Ludwig Spaenle wird Bayerns Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus. (Foto: KM Bayern/Jens Renner)
Antisemitismus

Spaenle wird Beauftragter für jüdisches Leben

Nach dem Bund hat jetzt auch Bayern einen eigenen Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus ernannt: Der frühere Kultusminister Ludwig Spaenle soll das wichtige Amt in Zeiten steigender antisemitischer Vorfälle übernehmen.

Der frühere Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) wird Antisemitismusbeauftragter der bayerischen Staatsregierung. „Bayern wird heute mit Ludwig Spaenle einen Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus bestellen. Das ist ein klares Signal“, erklärte Ministerpräsident Markus Söder.

Der Freistaat steht hinter seinen jüdischen Mitbürgern.

Markus Söder

Spaenle arbeite bereits an einem Arbeitskonzept, verkündete der Bayerische Ministerpräsident nach der Kabinettssitzung am Dienstag. Ein eigener bayerischer Beauftragter gegen Antisemitismus sei schon länger geplant gewesen, so Söder. „Das ist ein klares Signal an den Zentralrat der Juden, dass der Freistaat hinter seinen jüdischen Mitbürgern steht!“

Kampf gegen Antisemitismus

Das Kabinett hatte am Dienstagvormittag über den Posten beraten und ihn einstimmig beschlossen. Spaenle war bis zur jüngsten Kabinettsumbildung im März viele Jahre Kultusminister.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, hatte vor einigen Tagen in einem Interview erklärt, dass der bayerische Antisemitismusbeauftragte wie sein Pendant im Bund dafür sorgen müsse, dass antisemitische, antiisraelische oder antizionistische Vorfälle wie kürzlich bei der Verleihung des Musikpreises Echo „nicht stattfinden oder sofort sanktioniert werden“.

Nun zeigte sie sich erfreut über die Berufung: „Ludwig Spaenle ist für diese Position die beste Besetzung. Darüber freue ich mich.“ Er sei ein Mensch, der „stets verlässlich und kämpferisch an der Seite der jüdischen Bürgerinnen und Bürger stand, der die Materie in all ihren Facetten kennt und der mit Leidenschaft und Entschlossenheit für unsere freiheitliche Demokratie und ihre Werte einsteht“.

In den letzten Jahren haben antijüdische Aggressionen in Deutschland wie in Europa massiv zugenommen.

Charlotte Knobloch

Knobloch fügte jedoch hinzu: „Leider sind die Ursachen und Entwicklungen, die zu seiner Berufung geführt haben, äußerst schmerzlich und durchaus bedrohlich.“ Der Antisemitismus sei auch in Bayern zu keiner Zeit überwunden gewesen. „In den letzten Jahren haben antijüdische Aggressionen in Deutschland wie in Europa massiv zugenommen“, so Knobloch. „Ich danke dem Freistaat für das klare Signal für Recht, Gerechtigkeit und  Geschichtsbewusstsein“, so die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Mehr judenfeindliche Straftaten

In der jüngsten Polizeilichen Kriminalitätsstatistik hat Bundesinnenminister Horst Seehofer auf einen Anstieg der Antisemitischen Straftaten um 2,5 Prozent gegenüber dem Jahr 2016 verwiesen (2017: 1.504; 2016: 1.468). Der weit überwiegende Teil dieser Straftaten sei nach wie vor dem rechten Spektrum zuzuordnen (94 Prozent) – woran vor kurzem der Zentralrat der Juden jedoch starke Zweifel angemeldet hat, da nicht aufgeklärte Taten einfach dem rechtsextremen Bereich zugeordnet würden. In Österreich etwa werden 62 Prozent der antisemitischen Straftaten als „nicht aufgeklärt“ eingestuft.

Viele Opfer von antisemitischen Straftaten scheuen sich derzeit, die Taten bei der Polizei anzuzeigen.

Horst Seehofer

In den letzten Wochen wurde verstärkt über muslimische Attacken auf Juden berichtet, etwa gegenüber einer Grundschülerin in Berlin oder auf Kippaträger am Prenzlauer Berg. So verwundert es nicht, dass erstmals auch die sogenannten „importierten antisemitischen Straftaten“ durch Muslime wieder ansteigen – wenn auch laut Seehofer auf niedrigem Niveau. Der Minister bestätigte allerdings: „Viele Opfer von antisemitischen Straftaten scheuen sich derzeit, die Taten bei der Polizei anzuzeigen.“

Seehofer sieht Schulen in der Pflicht

Das Bundesinnenministerium hat deshalb Ende letzten Jahres ein Forschungsprojekt gestartet, um Zivilgesellschaft und Polizei zur Bekämpfung von vorurteilsgeleiteten Straftaten zusammenzubringen, Vertrauen zu schaffen und zu einer engeren Zusammenarbeit zu motivieren. „Antisemitische Vorfälle, die nicht strafbar sind, aber das interreligiöse und interkulturelle Zusammenleben gefährden, müssen dokumentiert und analysiert werden. Hier sind auch Schulen und Bildungsbehörden gefordert“, betonte Seehofer. Es sei deshalb erfreulich, dass der neue Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland, Felix Klein, hier schon in den wenigen Tagen seit seinem Amtsantritt am 1. Mai „so deutliche Akzente für seine wichtige Arbeit gesetzt hat“, so der Innenminister weiter.