Gemeinsam stärker: Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und der CSU-Chef Markus Söder vor der Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. (Bild: Imago/Emmanuele Contini)
CDU/CSU

„Es geht um die Zukunftsfähigkeit des Landes“

Die neuen Vorsitzenden von CDU und CSU, Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder, wollen wieder mehr Gemeinsamkeiten herausarbeiten. Zu den Schwerpunkten ihrer Politik erklärten sie die Themen Sicherheit, Wirtschaft, Umwelt und Energie.

Die neuen Vorsitzenden von CDU und CSU, Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder, wollen nach dem Migrationsstreit des vergangenen Jahres wieder mehr auf Gemeinsamkeiten setzen. Man gehe jetzt in „eine neue Phase der Kooperation“, sagte Söder nach dem Treffen in Berlin. Beide Parteien müssten nicht nur rational, sondern auch emotional wieder zusammenwachsen.

Kramp-Karrenbauer führte aus, dass man die regelmäßigen Schaltkonferenzen zwischen den Parteiführungen wieder aufleben lassen wolle. Zwar werde es auch weiter unterschiedliche Positionen der Schwesterparteien geben, aber beide Parteien hätten aus der jüngeren Vergangenheit gelernt, dass man nur miteinander Erfolg haben könne. „Dissens soll nicht verdeckt werden, man kann hart in der Sache streiten. Aber es darf nicht persönlich werden“, so die CDU-Vorsitzende. „Die Stärke der Parteien geht über das Ansehen der Regierung“, erklärte Söder. Wichtig sei es deshalb, „gut zu regieren“ und Lösungen umzusetzen.

Erster Test: Die Europawahl

In die Europawahl wolle man als Union gemeinsam mit dem gemeinsamen EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) gehen, sagte Kramp-Karrenbauer. Söder sprach von einem ersten „Lackmustest“ für CDU und CSU im „Jahr der Entscheidungen“. Es gehe bei dieser Wahl schließlich auch um die Frage, ob Europa noch regierungsfähig sei. Die gemeinsame Abschlusskundgebung von CDU und CSU, aber auch der EVP, soll Ende Mai in München stattfinden.

Inhaltliche Absprachen

Zudem planen Söder und Kramp-Karrenbauer, CDU und CSU als Volksparteien wieder breiter aufzustellen, mit den „drei Säulen konservativ, liberal und sozial“. Söder sagte, er freue sich, dass „die CDU ihre konservative Seele wiederentdeckt“ habe und wieder mehr die Interessen der Länder berücksichtige. „Unsere Erfolge waren immer dann am größten, wenn wir uns möglichst breit aufgestellt haben. Aber bei Sicherheit, guter Wirtschaft, gutem Haushalten, da ist Vertrauen weggebrochen“, räumte die CDU-Vorsitzende ein.

Auch bei den politischen Inhalten will man sich künftig stärker gemeinsam absprechen: Zu den Schwerpunkten ihrer Arbeit erklärten die Parteichefs die Themen Sicherheit und Wirtschaft, dazu auch Energie, Umwelt und Automobilität.

Wir brauchen eine Energiepolitik mit Augenmaß.

Markus Söder

Kramp-Karrenbauer sagte, in der Wirtschaft gelte es, die Dynamik, die zu einem guten Wachstum geführt habe, weiter beizubehalten. In den vergangenen Jahren habe die Wirtschaft wegen des anhaltenden Wachstums keine Rolle gespielt, das müsse sich ändern, ergänzte Söder. „Es geht um die Zukunftsfähigkeit des Landes.“ Eine vorausschauende Politik sei deshalb geboten, man dürfe nicht abwarten, bis eine Rezession eingetreten sei. Als Beispiele nannte er die Steuerpolitik. So dürfe die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geplante Grundsteuerreform nicht zu mehr Bürokratie und höheren Mieten führen. Auch Unternehmenssteuern und Soli-Abbau nannte der bayerische Ministerpräsident in diesem Zusammenhang.

Markus Söder betonte ausdrücklich, dass bei Umwelt-, Klima- und Energiepolitik auch auf „die Verhältnismäßigkeit“ geachtet werden müsse. Deutschland sei das einzige Land, das sowohl aus der Atomenergie als auch aus der Kohle aussteige – ohne jedoch genau zu wissen, wie man die Versorgungssicherheit künftig gewährleisten könne. Für das Industrieland Bayern sei das aber entscheidend und ein wichtiger Standortfaktor. „Wir haben den Weg in den Ausstieg beschritten, ohne eine Energie-Alternative zu haben“, so Söder mit Blick auf die Grundlastfähigkeit der Kraftwerke.

Neue Wege bei Stickoxiden

Beim Thema Automobilität sagte der CSU-Chef, Deutschland sei das einzige Land, das den Ast absäge, auf dem es sitze – die Autoindustrie. Gesunde Luft sei wichtig, aber man müsse überlegen, was gesund bedeute, so Söder weiter. Und man müsse prüfen, ob bei der Luftbelastung auch richtig gemessen werde. Er spielte damit auf die breite Kritik an den Messbedingungen und der Sinnhaftigkeit des Grenzwertes für Stickoxide an. Beides zusammen hat möglicherweise die vor Gericht erstrittenen Fahrverbote für Diesel begünstigt.

Fahrverbote müssen auf belastbaren und nachvollziehbaren Fakten beruhen.

Annegret Kramp-Karrenbauer

Der CSU-Chef kündigte erneut eine wissenschaftliche Überprüfung der Messverfahren und des Grenzwertes durch das bayerische Landesamt für Gesundheit mit Unterstützung der Universitäten an. Das Landesamt werde eine Expertise erstellen, welche Experten in der aktuellen Grenzwert-Diskussion wirklich recht hätten. Zudem soll geklärt werden, ob sich die in Deutschland durchgeführten Abgas-Messverfahren „im europäischen Rahmen“ bewegten, oder ob Deutschland einen Sonderweg gehe.

Die Zulässigkeit von Fahrverboten müsse schließlich noch auf ihre Verhältnismäßigkeit hin untersucht werden, ergänzte Kramp-Karrenbauer. „Ein Fahrverbot ist ein massiver Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf Mobilität. Daher muss sichergestellt sein, dass es auch wirklich die ultima ratio, das letzte Mittel, ist. Fahrverbote müssen auf belastbaren und nachvollziehbaren Fakten beruhen. Wir müssen den Verdacht einer ideologischen Begründung ausräumen“, so die CDU-Chefin. Wenn die Maßnahmen keine breite Akzeptanz bei den Bürgern hätten, sei auch das Ziel der Luftreinhaltung diskreditiert.

Migrationspolitik aufarbeiten

Die CDU-Vorsitzende möchte außerdem Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in das von ihr geplante Werkstattgespräch zur Migrationspolitik am 10. und 11. Februar in Berlin einbeziehen. Herrmann sei bei der Umsetzung von Themen der inneren Sicherheit immer ein verlässlicher Partner gewesen. Kramp-Karrenbauer will Merkels umstrittene Migrationspolitik aufarbeiten lassen.

Nach dem Willen Kramp-Karrenbauers sollen vor allem Schlüsse für die weitere Umsetzung der Migrationspolitik und der Integration gezogen werden: „Wir wollen sehen, wo es noch hakt.“ Entscheidend sei aber, so die CDU-Vorsitzende: „Scheindebatten über Gesetzesentwürfe nutzen nichts, wir müssen Probleme lösen!“ Auch Söder bekräftigte: „Ergebnisse zählen insbesondere hier.“ Bayern habe die richtige Balance zwischen Humanität und Ordnung gefunden. Er forderte die Grünen auf, endlich der um die Maghreb-Staaten und Georgien erweiterten Liste sicherer Herkunftsstaaten zuzustimmen. Zudem müsse man sich noch stärker um die Länder kümmern, die die Rücknahme ihrer Bürger verweigerten.

Kritik an Grünen und AfD

„Die Grünen sind keine Heiligen. Wir dürfen ihnen nicht allein die politische Moral überlassen“, so Markus Söder weiter. „Sie sind in ihrem Kern die alten, nur in neuer Aufmachung.“ Dabei sei die Union die einzige Partei, die Ökonomie und Ökologie in einen vernünftigen Ausgleich bringen würde.

Die Grünen sind keine Heiligen.

Markus Söder

Zugleich betonte Söder, die AfD sei „in weiten Teilen“ ein Fall für den Verfassungsschutz. „Bei der AfD geht der klare Weg ins Rechtsextreme.“ Man werde sie stellen, aber nicht kopieren.