Die Rente ist sicher, hieß es unter Norbert Blüm. Doch wird dies auch für die Zukunft gelten? (Symbolfoto: Imago/Westend61)
Rente mit 63

Monströses Milliardengrab

Kommentar Ungefähr 50.000 Menschen pro Jahr würden die abschlagsfreie Rente mit 63 annehmen, behauptete die SPD vor der Einführung. Mittlerweile sind es eine Million – und die Kosten des kleinen SPD-Wahlgeschenks summieren sich auf 16 Milliarden Euro im Jahr.

Es war der Wahlkampfschlager der SPD 2013, doch die Beitrags- und Steuerzahler müssen die Rechnung begleichen: Die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren ist einerseits ein Gassenhauer, weil bereits eine knappe Million Menschen sie beziehen, genau sind es 985.000. In der heißen Phase der Debatte vor der Einführung, als die Experten der Union noch heftig vor diesem Milliardengeschenk warnten, hatte die SPD von maximal 50.000 gesprochen.

Und hier kommt der doppelte Pferdefuß: Die Rente mit 63 kostet die Beitrags- und die Steuerzahler 1,3 Milliarden Euro im Monat (!), also knapp 16 Milliarden Euro im Jahr. Und sie entzieht gleichzeitig der Wirtschaft, die händeringend nach Fachkräften sucht, um den gegenwärtigen Boom so lange wie möglich zu erhalten, hunderttausende bestens eingearbeiteter und erfahrener Arbeitnehmer.

Arme Beitragszahler finanzieren reiche Rentner

Die schärfste Kritik kommt vom Rentenexperten Bernd Raffelhüschen. „Die Rente mit 63 war ein Geschenk an die reichen Rentner, finanziert von den armen Beitragszahlern.“ Das sei ungerecht, so Raffelhüschen im Focus. Denn vorzeitig in Ruhestand zu gehen und aufs jedenfalls deutlich höhere Arbeitsentgelt zu verzichten, können sich nur relativ wohlhabende Arbeitnehmer leisten, die auch über mindestens 45 Jahre ordentlich sogenannte Rentenanwartschaften zusammengespart haben.

Es handelt sich also um ein Geschenk der SPD an ihre gut bestallte frühere Stammwählerschaft. Die massiven Sonderausgaben gefährden nämlich im Endeffekt die derzeitige Höhe des Rentenbeitragsniveaus und damit langfristig die Akzeptanz des ganzen Systems, auch darauf weist Raffelhüschen hin: „Die jungen Beitragszahler der Zukunft werden sich fragen, warum sie sehr viel mehr in die Rente einzahlen sollen, als diejenigen, die diese Renten bekommen.“ Gleichzeitig sind die heutigen Beitragszahler diejenigen, denen erzählt wird, dass sie bis 67, vielleicht gar bis 70 arbeiten müssten. Von Generationengerechtigkeit kann hier nicht mehr gesprochen werden.

In Zukunft Rente mit 70?

Ein weiterer Haken daran, den die SPD ausdrücklich gegen den Protest der Union durchgesetzt hat: Phasen von Arbeitslosigkeit werden auf die nötige Mindestbeitragszeit von 45 Jahren angerechnet, in denen aber keine Beiträge entrichtet wurden.

Damit markiert die Rente mit 63 eine wahre Zeitenwende in Sachen staatlich subventionierter Frührenten: Die Kosten für die Rente mit 63 belaufen sich – wie erwähnt – laut Deutscher Rentenversicherung inzwischen auf 1,3 Milliarden Euro im Monat. Im Juni 2014, dem letzten Monat vor Einführung der Rente mit 63, zahlte die Rentenversicherung nur 62,6 Millionen Euro an Renten für „besonders langjährig Versicherte“ mit mehr als 45 Beitragsjahren aus. Das ist eine Verzwanzigfachung dieser Ausgaben – weil die SPD es so wollte. Dieses Wahlgeschenk, das die Union als Koalitionspartner zähneknirschend mittragen musste, hat offensichtlich eine ungeheure Sogwirkung entfaltet.

Bei Konjunktureinbruch droht eine Katastrophe

Im Gesetzentwurf von 2014 war die Regierung noch von Mehrkosten von lediglich 2 Milliarden Euro im vergangenen und 1,9 Milliarden im laufenden Jahr ausgegangen. Dass die tatsächlichen jährlichen Ausgaben mit knapp 16 Milliarden rund das Achtfache umfassen, zeigt, dass sich dieses von den Genossen zunächst kleingeredete Instrument wie von der Union befürchtet zu einem volkswirtschaftlich bedeutsamen Monster und Milliardengrab zugleich ausgewachsen hat.

Eine Rückabwicklung dieser schädlichen Regelung ist dringend überfällig. Denn diese Ausgaben kann sich Deutschland nur derzeit aufgrund der brummenden Konjunktur, niedrigen Arbeitslosigkeit, hoher Steuereinnahmen und Beitragsaufkommen noch leisten. Aber wenn – wie Experten befürchten – ab 2019 die Konjunktur zu schwächeln beginnt: Wer soll das dann noch bezahlen? Die Schuldigen aus der SPD ganz sicher nicht.