Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, im Interview mit dem Bayernkurier. Bild: CSU
Asylpolitik

„Da rollt eine riesige Welle auf uns zu“

Interview Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, warnt vor einer Überlastung von Bürgern und Staat durch die immer weiter steigende Zahl der Asylanträge. Die Lösung sieht er in einem gemeinsamen Handeln von Europäischer Union, Bund und Ländern.

Bayernkurier: Herr Kreuzer, in einem Satz: Wie wollen Sie die immer dramatischer steigende Zahl der Asylanträge in Deutschland in den Griff bekommen?

Thomas Kreuzer: Das kann ich sogar in einem einzigen Wort sagen: Gemeinsam. Die Gründe für die Einreise so vieler Menschen nach Deutschland sind sehr vielfältig: Politische, religiöse oder sexuelle Verfolgung zum Beispiel, aber auch Armut oder auch nur Hoffnung auf ein besseres Leben in der Bundesrepublik. Ein einzelner Lösungsansatz für alle diese Probleme existiert nicht. Auch die Gutmenschen-Forderung nach Asyl für alle in Deutschland bringt uns nicht weiter. Bei aktuell rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht ist das eine Illusion. Nur wenn Europäische Union, Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen, können wir den Menschen helfen, die tatsächlich unsere Hilfe brauchen und gleichzeitig auf den Rückhalt der Bevölkerung bei uns in Bayern bauen.

Wer verfolgt wird und um Leib und Leben bangen muss, wird bei uns Zuflucht finden.

Thomas Kreuzer

Bayernkurier: Welche Lösungsansätze haben Sie konkret?

Kreuzer: Das größte Problem ist, dass zwei Drittel der Asylbewerber überhaupt keinen Asylgrund haben. Wer verfolgt wird und um Leib und Leben bangen muss, weil er zum Beispiel vor einem Bürgerkrieg flieht, wird bei uns Zuflucht finden. Das sage ich in aller Deutlichkeit und spreche damit auch für den zum Glück aller größten Teil unserer Bürgerinnen und Bürger. Dafür ist das Asylrecht auch gedacht. Wenn aber Menschen zum Beispiel aus den Balkanstaaten auf bessere Bildung für ihre Kinder hoffen oder mehr verdienen wollen und daher zu tausenden zu uns strömen, ist das zwar verständlich, aber kein Asylgrund. Dafür gibt es genügend andere Möglichkeiten, legal nach Deutschland zu kommen. Wenn bei geschätzten 400.000 bis 500.000 Bewerbern in diesem Jahr zwei Drittel gar nicht erst ins deutsche Asylsystem kämen, wäre uns schon viel geholfen. Die Landtagsfraktion fordert daher unter anderem eine Einstufung zusätzlicher Länder wie Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten, sichere EU-Schengen-Außengrenzen und eine deutliche Aufstockung des Personals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. So könnten die Anträge der tatsächlich Schutzbedürftigen schneller bearbeitet werden, was sich natürlich positiv auf deren Integration in Gesellschaft und Arbeit auswirkt. Genauso würde aber auch den Menschen, die aus rein wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen wollen, schneller signalisiert, dass die in Deutschland keine Perspektive haben.

Bayernkurier: Was ist mit den Flüchtlingen aus den afrikanischen Ländern?

Kreuzer: Hier ist das Hauptproblem, dass sich viele dieser Menschen in die Hände krimineller Schlepper begeben und eine lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer riskieren. Das können wir dadurch verhindern, dass wir die Asylanträge dieser Menschen nicht erst in Italien, Österreich oder Deutschland prüfen, sondern gleich direkt vor Ort an der nordafrikanischen Küste. Wir fordern dazu europäische Asylzentren in Nordafrika, in denen ein Prüfverfahren nach europäischen Standards durchzuführen ist. Wenn jemand trotzdem über das Mittelmeer übersetzt, muss er gerettet und ins Asylzentrum zurück gebracht werden. Das ist humanitärer und sicherer, als alle erst einmal unter großen Gefahren und Anstrengungen bis nach Deutschland kommen zu lassen. Wenn ein Asylantrag Erfolg hat, sollen die Bewerber nach Quote auf alle europäischen Mitgliedsländer verteilt werden. So verhindern wir gezielte Einwanderung in unsere Sozialsysteme und zerstören gleichzeitig das menschenverachtende Geschäftskonzept der Schleuser. Zusätzlich braucht es noch mehr Entwicklungshilfe in den Herkunftsländern der Flüchtlinge.

Bayernkurier: Mit den Vorstößen zu einer europaweiten Verteiler der Asylbewerber nach Quote und europäische Asylzentren in Nordafrika hat die Fraktion zwei Forderungen losgetreten, die vor einem Jahr noch undenkbar gewesen wären.

Kreuzer: Inzwischen sind sie aber unabdingbar, wenn wir nicht im kommenden Jahr eine Million Asylbewerber in Deutschland und jeden Tag Tote im Mittelmeer haben wollen. Die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament und die Europäische Kommission haben die Forderung nach einer Verteilungsquote bereits übernommen. Gleiches gilt für meine Fraktionsvorsitzenden-Kollegen von CDU und CSU auf Europa-, Bundes- und Länderebene. Diese unterstützen auch die Forderung nach europäischen Asylzentren. Genau das meine ich, wenn ich davon rede, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen müssen.

Die Kosten für Flucht und Asyl belaufen sich in Bayern in diesem und im kommenden Jahr auf drei Milliarden Euro. Tendenz steigend.

Thomas Kreuzer

Bayernkurier: Warum gehen diese Vorschläge alle von Bayern aus?

Kreuzer: Wir sind direkt betroffen. Die Flüchtlinge kommen in erster Linie an bayerischen Bahnhöfen und bayerischen Autobahnrastplätzen an. Deren Ziel ist ganz klar Deutschland. Sobald sie von Italien aus über Österreich bei uns ankommen, ist die Reise mit dem Wort „Asyl“ zu Ende. Genau darum handeln wir in der Fraktion so entschlossen. Da rollt eine riesige Welle auf uns zu und irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem das der Staat und auch die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr verkraften können. Die Kosten für Flucht und Asyl belaufen sich in Bayern in diesem und im kommenden Jahr auf drei Milliarden Euro. Tendenz steigend. An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei den vielen ehrenamtlichen Helfern bedanken, die sich jeden Tag viele Stunden zum Beispiel für die vielfältigen Belange anerkannter Asylbewerber  engagieren. Ohne sie wäre dieser Ansturm nicht zu bewältigen und die Kosten lägen noch deutlich höher.

Bayernkurier: Glauben Sie, dass diese Hilfe weiter anhält?

Kreuzer: Ich hoffe es. Aber wir als Politiker müssen unseren Teil dazu beitragen. Dazu gehört auch, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, sondern die momentane Situation ehrlich anzusprechen und rechtzeitig zu warnen, um die Probleme zu lösen. Die Fraktion hat dazu ein Video ins Internet gestellt, das alleine bei Facebook bereits über 25.000 Menschen gesehen haben. Das Interesse der Menschen ist also da, jetzt sind wir gefordert. Unsere Forderungen liegen auf dem Tisch.

Das Video der Landtagsfraktion finden Sie hier:

www.youtube.com/watch?v=RaqHSxvXZzQ