Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will ausreisepflichtige Ausländer konsequent abschieben. (Foto: Imago/imageBROKER/Lex Rayton)
Asylpolitik

Ziel: Konsequente und schnelle Abschiebungen

26.000 geglückten Abschiebungen 2018 stehen 31.000 gescheiterte gegenüber – weil die Betroffenen untertauchen oder Widerstand leisten. Dagegen setzt Bundesinnenmister Seehofer ein neues Gesetz für konsequente und rasche Abschiebungen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will konsequente und schnelle Abschiebungen von ausreisepflichtigen Ausländern durchsetzen. Einen Entwurf für ein Gesetz zur verbesserten Durchsetzung der Ausreisepflicht übermittelte sein Ressort an die anderen Ministerien. Offiziell heißt Seehofers Reform „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“. Im vergangenen Jahr standen 26.114 geglückten Rückführungen rund 31.000 gescheiterte Abschiebungen gegenüber. 8000 der Abschiebungen scheiterten am Tag der geplanten Ausreise – weil der Ausländer an seinem normalen Aufenthaltsort nicht angetroffen wurde, weil er gewarnt wurde oder weil er Widerstand leistete. Nicht selten tauchten die Betroffenen kurzfristig ab.

Damit die Regel gilt, dass der, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, unser Land auch verlässt, müssen wir die Vorschriften für Abschiebungen präzisieren.

Volker Ullrich, innenpolitischer Sprecher der CSU im Bundestag

„Innenminister Horst Seehofer hat einen guten Gesetzentwurf vorgelegt“, lobt der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Volker Ullrich, gegenüber dem BAYERNKURIER. „Im Interesse eines gerechten Vollzugs des Asyl- und Ausländerrechts, um Migration human zu ordnen und zu steuern, sollten wir den Gesetzentwurf zügig beraten und verabschieden.“ Zwar habe die Union im Bereich der Steuerung und Ordnung der Migration in den vergangenen Jahren schon viel erreicht, sagt Ullrich. „Verbesserungsbedarf gibt es noch im Bereich der Ausreisepflicht. Damit die Regel gilt, dass der, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, unser Land auch verlässt, müssen wir die Vorschriften für Abschiebungen präzisieren, um Vollzugshindernisse in der Praxis zu beheben“, erklärt der CSU-Innenpolitiker.

Strafe für Abschiebungs-Warner

Der Entwurf sieht vor, dass künftig bestraft werden kann, wer Betroffene vor einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung warnt. Künftig soll es strafbar sein, wenn jemand einen Abschiebetermin bekannt macht oder an einen Ausreisepflichtigen weitergibt, um diesen zu warnen. Ministerialbeamte betonen, dass davon nicht Medien betroffen sein sollen, die über bevorstehende Abschiebeflüge berichteten. Allerdings könnten unter Umständen wohl einige linke „Flüchtlingshelfer“ ins Visier der Strafverfolger geraten.

Es könnte auch Schnellere-Ausreise-Gesetz heißen.

Matthias Middelberg (CDU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), sagte über Seehofers Entwurf: „Es könnte auch Schnellere-Ausreise-Gesetz heißen.“ Im Kern gehe es darum, den rechtlichen Rahmen „so zu schärfen, dass Rückführungen auch tatsächlich stattfinden“. Eine Steigerung der Zahl der Rückführungen, wie sie Seehofer zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt hatte, ist bislang ausgeblieben. Allerdings waren in den Jahren 2016 und 2017 viele abgelehnte Asylbewerber aus den Balkan-Staaten in ihre Heimat zurückgekehrt. Und das war in der Regel leichter zu organisieren, als eine Abschiebung heute nach Ghana oder Algerien.

Leichtere Ausweisung bei Sozialbetrug und Drogendelikten

Das Bundesinnenministerium will außerdem die Voraussetzungen für Ausreisegewahrsam so fassen, dass diese Maßnahme in Zukunft leichter angeordnet werden kann. Für Straftäter, die nicht abgeschoben werden können, stellt sich Seehofer eine Wohnsitzauflage, Meldepflichten und elektronische Fußfesseln vor – ähnlich wie es bisher schon bei Gefährdern praktiziert wird. Das würde unter anderem Menschen betreffen, die aus Syrien oder anderen Konfliktregionen kommen, in die aktuell nicht abgeschoben wird.

Das Ausweisungsrecht will Seehofer so überarbeiten, dass Ausländer, die wegen Sozialleistungsbetrugs oder Drogendelikten verurteilt wurden, leichter ausgewiesen werden können. In dem Referentenentwurf heißt es: „Nur wenn sichergestellt ist, dass vollziehbar Ausreisepflichtige unser Land tatsächlich verlassen, hat Deutschland die Ressourcen, diejenigen Menschen, die Schutz benötigen, zu unterstützen, insbesondere bei der Integration.“

Deutlich zu wenig Abschiebehaftplätze

Nach Angaben aus dem Bundesinnenministerium lebten in Deutschland Ende 2018 rund 236.000 Ausreisepflichtige. Das sind zum Großteil abgelehnte Asylbewerber, aber auch einige Ausländer, die nach Ablauf ihres Visums einfach geblieben waren. Von den ausreisepflichtigen Ausländern besaßen etwa 180.000 eine Duldung. Künftig soll streng unterschieden werden, ob Menschen aus humanitären Gründen nicht in ihre Herkunftsländer gebracht werden können, etwa weil sie krank sind. Oder ob sie selber verantwortlich dafür sind, dass eine Abschiebung unmöglich ist, etwa weil sie über ihre Identität täuschen oder sich nicht um Passpapiere kümmern. Diese Gruppe soll künftig einen Status „unterhalb der Duldung“ bekommen – und von bestimmten staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden.

Für mediale Aufregung hatte im Vorfeld Seehofers Plan gesorgt, Ausreisepflichtige in Justizvollzugsanstalten unterzubringen. Eigentlich verbietet das EU-Recht dies. Wegen einer „Notlage“ müsse dieses „Trennungsgebot“ aber bis zum 30. Juni 2022 ausgesetzt werden, heißt es in Seehofers Entwurf. Ministerialbeamte betonen, Strafgefangene und Ausreisepflichtige sollten so voneinander getrennt werden, dass sie einander nie begegnen. Bundesweit gibt es aktuell 479 Plätze, die speziell für die Unterbringung von abzuschiebenden Ausländern geschaffen wurden. In Bayern, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sollen zwar in den kommenden Jahren weitere Kapazitäten geschaffen werden. Das löst das Problem aber kurzfristig noch nicht.