In Chemnitz kam es zu Ausschreitungen von Rechts- und Linksradikalen in nach einer tödlichen Messerattacke eines Irakers und eines Syrers auf einen Deutschen. (Foto: Imago/Michael Trammer)
Chemnitz

Keinerlei Verständnis für Krawalle

Nach der tödlichen Messerattacke auf einen Deutschen ist es in Chemnitz zu Krawallen gekommen. Innenminister Seehofer und CSU-Innenpolitiker Ullrich verurteilen die Gewaltausbrüche. Die mutmaßlichen Täter, ein Iraker und ein Syrer, sind verhaftet.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat kein Verständnis für Gewalt auf den Straßen von Chemnitz als Antwort auf die tödliche Gewalt bei einem Stadtfest. Seehofer erklärte: „Mein tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen des Opfers der Messerattacke. Ich bedauere diesen Todesfall zutiefst.“ Die Betroffenheit der Bevölkerung darüber sei verständlich.

„Aber ich will auch ganz deutlich sagen, dass dies unter keinen Umständen den Aufruf zu Gewalt oder gewalttätige Ausschreitungen rechtfertigt“, fügte er hinzu. Dafür sei in einem Rechtsstaat kein Platz. Die sächsische Polizei sei in einer schwierigen Situation, sagte Seehofer. Sie könne, falls gewünscht, vom Bund Hilfe in Form von „polizeilichen Unterstützungsmaßnahmen“ erhalten.

Demonstrationsfreiheit und Gewaltverbot gehören zusammen

Ganz ähnlich äußert sich der rechts- und innenpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Volker Ullrich. „Die Ausschreitungen in Chemnitz stellen uns auf eine harte Bewährungsprobe. Jagdszenen oder Aufrufe zur Selbstjustiz dürfen in einem demokratischen Rechtsstaat niemals hingenommen werden“, erklärt der gelernte Jurist aus Augsburg.

Hemmungslosigkeit von Extremisten jeglicher Couleur in der analogen und digitalen Welt müssen wir mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen.

Volker Ullrich, innenpolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag

„Bei Hass und Entwürdigung anderer müssen wir uns stärker zur Wehr setzen. Zunehmende Hemmungslosigkeit von Extremisten jeglicher Couleur in der analogen und digitalen Welt müssen wir mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen und Haltung zeigen“, sagt Ullrich weiter. „In unserer freiheitlichen Gesellschaft ist die Demonstrationsfreiheit ein hoher Wert. Diese Freiheit gilt aber nur bei einem konsequenten Gewaltverbot. Wer diesen Wert nicht anerkennt, muss die Härte unseres Rechtsstaats spüren.“ Bund und Bund und Länder müssten gleichzeitig eine gute Personalausstattung der Polizei sicherstellen, um gegen chaotische Zustände wie in Chemnitz jederzeit gewappnet zu sein, so Ullrich.

Ein Syrer und ein Iraker wegen Totschlags verhaftet

Auf einem Stadtfest in Chemnitz war am Wochenende ein 35 Jahre alter Deutscher durch Messerstiche getötet worden. Ein 23 Jahre alter Syrer und ein 22 Jahre alter Iraker wurden als Tatverdächtige wegen Totschlags verhaftet. Am Sonntag zogen rechtsradikale Demonstranten durch die Stadt, von denen einige ausländische Passanten attackierten. Am Montagabend wurden bei neuen Protesten von Rechts- und Linksradikalen 18 Demonstranten und zwei Polizisten verletzt. Im Internet hatten AfD-, Pegida- und NPD-Anhänger zu Selbstjustiz aufgerufen, da die Polizei angeblich nichts gegen die „Mörder“ unternehme. Die Polizei ermittelt nun gegen zahlreiche Verdächtige wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung sowie wegen Zeigens des Hitlergrußes.

Der sächsische Staat ist handlungsfähig und er handelt. Straftäter auf allen Seiten werden dingfest gemacht.

Michael Kretschmer (CDU), sächsischer Ministerpräsident

Sachsens Regierung und die Polizeiführung des Landes haben eine entschlossene Reaktion auf die Gewaltexzesse in Chemnitz angekündigt. „Dieses Ereignis, so wie es stattgefunden hat, muss uns alle aufrütteln“, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in Dresden. „Der sächsische Staat ist handlungsfähig und er handelt. Straftäter auf allen Seiten werden dingfest gemacht.“ Die Ereignisse von Chemnitz zeigten, dass man im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nachlassen dürfe.

Kein Platz für Extremisten jeder Couleur

„Wir brauchen einen Ruck in Deutschland, auch in der sächsischen Gesellschaft“, beschrieb Kretschmer die Reaktion auf rechtsradikale Umtriebe als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es gehe darum, die Mitte der Gesellschaft zu mobilisieren. Für Extremismus sei kein Platz. Bei den Ermittlungen zu Chemnitz erwartet er baldige Ergebnisse.

Die eingesetzten Beamten haben einen verdammt guten Job gemacht.

Roland Wöller (CDU), sächsischer Innenminister

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von alarmierenden Bildern. Zu der Demonstration seien Chaoten und Hooligans aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Thüringen, Berlin und Brandenburg nach Chemnitz gekommen. „Das ist Anlass, die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen“, kündigte Wöller an. Die polizeilichen Maßnahmen in Chemnitz sollten erheblich ausgeweitet werden. „Die eingesetzten Beamten haben einen verdammt guten Job gemacht“, sagte der Minister.

Landespolizeipräsident Jürgen Georgie ging auf den Vorwurf ein, die Polizei sei auch am Montag mit zu wenig Personal präsent gewesen. Man habe zwar die ursprüngliche Prognose von 1500 Demonstranten auf beiden Seiten im Laufe des Tages verdoppelt, allerdings seien dann weit mehr Teilnehmer gekommen als geschätzt. Laut Georgie standen rund 600 Polizisten zwischen 6000 Rechtsradikalen und 1000 Linksradikalen.