaft muss steigen. Denn wir müssen mehr tun für Stabilität und Sicherheit in Europa und in Europas Nachbarschaft“, so von der Leyen.

Landesregiment soll 500 Mann umfassen

„Sie alle spüren das, der Wind um uns ist rauer geworden“, beschrieb von der Leyen die Lage. „Wir übernehmen mehr Verantwortung, um unsere Werte und Interessen zu verteidigen.“ Die Bundeswehr müsse wachsen, die Einsatzbereitschaft steigen. Die Fähigkeiten zur Landes- und Bündnisverteidigung müssten gestärkt werden. „Das ist eine Aufgabe, von der wir nach dem Fall des Eisernen Vorhangs dachten, dass wir sie nicht mehr brauchen“, so die Verteidigungsministerin.

Das Landesregiment Bayern soll den Heimatschutz sicherstellen.

Stefan Berger, Kommandant des Landesregiments

Die Bundeswehr zählt inzwischen 182.000 Männer und Frauen. Steigen soll auch die Zahl der Reservisten. Das Landesregiment Bayern soll nach und nach von 400 auf bis zu 500 Reservisten aufgestockt werden. Die Bundeswehr setzt dabei auf weitere Freiwillige. Grundstock für das Landesregiment sind die drei sogenannten Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSU), in denen schon jetzt Reserve-Soldaten für den Heimatschutz trainieren. Mit dem Landesregiment solle um sie quasi „eine Klammer gelegt“ werden, um so ihren Einsatz effektiver zu machen, wie ein Presseoffizier erläuterte.

Probleme bei der Nachwuchsgewinnung

Fünf Kompanien sind geplant. Als Kommandeur an der Spitze steht ein Oberst der Reserve, Stefan Berger. „Das Landesregiment Bayern soll den Heimatschutz sicherstellen“, erklärte er in Roth. „Das bedeutet, die Reservisten unterstützen die aktiven Soldaten bei Verteidigung, Sicherung oder Schutz von Bundeswehr-Einrichtungen und -Liegenschaften oder kritischer Infrastruktur im Inland. Auch soll das Landesregiment bei Großschadenslagen, etwa bei Naturkatastrophen oder Anschlägen, gemeinsam mit den Blaulichtkräften die Sicherheit der Bürger gewährleisten.“

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht ist die Personalgewinnung eine Herausforderung für die Bundeswehr geworden. Die Freiwilligkeit des Reserve-Dienstes ist ein Test für die Verlässlichkeit. Die Arbeitgeber der Reservisten müssen zustimmen, denn die Mitarbeiter fehlen im Job. Bis in den öffentlichen Dienst wurde Widerstand artikuliert. Es gibt aber auch Unternehmen, die den Reservistendienst ausdrücklich unterstützen.

Strategische Zeitenwende

Nach Ansicht außen- und sicherheitspolitischer Experten vollzieht sich derzeit eine strategische Zeitenwende: Lange Zeit war der Blick der deutschen Sicherheitspolitik vor allem auf den Balkan, nach Afghanistan oder auch nach Afrika und die dortigen Einsätze gerichtet. Doch die russische Annexion der Krim hat Landes- und Bündnisverteidigung wieder zur zentralen Aufgabe der Bundeswehr werden lassen. Dazu kommen neue Gefahren wie Cyberangriffe oder großangelegte Anschläge. Und die USA scheinen unter US-Präsident Donald Trump kein verlässlicher Partner zu sein.

Auch sind einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren schon vom Gesetz her enge Grenzen gesetzt. Erfolgt dieser bewaffnet oder zur Durchsetzung hoheitlicher Aufgaben, sind die Hürden noch deutlich höher, und politischer Streit ist vorprogrammiert. Auf der anderen Seite ist Hilfe durch Bundeswehrsoldaten – zuletzt bei der Schneekatastrophe in Bayern – ganz weitgehend unstrittig und in der Not hochwillkommen.