Der Haushalt von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, SPD, stößt auf heftige Kritik bei CDU und CSU. (Foto: Imago/Photothek)
Bundeshaushalt

Massive Kritik an SPD-Minister Scholz

Bundesfinanzminister Scholz zieht die Pfeile auf sich: Sein Haushaltsentwurf stellt zu viel Mittel für soziale Wohltaten und zu wenig für Verteidigung, Entwicklung und Integration bereit, kritisiert die CSU. Einziger Lichtblick: die Schwarze Null.

Massive Kritik entlädt sich über dem Ansatz des Bundeshaushalts 2020, den SPD-Finanzminister Olaf Scholz im Bundeskabinett vorgelegt hat. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) stimmte dem Entwurf nur unter Vorbehalt zu und gab eine Protokollerklärung ab. Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl (CSU), protestiert gegen die massive Kürzung der Mittel für Flüchtlingsintegration. Der Haushaltsexperte der Bundestags-CSU, Alois Rainer, kreidet dem Finanzminister einen unseriösen Politikstil an und meldet „Gesprächsbedarf“.

Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Uno einen Sonder-Klimagipfel plant, wäre ein solches Zeichen fatal.

Gerd Müller (CSU), Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Als Zeichen gegen die Etatansetzung seines Hauses gab Entwicklungsminister Müller in der Kabinettssitzung eine entsprechende Protokollerklärung ab. Der CSU-Politiker protestierte damit dagegen, dass SPD-Bundesfinanzminister Scholz den Etat für 2020 auf dem Niveau von 2019 einfrieren will. Die Planung von Scholz sieht vor, dass dem Entwicklungsministerium 2020 rund 10,2 Milliarden Euro zur Verfügung stehen werden – dieselbe Summe wie im laufenden Jahr. Nach Müllers Ansicht sind so die internationalen Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Der CSU-Politiker soll 2020 aus seinem Etat einen neuen Entwicklungsinvestitionsfonds und neue Klimaschutzmittel finanzieren.

Integrationsbemühungen erleiden Schaden

Nach internen Berechnungen fehlen dem Entwicklungsministerium mehrere hundert Millionen für die Afrika-Hilfe und den Klimaschutz in den Entwicklungsländern. „Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Uno einen Sonder-Klimagipfel plant, wäre ein solches Zeichen fatal“, sagte Müller der Augsburger Allgemeinen. Alleine beim Klimaschutz klafft danach eine Lücke von 500 Millionen Euro. Insgesamt, schätzen Müllers Beamte, fehlten dem Ministerium in den nächsten vier Jahren bis zu sieben Milliarden Euro. Die internationalen Verpflichtungen, die die Bundesregierung eingegangen sei, könnten damit nur noch erfüllt werden, wenn an anderer Stelle gekürzt werde. Müller ist nach eigenen Worten aber „nicht bereit, dies zulasten der Ärmsten oder der Ernährungssicherung und der Gesundheitsversorgung zu tun“.

Mit diesem Vorschlag tritt Finanzminister Scholz das Engagement der Kommunen mit Füßen.

Uwe Brandl (CSU), Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Der Präsident des deutschen Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl (CSU), kritisierte die geplante Kürzung der Integrationsmittel durch den Bund als „völlig indiskutabel“. „Mit diesem Vorschlag tritt Finanzminister Scholz das Engagement der Kommunen mit Füßen“, sagte Brandl der Welt. In den Kommunen habe man die Integrationsarbeit vor Ort zu leisten und man werde „zum Dank dafür jetzt auf Raten alleine gelassen“, kritisierte der höchstrangige deutsche Kommunalpolitiker, der im Hauptberuf Bürgermeister von Abensberg in Niederbayern ist. Die bisher zur Verfügung gestellten Mittel reichten schon jetzt „nicht annähernd“ aus, um eine echte Eingliederung der Flüchtlinge möglich zu machen, so Brandl weiter.

Kritik auch aus Hessen und NRW

Genau dasselbe Adjektiv wählte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), um Scholz‘ Haushaltsentwurf zu kritisieren: „Der Vorschlag des Bundesfinanzministers ist indiskutabel“, sagte der Regierungschef des bevölkerungsreichsten Landes. „Wer den Kommunen die Erstattung der flüchtlingsbedingten Kosten der Unterkunft streichen will, provoziert Steuererhöhungen in den Kommunen wegen der Flüchtlinge – und zündelt damit an dem Konflikt, den wir gerade mühsam befrieden konnten“, sagte Laschet der Rheinischen Post. „Wer in diesen Zeiten bei der Integration kürzt und hochverschuldete Kommunen mit sozialen Brennpunkten alleine lässt, hat jede Sensibilität für gesellschaftliche Prioritäten verloren“, so der NRW-Ministerpräsident.

Scholz versucht, sich zulasten der Länder davonzustehlen.

Volker Bouffier (CDU), hessischer Ministerpräsident

Ende 2019 laufen mehrere Regelungen aus: die 670-Euro-Pauschale für Ausländer im Asylverfahren, die Integrationspauschale und die Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge. Stattdessen plant das Finanzministerium eine Pauschale pro Flüchtling für die ersten fünf Jahre nach der Ankunft. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) beklagte, die von Scholz geplante Pauschale sei zu gering. Scholz versuche, „sich zulasten der Länder davonzustehlen“, sagte Bouffier der Rheinischen Post. Er gehe davon aus, „dass es hier noch zu erheblichen Diskussionen zwischen Ländern und Kommunen auf der einen Seite und dem Bund auf der anderen Seite“ kommen werde.

Viel Geld für soziale Gießkanne, wenig Geld für Verteidigung und Entwicklung

Für erhebliches Stirnrunzeln sorgt der Haushaltsentwurf 2020 auch beim Haushaltsexperten der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alois Rainer. Die vorliegenden Eckwerte nennt Rainer gegenüber dem BAYERNKURIER in diplomatischem Ton „überraschend“. Denn: „Am auffälligsten in den Eckwerten zum Haushalt 2020 ist der starke Anstieg der Sozialausgaben, während gerade die Zuwächse in den Bereichen Verteidigung und Entwicklungshilfe, in denen wir gerade internationale Verpflichtungen eingegangen sind, sehr nüchtern ausfallen. Hier wird es Gesprächsbedarf geben.“ Mit anderen Worten: Während Scholz die internationalen Verpflichtungen Deutschlands in unverantwortlicher Weise vernachlässigt, pumpt er Milliarden in den Sozialbereich, um den neuen Linkskurs der SPD zu finanzieren – die viel kritisierte soziale „Gießkanne“.

Verpflichtungen aus dem Koalitionsvertrag

Der CSU-Chefhaushälter mahnt Scholz, den Koalitionsvertrag einzuhalten: „Wir werden es nicht hinnehmen, dass wir international ankündigen, die Nato-, die ODA-Quote erhöhen zu wollen, aber das im Finanzplan nicht berücksichtigen. Hier muss Deutschland seine Zusagen und Glaubwürdigkeit einhalten. Daher sehe es schon differenzierter als der Bundesfinanzminister. Es ist eine Frage der Haushalts- und Ausgabenpolitik. Wir haben unsere Schwerpunkte dazu im Koalitionsvertrag festgelegt“, betont Alois Rainer.

Für mich ist wichtig, dass unsere Zusagen, keine neue Schulden und keine Steuerhöhungen, trotz aller Aufgaben gewährleistet werden.

Alois Rainer, CSU-Haushalts- und Finanzexperte

Daher nennt der CSU-Haushaltsexperte die Aussagen von Bundesfinanzminister Scholz „nicht nachvollziehbar“. Alois Rainer zählt auf: „Auf der einen Seite sagt er, dass die fetten Jahre vorbei seien und prognostiziert Steuermindereinnahmen von rund 24 Milliarden Euro – doch gleichzeitig sagt er auch, dass Deutschland sich fast alles leisten könne und nennt die Grundrente und weitere soziale Punkte. Das ist für mich kein seriöser Politikstil. Hier müssen wir schon ehrlich miteinander umgehen.“

Bedarf bei der Infrastruktur

Außer bei Verteidigung und Entwicklung sieht Rainer massiven Investitionsbedarf beim Breitbandausbau sowie beim Ausbau und zur Modernisierung der Infrastruktur. Eindeutige Unterstützung von Seiten der CSU erhält der Finanzminister allerdings in einem anderen Punkt: beim Einhalten der Schwarzen Null. „Für mich ist wichtig, dass unsere Zusagen, keine neue Schulden und keine Steuerhöhungen, trotz aller Aufgaben gewährleistet werden. Die schwarze Null ist Teil der Generationen- und Sozialpolitik der Union – das ist für mich ganz klar die rote Linie“, betont Alois Rainer.