Berlin: Linker Protest gegen hohe Mieten mit Enteignung als Hilfsmittel. (Bild: Imago/Christian Mang)
Wohnungsbau

Berlin: Sozialismus als Heilmittel

In Berlin wird derzeit von der linken Regierungskoalition eine Debatte über die Enteignung von Wohnungsunternehmen geführt. Mit schädlichen Auswirkungen auf den Wohnungsbau. Die CSU hat solchen Ideen nun eine klare Absage erteilt.

„Kevin, mach dein Studium fertig, dann kannst du dir deine eigene Wohnung leisten!“ So machte der neue JU-Bundesvorsitzende Tilman Kuban deutlich, was er vom Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert hielt, der kürzlich in der Berliner Enteignungsdebatte in einer TV-Show fragte: „Mit welchem Recht hat jemand mehr als 20 Wohnungen?“ Auf Facebook wurde als Antwort vielfach ein schlichtes Foto von der Sammlung der deutschen Gesetze oder ein Auszug aus Artikel 14 Grundgesetz (Recht auf Eigentum) gepostet. Die Bild-Zeitung titelte: „Geht‘s jetzt zurück in den Sozialismus?!“

CSU lehnt Enteignungen ab

Die CSU hat nun die Berliner Debatte über die Enteignung großer Wohnungsunternehmen scharf kritisiert. „Die ständigen Forderungen aus der linken Ecke nach Enteignungen von Immobilienbesitzern sind eine schwachsinnige Debatte von vorgestern“, sagte Bayerns Bauminister Hans Reichhart (CSU) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in München. Auch wenn manche noch so tief in die sozialistische Mottenkiste griffen: Die Probleme auf dem Wohnungsmarkt würden so nicht gelöst. „Wir brauchen neuen Wohnraum, der mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln geschaffen werden muss.“

Die ständigen Forderungen aus der linken Ecke nach Enteignungen von Immobilienbesitzern sind eine schwachsinnige Debatte von vorgestern.

Hans Reichhart, Bauminister

Reichhart weiter: „Nur mit mehr Angebot auf dem Markt werden wir den aktuellen Herausforderungen begegnen können.“ Investoren abzuschrecken, die mehr Wohnraum schaffen wollen, sei dabei kontraproduktiv. In Berlin lasse bereits die Investitionsfreudigkeit nach, wodurch zusätzlicher Druck auf dem Wohnungsmarkt entstehe. Denn schon die Ankündigung des Volksbegehrens reichte aus, dass sich zahlreiche Investoren ihre Wohnungsbaupläne für Berlin noch einmal überlegen. Ohne die Sicherheit, dass sich Investitionen auch lohnen, wird der Wohnungsbau deshalb sogar deutlich zurückgehen. „Viele Unternehmer haben ja zu einer Zeit in Berlin investiert, als keiner an die Stadt glaubte. Sie jetzt zu enteignen, wo sich ihre Investitionen auszahlen, gefährdet unser Wirtschaftswachstum“, warnte Professor Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in der Bild.

Und mit der Enteignung wäre auch keine einzige Wohnung zusätzlich gebaut und nur wenige stünden dann frei zur Verfügung, weil die Wohnungen fast alle vermietet sind. Ob das dann noch „dem Wohle der Allgemeinheit“, dient, wie es die Artikel 15 und 14 Grundgesetz bei Enteignungen vorschreiben, dürfte zumindest fragwürdig sein.

Sozialistische Enteignung

Das Berliner Volksbegehren fordert wegen stark steigender Mieten die Enteignung der Immobilienkonzerne, die mehr als 3000 Wohnungen in der Hauptstadt besitzen. Der Vorschlag fand in einer Umfrage auch viel Zuspruch im linken Milieu – und wäre verfassungsrechtlich laut den Initiatoren sogar möglich. Basis soll Artikel 15 des Grundgesetzes sein, der unter Bedingungen die Überführung von Grund und Boden oder Produktionsmitteln in Gemeineigentum zulässt.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat die Forderungen bisher zurückgewiesen, private Wohnungsunternehmen zu enteignen. „Das ist nicht mein Weg und nicht meine Politik“, sagte Müller der FAZ. Im Januar hatte Müller stattdessen angekündigt, Tausende Wohnungen von der Deutsche Wohnen zurückzukaufen. Linke und Grüne äußerten jedoch ihre Unterstützung beziehungsweise Sympathie für das Volksbegehren, auch viele linke SPDler sehen das so.

Wie immer: Unklare Finanzierung

Wie das chronisch klamme und hochverschuldete Berlin jedoch die geschätzt 28 bis 35 Milliarden Euro für die Entschädigungszahlungen aufbringen will, das weiß keiner so recht. Unklar ist auch, ob zum Marktwert oder deutlich darunter entschädigt werden müsste, da laut Grundgesetz die Entschädigung „unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten“ zu leisten ist. Dazu kämen laut Senat Notarkosten sowie weitere 1,5 bis 1,9 Milliarden Euro „für Erfassung und technische Bewertung der Immobilien, Entschädigungen für unbebaute Grundstücke, Ausgleichszahlungen für Wertminderungen und Personalüberhänge der betroffenen Unternehmen“. Nicht berücksichtigt sind Anwaltskosten, da die Unternehmen kaum tatenlos ihrer Enteignung zusehen würden. Das Volksbegehren rechnet nur mit 18,1 Milliarden Euro an Kosten, was von Experten als utopisch beurteilt wird. Der hauptsächlich von Bayern finanzierte Länderfinanzausgleich, dessen größter Empfänger seit Jahren Berlin ist, reicht jedenfalls nicht aus, um diese Kosten zu tragen.

Preise sinken nur dann, wenn das Angebot ausgeweitet wird.

Rainer Hank, Wirtschaftsjournalist

„Das ist die Insel Berlin, die sollten mal nach London gehen, dann wüssten sie, wie teures Wohnen aussieht“, entgegnete der Wirtschaftsjournalist Rainer Hank kürzlich in einer TV-Debatte den Befürwortern des Volksbegehrens, die überzogene Mieten kritisierten. „Preise sinken nur dann, wenn das Angebot ausgeweitet wird“, sagte Hank. Berlins Immobilienmarkt leidet zudem mehr an den Folgen der politischen Überregulierung und Gängelung von Investoren durch den rot-rot-grünen Senat.