Spricht Klartext: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. (Bild: Wolf Heider-Sawall)
Asyl

Der Schutz der Bürger kommt zuerst

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wirft Asyl-Lobbyisten vor, sie versuchten, die Gerichte mit Klagen zu überlasten und den Rechtsstaat zu sabotieren. Damit gefährdeten sie den gesellschaftlichen Frieden und die Integrationsfähigkeit.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat die Klagewelle gegen die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber als Sabotage des Rechtsstaates bezeichnet. „Die Anti-Abschiebe-Industrie nutzt die Mittel des Rechtsstaates, um ihn durch eine bewusst herbeigeführte Überlastung von innen heraus zu bekämpfen“, sagte Dobrindt der Bild am Sonntag.

Wer die Abschiebung von kriminellen Flüchtlingen mit Klagen verhindern will, stellt den Schutz der Täter über den Schutz der Bürger.

Alexander Dobrindt

„2015 wurden unsere Grenzen überrannt, jetzt versuchen Abschiebe-Saboteure das Gleiche mit unseren Gerichten“, sagte Dobrindt. Die Gerichte seien überlastet, darum brauche es wie im Koalitionsvertrag vereinbart, mehr Stellen für die Justiz sowie ein Schnellverfahren für die Abschiebung von kriminellen Asylbewerbern. Ende Februar lagen nach BamS-Informationen aus dem Bundesinnenministerium 359.390 Asyl-Klagen bei den zuständigen Verwaltungsgerichten. 91,3 Prozent aller abgelehnten Asylbewerber ziehen vor Gericht.

Allianz aus Ideologen

Dobrindt hatte bereits letzte Woche mit seiner Kritik an einer „aggressiven Anti-Abschiebe-Industrie“ die übliche Empörung in linken Parteien ausgelöst. Nun legte er nach und erläuterte, was er unter dem Begriff verstehe: „eine unsägliche Allianz von Zwangsideologen und Partikularinteressen“. Diese Allianz arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden. „Dabei wird in Kauf genommen, dass jede nicht vollziehbare Abschiebung die Integrationsfähigkeit unseres Landes weiter gefährdet – und im Falle von kriminellen Asylbewerbern auch unsere Bevölkerung direkt beeinträchtigt“, betonte Dobrindt. Den Rechtsstaat stelle er keineswegs infrage. Aber: „Wer die Abschiebung von kriminellen Flüchtlingen mit Klagen verhindern will, stellt den Schutz der Täter über den Schutz der Bürger.“

Auch der Bund Deutscher Verwaltungsrichter beklagte eine mangelnde Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen über die Ausreisepflicht in Teilen der Bevölkerung.

Das Dilemma der Abschiebungen

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) bezeichnete die Kritik Dobrindts als nachvollziehbar. Bei rechtsstaatlich verfügten Abschiebungen fänden sich „oftmals sehr viele, die sie verhindern wollen“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende der Zeitung Die Welt. Für manche sei das „auch ein Geschäftsmodell geworden“.

Man darf von den Menschen erwarten, die zu uns kommen und um Schutz bitten, dass sie sich anständig benehmen und an Recht und Gesetz halten.

Thomas Strobl, CDU

In Bezug auf die zunächst verhinderte Abschiebung eines abgelehnten Asylbewerbers durch 150 andere Asylbewerber im baden-württembergischen Ellwangen forderte Strobl: „Man darf von den Menschen erwarten, die zu uns kommen und um Schutz bitten, dass sie sich anständig benehmen und an Recht und Gesetz halten. Wenn sie das nicht tun, gibt es eine konsequente Antwort. Das haben wir in Ellwangen gezeigt.“

Strobl verteidigte auch die von Innenminister Horst Seehofer geplanten Ankerzentren. „Da werden dann Entscheidungen so schnell getroffen, dass niemand lange in der Einrichtung bleiben muss, sondern das Zentrum entweder mit einem Aufenthaltstitel verlässt oder in seine Heimat zurückkehrt.“

Ausreden und Atteste

Abschiebungen sind nur sehr schwer möglich, auch darauf hatte Dobrindt aufmerksam gemacht. Auch laut Bundesinnenminister Seehofer gelte derzeit noch: „Der Erfindungsreichtum, wie man das herauszögern kann, ist hoch.“ Oft liege es daran, dass die Polizei die Betroffenen nicht am Wohnort antreffe oder ein ärztliches Attest oder ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung den Vollzug verhinderte.

Bei Sammelabschiebungen kommt nach Erfahrungen der Bundespolizei nur etwa die Hälfte der angekündigten Passagiere auch am Flughafen an. Am Widerstand des Betroffenen scheiterten letztes Jahr 525 geplante Abschiebungen per Flugzeug. Weitere Rückführungen konnten nicht stattfinden, weil das Herkunftsland etwa keine Reisedokumente ausstellte, eine Einreise mit europäischen Ersatzpapieren ablehnte oder Abschiebungen in Chartermaschinen nicht akzeptierte.

Eine weitere Hürde: 2017 kamen 187.000 Asylsuchende nach Deutschland – fast alle über andere EU-Länder, die laut Dublin-Abkommen für sie zuständig wären. Trotzdem stellte die Bundesrepublik nur 64.267 Übernahmeersuchen an diese Staaten. Tatsächlich überstellt wurden davon nur 7102 Fälle, weil deutsche Gerichte die Unterbringung in anderen EU-Ländern für „unmenschlich“ hielten oder weil die betroffenen Ausländer am Abschiebungstag bei Helfern Unterschlupf fanden.

Schlupfloch Bremen

Eine Bremer Affäre zeigt, dass noch Rechtsbruch als Hindernis dazu kommt. In der Behörde waren mutmaßlich tausende Asylbescheide unrechtmäßig positiv ausgefallen. Die mittlerweile suspendierte Leiterin der Bremer BAMF-Stelle hat laut Medienberichten zusammen mit Dolmetschern und Anwälten deren Mandanten „massenhaft“ zum Flüchtlingsstatus verholfen – auch aus anderen Bundesländern. Ihr Motiv ist noch unklar. Sie hatte laut Braunschweiger Zeitung immer wieder Beiträge der Flüchtlingshelfer von Pro Asyl und des Vereins „Eziden Weltweit“ auf Twitter geteilt. Auch Vorteilsannahme steht offenbar im Raum.

Die Bremer „Erfolgsquote“ für Flüchtlinge war schon lange auffällig, weil sie teils um 30 Prozent höher lag als etwa in Bayern. Bundesinnenminister Seehofer hat angekündigt, die Vorwürfe genau prüfen zu lassen. Offenbar hat das BAMF generell auch große Probleme mit der Vertrauenswürdigkeit und Neutralität seiner Asyl-Dolmetscher. Laut Bundesinnenministerium wurde allein 2017 die Zusammenarbeit mit 30 Übersetzern wegen Verstößen gegen den Verhaltenskodex beendet. 2100 weitere Dolmetscher werden wegen fachlicher Mängel nicht mehr eingesetzt.