So sieht echter Smog aus: Ein Mann mit Atemschutz in Nanking, eine Stadt im CO2-Sünderland China. (Bild: imago/China Foto Press)
CO2

Anreize statt neuer Steuer

Die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ebenso wie CSU-Chef Markus Söder vor einer CO2-Steuer gewarnt. Diese bringe dem Klimaschutz wenig, schade aber vielen Pendlern und Geringverdienern. Besser seien Anreize zum CO2-Sparen.

„Beim Klimaschutz müssen wir global und europäisch handeln“, verlangte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer auf Twitter. „Wir wollen eine Lösung, die Lenkungswirkung entfaltet, ökonomisch sinnvoll und sozial ausgewogen ist.“ Der Fokus liege nicht bei der vermeintlich leichten Antwort, Steuern zu erhöhen, sondern beim Emissions- und Zertifikatehandel sowie bei steuerlichen Anreizen.

SPD-Umweltministerin will Bürger zahlen lassen

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) kündigte dagegen an, sie werde noch vor der Sommerpause ein Modell für eine CO2-Bepreisung vorlegen – was bedeutet: den Bürgern neue Abgabenlasten aufzwingen. Mit der Verlagerung nach Brüssel werde der Klimaschutz auf die lange Bank geschoben, behauptete das Umweltministerium. Es brauche einen CO2-Preis mit Lenkungswirkung, der sozialverträglich sei und der Bevölkerung wieder zugute komme.

Wenn es ein Thema gibt, das wirklich global und europäisch angegangen werden muss, dann ist es der Klimawandel.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Ein CO2-Preis, egal ob als Steuer, Abgabe oder Emissionshandel, soll den Ausstoß von Treibhausgasen teurer machen. So sollen die Bürger dazu gebracht werden, CO2 zu sparen, und klimafreundliche Technologien gefördert werden – was natürlich zu höheren Preisen an der Zapfsäule und beim Heizöl führen würde.

Warnendes Beispiel Frankreich

Das Beispiel Frankreich, wo eine neue Energiesteuer und steigende Spritpreise Mitauslöser der Gelbwesten-Proteste waren, mahne zur Vorsicht, mahnte dagegen die CDU-Chefin. Kramp-Karrenbauer hatte zudem auf einer CDU-Veranstaltung in Halle gesagt, hinter einer CO2-Steuer verberge sich nichts anderes als eine stärkere Belastung für Benzin, Diesel, Heizöl und Gas. So würden einfach nur die Bürger belastet. Es wundere sie beim Thema CO2 auch, „wie schnell wir auf nationale Lösungen gehen“, sagte Kramp-Karrenbauer. „Wenn es ein Thema gibt, das aus meiner Sicht wirklich global und europäisch angegangen werden muss, dann ist es das Thema unserer gemeinsamen Anstrengungen gegen den Klimawandel.“

Wir müssen Klima- und Wirtschaftskompetenz in Einklang bringen.

Thomas Strobl, CDU

Bundeskanzlerin Angela Merkel präferiert die Zertifikate-Idee: Ein Unternehmen, das eine bestimmte Menge CO2 ausstoßen will, muss dafür Zertifikate kaufen. Einen Teil bekommt es kostenfrei, ein weiterer Teil muss ersteigert werden. Auch Baden-Württembergs CDU-Landeschef Thomas Strobl sagte, es gebe wesentlich intelligentere und zielgenauere Instrumente als eine schlichte CO2-Steuer. „Und die müssen ergriffen werden. Da bin ich ganz an der Seite unserer Bundesvorsitzenden – wir müssen Klima- und Wirtschaftskompetenz in Einklang bringen.“ Mit dem niedersächsischen CDU-Landeschef Bernd Althusmann erarbeite er ein Positionspapier, um Vorschläge für den Klimaschutz einzubringen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und sein saarländischer Kollege Tobias Hans warnten vor sozialen Auswirkungen einer Steuer. Und der Unions-Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus gab zu bedenken: „Wir sind als Union bei neuen Abgaben und Belastungen immer sehr skeptisch.“

Grünen Grundsatz abgelehnt

Die Spitze der Unionsfraktion hat eine CO2-Steuer auf Mineralöl mit der Folge eines höheren Spritpreises auch klar abgelehnt. Das machten CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), am Dienstag in Berlin deutlich. Dobrindt sagte, mit einer CO2-Steuer würde nur der alte Grünen-Grundsatz befolgt werden, dass das Benzin immer noch zu billig sei. Dadurch werde kein CO2 eingespart. Dies gelte auch für eine reine CO2-Steuer auf Heizöl.

Eine Steuer auf Kohlendioxid könnte den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren helfen, aber nur, wenn sie global umgesetzt wird. Ein nationaler Alleingang birgt große Risiken.

Die Welt, Tageszeitung

Vielmehr müsse man auf Anreize setzen, etwa beim Kauf von umweltfreundlichen Hybrid-Dienstwagen, sagte Dobrindt. Wer solche Hybrid-Fahrzeuge verstärkt in den Massenmarkt bringen wolle, müsse dies über Dienstfahrzeuge tun. Derzeit würden 80 Prozent der Neuwagen in der oberen Fahrzeugklasse und 60 Prozent der Neuwagen insgesamt als Dienstfahrzeuge verkauft. Als Gebrauchtwagen würden sie dann später in den normalen Fahrzeugmarkt eingehen. Es mache auch keinen Sinn, Maßnahmen auf nationaler Ebene zu ergreifen, denen andere Länder in Europa nicht folgen würden, so Dobrindt. Als vorbildlich bezeichnete er das bestehende Emissionshandelssystem als Anreizsystem für Innovationen. Hier arbeite die Union an erheblichen Anpassungen dieses Systems, um es auf die Bereiche Mobilität und Wärme – also Heizungen – zu übertragen.

Grosse-Brömer sagte, eine CO2-Steuer sei „nicht der Favorit“, wenn es darum gehe, einen vernünftigen Klimaschutz zu erreichen. Es müsse eine klare Lenkungswirkung erreicht werden, die Maßnahmen müssten zudem finanz- und ordnungspolitisch sinnvoll sowie sozial ausgewogen sein. Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) plädierte für Steuersenkungen als Klimaschutzanreiz. Strom- und Energiesteuer müssten sinken, sobald weniger CO2 ausgestoßen werde.

CSU: Innovation und Motivation sind besser

CSU-Chef Markus Söder hatte sich ebenfalls skeptisch über eine CO2-Steuer geäußert und „intelligentere Lösungen für den Klimaschutz“ verlangt. Söder befürchtet: „Eine höhere Mineralölsteuer wird zu sozialen Verwerfungen und damit zu politischen Verwerfungen führen.“ Dies nütze dann nur der AfD. Besser als nationale Alleingänge seien ohnehin europäische Projekte, auch Zertifikatlösungen. Schulzes Vorschlag, die Bürger dafür an anderer Stelle zu entlasten, hält Söder für unrealistisch: „Dieses Argument, man könne das irgendwie ausgleichen und dem Bürger wieder zurückgeben, hat jedenfalls in Deutschland in den letzten 30 Jahren in der Steuerrealität nie funktioniert. Es gibt auf jeden Fall Ungleichgewichte.“ Eine solche Form der CO2-Bepreisung führe nur dazu, dass am Ende die Leute, „die nicht so viel Vermögen haben, die Belasteten sind und dass das Land für die Stadt mitbezahlt, weil auf dem Land das Auto stärker gebraucht wird als in der Stadt“.

Die Idee vom Bonus ist viel besser als die Idee vom Malus.

Markus Söder

Besser sei es aber auch, auf Innovation und Motivation zu setzen. „Innovation ist der bessere Weg, das heißt: die nächste Stufe der Technologie zu fördern, um CO2 einzusparen. Das ist auch ein viel effektiverer Weg, wie man an der Automobilität der letzten 20 Jahre sehen kann.“ Außerdem brauche es zur Motivation steuerliche Anreize zum CO2-Sparen. „Wenn es einen Anreiz gibt, Steuern massiv zu sparen, dann neigen die Deutschen viel eher dazu, das zu machen, als wenn sie nur eine Art Strafzettel bekommen. Deswegen ist die Idee vom Bonus viel besser als die Idee vom Malus“, betonte Söder. Dafür entwickele die CSU derzeit ein Konzept. Mit Blick auf die Äußerungen von Juso-Chef Kevin Kühnert zur BMW-Enteignung sagte Söder: „Gerade in der jetzigen Situation würde ich der SPD empfehlen, nicht einen weiteren Schlag gegen Arbeitnehmer und Automobilität zu führen.“

Auch der Spitzenkandidat der EVP bei der Europawahl, Manfred Weber, hat sich gegen eine CO2-Steuer ausgesprochen. „Ich glaube an technologische Lösungen, ich glaube nicht an neue Steuern, wie wir sie jetzt in Deutschland diskutieren“, sagte Weber am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Eine CO2-Steuer würde unter anderem die Preise fürs Autofahren und Heizen erhöhen. Das müssten vor allem die bezahlen, „die zu den schwächeren in der Gesellschaft gehören“. Er wolle nicht regulieren, wie oft man fliegen dürfe, sondern, dass Airbus einen Flieger baut, der kein CO2 mehr ausstößt, sagte der CSU-Politiker.

Hintergrund CO2

Derzeit werden von Deutschland und anderen europäischen Ländern sowohl nationale als auch europäische Klimaschutzziele verfehlt, es drohen teure Strafzahlungen. Um den Trend der Erderwärmung zu stoppen, soll der Ausstoß von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl oder aus der Tierhaltung stark reduziert werden. Bis Ende des Jahres soll deshalb in Deutschland ein Klimaschutzgesetz beschlossen werden.

Eine Steuer könnte zu Wettbewerbsverzerrungen und mehr Bürokratie führen. Deutschland – das im Gegensatz zur den zwei größten Verschmutzern USA und China nur für zwei Prozent der globalen Emissionen verantwortlich ist – würde aber wirtschaftlich geschadet. Schließlich gibt es hierzulande schon die weltweit zweithöchsten Strompreise.