Einsatz unter erschwerten Bedingungen: Die Polizei wird attackiert. (Bild: Imago/Ralph Peters)
Ellwangen

Der Rechtsstaat greift durch

Vier Tage nach der durch 150 Asylbewerber gewaltsam verhinderten Abschiebung eines 23-jährigen Togolesen griff die Polizei am Donnerstag in einer Flüchtlingsunterkunft im baden-württembergischen Ellwangen hart durch. Der Flüchtige wurde gefasst.

Vier Tage nach der gescheiterten Abschiebung eines Togolesen gab es erneut einen Polizeieinsatz in der Flüchtlingsunterkunft im baden-württembergischen Ellwangen. Die Polizei war „mit einigen Hundert Kräften“ in Schutzkleidung vor Ort, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Beamten konnten in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes auf einem früheren Bundeswehrgelände den zunächst untergetauchten Afrikaner festnehmen. Die Razzia wird zu einer Machtdemonstration des Rechtsstaates – mit einer klaren Botschaft: so nicht.

Mit Gewalt Abschiebung verhindert

Afrikanische Asylbewerber hatten wenige Tage zuvor die Abschiebung des Mannes aus dem westafrikanischen Kleinstaat Togo mit Gewalt verhindert. Die Polizei musste die Aktion in der Nacht zum Montag abbrechen, weil die Situation zu gefährlich wurde. Vier Beamte hatten den Mann, gegen den eine Abschiebeverfügung vorlag, bereits in den Streifenwagen verbracht. 150 bis 200 Asylbewerber umringten daraufhin die Streifenwagen und schlugen auf die Wagen ein. Sie erzwangen durch massive Drohungen die Herausgabe der Schlüssel für die Handschellen des Togolesen.

Nach Informationen der dpa sprangen bei der erneuten Polizeiaktion am Donnerstagmorgen Flüchtlinge aus den Fenstern der Unterkunft. Dabei hätten einige von ihnen Blessuren erlitten. Auch drei Polizeibeamte seien leicht verletzt worden. Zuvor hatten ein Rettungswagen sowie ein Notarztfahrzeug mit Blaulicht die Flüchtlingsunterkunft für rund 500 meist afrikanische Asylbewerber verlassen.

Die Vorfälle in Ellwangen sind ein Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung, weil das Gastrecht nicht mit Füßen getreten werden darf.

Horst Seehofer, Bundesinnenminister

Die Straßen sind weiträumig abgesperrt gewesen. Außerdem hielt sich die Polizei mit weiteren Kräften in Bereitschaft. Mehrere Männer wurden in Gewahrsam genommen, wie Zeugen beobachteten. Später wurde mindestens ein Mann in einem Gefangenentransporter weggebracht. Dabei dürfte es sich um den untergetauchten 23-jährigen Mann aus Togo handeln, der gefasst wurde. Die Polizei leitete Verfahren unter anderem wegen des Tatbestandes der Gefangenenbefreiung sowie wegen des Verdachtes des Landfriedensbruchs und anderen Straftaten ein. „Es wird keine rechtsfreien Räume geben“, sagte dazu Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Einige Bewohner werden laut Polizei nun verlegt, da man bei der Razzia organisierte Strukturen festgestellt habe, „die darauf ausgelegt sind, behördliche Maßnahmen zu verhindern“. 27 Personen leisteten Widerstand, 18 Männer hatten zudem hohe Geldbeträge bei sich.

Die Ermittlungen laufen

Ein Bewohner des Asylbewerberheims, der von sich behauptete, der gesuchte Togolese zu sein, sagte am Mittwoch der Bild-Zeitung: „Deutschland sagt doch ,Welcome‘ zu uns Flüchtlingen. Die geben jeder Person eine Duldung. Jetzt kamen sie zum zweiten Mal. Meine Brüder kamen mir zur Hilfe, dass die mich nicht mitnehmen können.“ Nach seiner Darstellung sollte er bereits im Februar zum ersten Mal nach Italien abgeschoben werden, wo er zuerst in der EU angekommen war.

Ein derartiges Verhalten muss Auswirkungen auf Schnelligkeit und Ausgang des Asylverfahrens bekommen.

Armin Schuster, CDU

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte die Vorfälle in Ellwangen „empörend“ und „einen Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung“, weil „das Gastrecht nicht mit Füßen getreten“ werden dürfe. Die Taten müssten „mit aller Härte und Konsequenz verfolgt werden“. Seehofer will bis spätestens Anfang Juni einen Plan zur Rückführung von Migranten vorlegen. „Wir müssen für die Menschen, die kein Bleiberecht haben, die Regeln verschärfen, damit sie in ihre Heimat zurückkehren“, sagte Seehofer der Passauer Neuen Presse. Personen, die ausreisepflichtig seien, sollten demnach kein Geld mehr, sondern nur noch Sachleistungen erhalten. Seehofer forderte „eine ehrliche Debatte“ über Zuwanderung, die begrenzt werden müsse, um die Sicherheit hierzulande gewährleisten zu können. Seehofer appellierte an die Bevölkerung, keine falsche Solidarität zu zeigen. Besonders grotesk sei das bei Abschiebungen nach Afghanistan, die ohne öffentliche Proteste gar nicht mehr möglich seien. „Dabei schieben wir im Moment nur Straftäter, Gefährder und Mitwirkungsverweigerer nach Afghanistan ab. Wenn ich mir die Listen anschaue, um welche Straftäter es sich da handelt – Vergewaltigung, schwere Körperverletzung –, fehlt mir jedes Verständnis für diese Proteste.“

Schuster: Gastrecht verwirkt

Als Reaktion auf die Krawalle forderte der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster auf Focus Online ein härteres Durchgreifen: „Ein derartiges Verhalten muss Auswirkungen auf Schnelligkeit und Ausgang des Asylverfahrens bekommen. Wer rote Linien überschreitet, muss Vorfahrt bekommen bei der Beendigung seines Asylverfahrens und der Abschiebung.“ Weiter sagte er dem Webportal: „In unserem Rechtsstaat gibt es eindeutige rote Linien, die mittlerweile beinahe täglich von Asylbewerbern vorsätzlich überschritten werden. Das tolerante Entschuldigen solcher Entgleisungen ist jetzt völlig fehl am Platz, ich erwarte politische Rückendeckung auf allen Ebenen für mehr spürbare Härte im Vorgehen unserer Exekutivbehörden.“ In Bezug auf Ellwangen sagte Schuster: „Ein Gastrecht sehe ich angesichts eines völlig fehlenden Integrationswillens nicht mehr!“

(dpa/Focus/BK)