Der Kandidat der AfD für den Posten des Landtags-Vizepräsidenten, Uli Henkel aus München-Giesing, steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. (Foto: Imago/ZUMA-Press)
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Verfassungsfeinde im Landtag?

Der bayerische Verfassungsschutz beobachtet drei der 22 neugewählten AfD-Landtagsabgeordneten. Das Innenministerium gab jetzt ihre Namen bekannt. Besonders pikant: Einer der Parlamentarier wurde von der AfD als Landtags-Vizepräsident nominiert.

Drei Mandatsträger der neuen AfD-Landtagsfraktion werden vom Verfassungsschutz beobachtet: Uli Henkel aus München-Giesing, Ralf-Dieter Stadler aus Passau und Andreas Winhart aus Rosenheim-Ost. Das teilte das bayerische Innenministerium auf eine Anfrage der Grünen mit. Besonders pikant: Uli Henkel wurde von der AfD-Fraktion für das Amt des Landtagsvizepräsidenten nominiert.

Mir persönlich ist wichtig, dass die Abgeordneten im Landtag auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Extremismus, ganz gleich welcher Art, lehnen wir klar ab.

Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionschef im Landtag

Bereits Mitte Oktober war bekannt geworden, dass einige Mitglieder der künftigen bayerischen AfD-Fraktion vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Nach einem Bericht des Münchner Merkur sollte geprüft werden, ob die betreffenden Politiker, die damals noch nicht namentlich genannt wurden, auch nach Konstituierung des neuen Landtags, beobachtet werden, also auch als Abgeordnete. Für die Beobachtung von Mandatsträgern gelten erhöhte Schwellen. Ob diese Prüfung abgeschlossen ist, steht derzeit noch offen.

„Es ist bezeichnend, dass die AfD einen Kandidaten nominiert, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird“, kommentierte CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer den Vorgang. Grundsätzlich erfolge die Wahl des Landtagsvizepräsidenten zwar geheim. Das heißt, jeder Abgeordnete müsse mit seinem Gewissen vereinbaren, wen er in das bedeutende Staatsamt hebe. Er betonte aber auch: „Mir persönlich ist wichtig, dass die Abgeordneten im Landtag auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Extremismus, ganz gleich welcher Art, lehnen wir klar ab.“

„Aus Wut wird Gewalt“

Laut Innenministerium wird der Kandidat der AfD für den Posten des Landtagsvizepräsidenten, Uli Henkel, aus zwei Gründen beobachtet: Zum einen wegen seiner Aussagen in einem selbstgedrehten Videoclip aus seiner Youtube-Reihe „Angry Old Man“ – „zorniger alter Mann“: In dem achtminütigen Clip mit dem Titel „Aus Wut wird Gewalt“ schimpft Henkel über Flüchtlinge aus Afrika und warnt vor ihrer Einwanderung. In dem Video, das 136.000 mal aufgerufen wurde, aber mittlerweile nicht mehr online ist, sagt Henkel laut Bayerischem Rundfunk (BR) wörtlich: „Schon jetzt randalieren gerade Schwarzafrikaner überproportional häufig und sie verticken wirklich überall Drogen.“

Diese Aussagen werten die Verfassungsschützer laut BR als extremistisch und zum Hass motivierend. Der zweite Grund für die Beobachtung: Henkel sei ein Unterstützer des Vereins „Volksbegehren e.V.“, bei dem auch Rechtsextremisten aktiv seien, die schon länger im Visier der Verfassungsschützer sind. Dem BR gegenüber distanzierte sich Henkel mittlerweile von seinen Aussagen im Video. Als Vizepräsident würde er „jedes einzelne Wort auf die Goldwaage legen“.

AfD-Fraktionschefin zeigt sich uneinsichtig

Die AfD halte an Henkel als Kandidat fest, teilte die Fraktionsvorsitzende der AfD im Landtag, Katrin Ebner-Steiner, in einer Stellungnahme mit. Ihrer Ansicht nach handelt es sich um eine gemeinsame Aktion von SPD, Grünen und CSU mit der versucht werden solle, den AfD-Kandidaten zu diskreditieren, um seine Wahl zum Vize-Präsidenten zu verhindern.

Ralf-Dieter Stadler sei laut Innenministerium im Internet über das Soziale Netzwerk Facebook mit Rechtsextremisten in Kontakt gestanden. Andreas Winhart habe mit Verweis auf das Gesundheitsamt Rosenheim behauptet, dass Flüchtlinge im Landkreis Krankheiten verbreitet hätten. Auch diese Aussagen stuften die Verfassungsschützer als extremistisch ein.

Für eine Wahl Henkels als künftiger Landtags-Vizepräsident in der konstituierenden Sitzung des Landtags ist die AfD auf eine Mehrheit im Plenum und somit auf Stimmen der Abgeordneten aus anderen Fraktionen angewiesen. Bei der Landtagswahl hatte die AfD 10,2 Prozent erreicht. Sie ist mit 22 Abgeordneten erstmals im Landtag vertreten, der sich am kommenden Montag konstituiert.

Warnungen der CSU trafen zu

Der ganze Vorgang zeigt zweierlei: Erstens trafen die Warnungen der CSU vor der AfD vollumfänglich zu. Es handelt sich beim bayerischen AfD-Landesverband um eine Truppe mit Nähe zur extremen Thüringer Höcke-Truppe und mit insgesamt ungeklärtem Verhältnis zum Rechtsextremismus. Ministerpräsident Markus Söder hatte schon vor Wochen erklärt: „Wer in Chemnitz Seit an Seit mit Rechtsextremisten marschiert, darf in Bayern keine Verantwortung übernehmen.“

Und zweitens verdeutlicht die Reaktion der AfD-Fraktionsvorsitzenden Ebner-Steiner, die in der Arbeit des Verfassungsschutzes ein Komplott der konkurrierenden Parteien sieht, dass die AfD weder die Regeln des Rechtsstaates noch des Parlamentarismus kennt oder respektiert. Mit ihrer typischen Populisten-Rhetorik vom „System“, das die AfD unterdrücke, zeigt die Partei, dass sie nicht bereit ist, sich von Extremisten in den eigenen Reihen abzugrenzen.