Die Tafeln sind schon länger in Bedrängnis: Im Bild der Freiburger Essenstreff für Bedürftige. (Bild: Imago/Winfried Rothermel)
Armut

CSU warnte schon 2015 vor Tafel-Dilemma

Die überlastete Tafel in Essen ist kein neues Problem. Schon Ende 2015 warnte der CSU-Abgeordnete Alexander Hoffmann vor einer Überforderung der Hilfseinrichtungen und plädierte dafür, Asylbewerber vom Kundenkreis auszuschließen.

Der Fall der Essener Tafel, die einen vorübergehenden Ausländerstopp verhängte, hat bundesweit hohe Wellen geschlagen. Inzwischen ist klar, dass nicht nur die Helfer in Essen überfordert sind – Tafeln aus anderen Städten melden ähnliche Probleme. Warnungen, dass der massive Flüchtlingszustrom die Hilfseinrichtungen überlasten könnte, hat es zudem schon sehr früh gegeben.

Angespannte Lage im Jahr 2015

Bereits Ende November 2015, also zur Hochzeit der Flüchtlingswelle, regte der CSU-Rechtsexperte Alexander Hoffmann an, darüber nachzudenken, Asylbewerber – zumindest diejenigen, deren Verfahren noch laufen – vom Kundenkreis der Tafeln auszuschließen. In einer Pressemitteilung schrieb der Bundestagsabgeordnete, dies werde „von mehreren Tafeln in Bayern (u.a. in Dachau und Hallbergmoos) bereits seit mehr als einem bzw. seit rund zwei Jahren auch so gehandhabt“.

Die Bedürfnisse der Flüchtlinge werden bereits ausreichend durch das Asylbewerberleistungsgesetz abgedeckt.

Alexander Hoffmann, CSU-MdB, im Jahr 2015

Sein Hauptargument damals: „Die Bedürfnisse der Flüchtlinge werden bereits ausreichend durch das Asylbewerberleistungsgesetz abgedeckt.“ Ein allein reisender Flüchtling erhalte 143 Euro monatlich Grundversorgung. In einer Erstaufnahme oder Notunterkunft werde die Verpflegung übernommen, in einer Gemeinschaftsunterkunft oder dezentralen Einrichtung kämen monatlich noch 149 Euro für die Verpflegung dazu. Darum, so Hoffmann, erzeuge es „sozialen Unfrieden“, Asylbewerber auch noch an die Tafeln zu lassen. „Unsere Aufnahmekapazität als auch unsere Integrationsfähigkeit sind endlich“, schrieb der CSU-Politiker, der eine Ausländerbehörde in Würzburg geleitet hatte, bevor er in den Bundestag gewählt wurde.

Der Bild-Zeitung sagte Hoffmann damals, der immense Flüchtlingsandrang sei „für die ehrenamtlichen Helfer zweifellos eine große Belastungsprobe“, die Lage sei zum Teil bereits „sehr angespannt“.

Plädoyer für das Sachleistungsprinzip

Hoffmann wies auf einen weiteren Aspekt hin: „Der Erhalt von Geld- anstelle von Sachleistungen bzw. der Bezug von Taschengeld neben Sachleistungen hat auch die Zielsetzung, die Fähigkeit von Asylbewerbern zu schulen, mit Geld umzugehen.“ Dieser Prozess werde aber völlig konterkariert, wenn die Asylbewerber bei den Tafeln kostenlos oder für wenige Euro eine große Menge an Lebensmitteln erhielten.

Er selber habe sich deshalb schon immer für den Erhalt des Sachleistungsprinzips eingesetzt. „Das erachte ich auch heute noch für richtig, denn viele Gespräche der vergangenen Wochen haben gezeigt, dass keinerlei Erkenntnisse darüber vorliegen, was mit dem ausgezahlten Geld letztendlich geschieht“, so Hoffmann 2015. Es sei zu befürchten, dass damit Schleuserdienste finanziert beziehungsweise die Familien im Heimatland unterstützt würden. „So nachvollziehbar das aus Sicht der Asylbewerber sein mag, so deutlich muss ich auch darauf hinweisen, dass wir damit dann genau diese Anreize setzen, die wir (…) vermeiden wollen“, warnte Hoffmann.

Hilferuf der Tafeln

Anfang November 2015 hatte der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. erstmals die Politik um Geld und Lebensmittel gebeten, um auch die Asylbewerber verköstigen zu können. Mehr finanzielle Mittel würden aber das System der Tafeln „auf den Kopf stellen“, mahnte Hoffmann. Diese seien schließlich ursprünglich gegründet worden, um Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden, an Obdachlose und verarmte Rentner auszugeben. Diese Menschen hätten bedauerlicherweise in der Regel keine Perspektive mehr, dass sich ihre Situation ändere. Anders die Flüchtlinge: Hier bestehe die Bedürftigkeit in der Perspektive nur während des laufenden Asylverfahrens und der sich daran anschließenden Arbeitssuche.

Mit seinen Warnungen stand der CSU-Abgeordnete nicht allein: Auch das Bayerische Rote Kreuz wies laut Hoffmann bereits Ende 2015 darauf hin, dass es „sozialen Unfrieden“ gebe, wenn Asylbewerber gegenüber Einheimischen bevorzugt würden, indem man sie zusätzlich zur Auszahlung von Geldleistungen auch noch zu den Tafeln gehen lasse. Und schon damals gab es Berichte über ähnliche Zustände wie heute in Essen. „Mittlerweile sind 70 Prozent der Kunden Personen mit Migrationshintergrund“, sagte Kurt Deeg, Vorsitzender der Würzburger Tafel, in der Mainpost. Langsam stoße die Tafel an ihre Kapazitätsgrenze. „Wir sind kurz vor einem Aufnahmestopp.“

„Ich möchte nicht, dass die Tafeln überfordert sind und dass Schwache gegen Schwache ausgespielt werden könnten“, erklärte Hoffmann damals vorausschauend. Die Zustände an der Essener Tafel hätten seine Befürchtungen bestätigt, sagt der CSU-Abgeordnete heute. „Viele der angestammten Tafel-Kunden haben zunehmend den Eindruck, an den Rand gedrängt zu werden.“