Fast hätten die Burschen aus Grafing und Ebersberg den für Brüssel bestimmten Maibaum geklaut. Der Landtagsabgeordnete Thomas Huber (vorne .r.) spendierte ihnen trotzdem eine Brotzeit als Auslöse. (Foto: Picture Alliance/Thomas Huber/privat/dpa)
Kabinett

Wie ein weiß-blauer Baum EU-Geschichte schreibt

Zu seiner ersten Auslandsreise nach Brüssel nimmt Ministerpräsident Söder gleich das ganze Kabinett mit – und einen original bayerischen Maibaum. Zudem stehen Treffen mit Kommissionspräsident Juncker und Haushaltskommissar Oettinger auf dem Programm.

Bei seiner ersten Auslandsreise als Ministerpräsident will Markus Söder in Brüssel ein Zeichen für die bayerische Eigenständigkeit setzen. „Die Reise ist ein Signal. Bayern ist proeuropäisch, aber wir wollen unsere Identität und Selbstständigkeit stärken“, sagte der CSU-Politiker. Am kommenden Mittwoch will Söder – begleitet von allen Ministern und Staatssekretären – in die belgische Hauptstadt fliegen. Mit dabei: Ein originaler weiß-blau geringelter und festlich geschmückter Maibaum aus Oberbayern, der in Brüssel aufgestellt werden soll.

Europa ist ein Kontinent der Freiheit, aber er muss auch Schutz und Sicherheit bieten.

Markus Söder, Ministerpräsident

Es wird die erste Auslandsreise eines kompletten bayerischen Kabinetts. Den Plan für eine solche Reise gab es zwar bereits früher, doch Söders Vorgänger Horst Seehofer (CSU) musste die geplante Reise damals wieder kurzfristig absagen. Das soll sich dieses Mal auf keinen Fall wiederholen, immerhin steht für den Donnerstagvormittag ein Treffen der Staatsregierung mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und ein Gespräch mit dem deutschen EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) auf dem Programm.

Regionalförderung und EU-Grenzsicherung als zentrale Themen

Beim Treffen mit Oettinger dürfte es vor allem um die künftige Regionalförderung gehen: Der Haushaltskommissar legt demnächst seinen Etatentwurf vor. Wegen des überfälligen massiven Ausbaus der EU-Grenzsicherung und des Ausscheidens des Nettozahlers Großbritannien befürchten viele strukturschwache Regionen in Europa – darunter die grenznahen ländlichen Gebiete Bayerns – Einbußen bei der Regionalförderung. Mit Juncker will Söder unter anderem Fragen zur Zuwanderung besprechen. „Die Sicherung der EU-Außengrenzen und die Frage was kann Europa leisten, damit die Außengrenzen sicherer werden“, sagte Söder. „Europa ist ein Kontinent der Freiheit, aber er muss auch Schutz und Sicherheit bieten.“

Mit dem Aufstellen des Maibaums wollen wir bayerisches Brauchtum und Gastlichkeit präsentieren.

Markus Söder

Das Reiseziel Brüssel ist daher für die Kabinettsreise kein Zufall. „In Brüssel wird über viele politische Fragen entschieden, die auch für Bayern von Bedeutung sind“, betont Söder, der die Abläufe zwischen Europäischer Kommission und dem EU-Parlament noch aus seiner Amtszeit als Europaminister gut kennt. Knapp sechs Wochen nach ihrer Vereidigung dürfte dagegen für die meisten Kabinettsmitglieder das politische Brüssel eine ziemlich neue Erfahrung sein.

Maibaum aus Rott am Inn für Brüssel

Bevor es laut Söder am Donnerstag um „harte Politik“ geht, wollen sich die Bayern in der Vertretung Bayerns in Brüssel am Mittwochabend, dem 2. Mai, zum Auftakt aber auch als gute Gastgeber präsentieren. „Mit dem Aufstellen des Maibaums wollen wir bayerisches Brauchtum und Gastlichkeit präsentieren“, betont Söder. Rund 300 Gäste aus Politik und EU- Institutionen hat das bayerische Kabinett zu der Feier eingeladen. Trachtler aus Grafing (Landkreis Ebersberg) wollen den Maibaum aufstellen, der aus Rott am Inn stammt – und zwar nicht per Autokran, sondern traditionell mit Muskelkraft und mit Hilfe der traditionellen „Schwaiberln“. Die Zornedinger Goaßlschnalzer und die Glonner Musi sollen das Ganze brauchtumsgerecht untermalen.

Ich fand die Idee super, im Herzen Europas ein traditionelles Symbol zu setzen.

Thomas Huber, CSU-Landtagsabgeordneter aus Ebersberg und ehrenamtlicher Maibaum-Beauftragter

Kurz nach seiner Kür zum Ministerpräsidenten hatte Söder den Maibaum-Plan auf den Weg gebracht. Der Regierungschef habe ihm mitgeteilt, dass er gerne einen Maibaum vor der Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU aufstellen würde, berichtet Thomas Huber, CSU-Landtagsabgeordneter aus dem Kreis Ebersberg – und nun auch Maibaum-Beauftragter des Ministerpräsidenten. „Ich fand die Idee super, im Herzen Europas ein traditionelles Symbol zu setzen“, so Huber.

Zimmerermeister Gruber verhinderte den Diebstahl

Es ist freilich nicht Söders erster Maibaum für Brüssel. 2008 gab es den ersten, damals war Söder Europaminister. 2010 unter Nachfolgerin Emilia Müller gab es Aufregung um den finanziellen Aufwand; 25.000 Euro soll nach damaligen Medienberichten der Baum samt Transport und Party gekostet haben. Dieses Mal ist über Kosten noch nichts bekannt. Viele Helfer arbeiteten ehrenamtlich, betont Huber. Übrigens hätten die Burschenvereine aus Ebersberg und Grafing den „Söder-Maibaum“ beinah gestohlen. Allerdings gelang es dem Zimmerermeister Georg Gruber aus Schechen, den Diebstahl zu vereiteln.

Während Maibäume in den Dörfern um die 30 Meter hoch sind, ist laut Huber für den nur 19 Meter messenden EU-Baum die Größe nicht so wichtig. Ein größerer Baum hätte vermutlich nicht durch die Durchfahrt in den Innenhof der bayerischen Vertretung gepasst. Er habe besonders darauf geachtet, „dass es ein schöner Baum ist, sagt der CSU-Abgeordnete Thomas Huber. Neben weiß-blauen Ringeln und einem Rautenkranz trägt er zehn Tafeln: mit den europäischen Sternen, mit dem Wappen des Freistaats, Trachtenpaaren links und rechts, und mit den Zünften, die mit dem Maibaum beschäftigt waren, darunter Schlosser und – nicht nur wegen der Diebstahlsverhinderung: die Zimmerer.