Mit der Seilbahn zur Rest-Baustelle: eröffnete Gipfelstation auf der Zugspitze. (Foto: Bayerische Zugspitzbahn)
Alpen

Rekordbahn zum Gipfel

Die neue Hightech-Seilbahn auf die Zugspitze hat eröffnet. Die Garmischer Skilegende Rosi Mittermaier zeigt sich begeistert vom "Jahrhundertbauwerk". Wirtschaftsministerin Ilse Aigner lobt die Strahlkraft für den Fremdenverkehr im Freistaat.

Die Gold-Rosi stapft durch den Schnee auf der Aussichtsterrasse der Zugspitz-Gipfelstation. Rote Skijacke, schwarze Termo-Hose, vor ihr das Alpenpanorama. Ganz hinten am Horizont schimmert die Marmolada in den Dolomiten in der gleißenden Wintersonne, weiter westlich der Piz Palu in der Schweiz. Wintersportlegende Rosi Mittermaier blinzelt, nimmt die Pracht gelassen. „Der Ausblick ist der Gleiche geblieben“, stellt sie fest. Etwas Besonderes sei es dagegen, „bei der Jungfernfahrt auf so ein Jahrhundertbauwerk dabei zu sein“. Dann geht die mehrfache Olympiasiegerin und Weltmeisterin, die mit ihrem Mann Christian Neureuther in Garmisch-Partenkirchen lebt, lieber in die Espresso-Bar im Gebäude. Minus 6 Grad sind auch bei Spitzen-UV-Bestrahlung arg frisch.

In zehn Minuten auf Bayerns höchsten Berg

Zusammen mit 400 Ehrengästen ist die 67-Jährige am späten Vormittag auf Deutschlands höchsten Gipfel gekommen. Mit der neuen, 50 Millionen Euro teuren Seilbahn, die es an diesem Donnerstag einzuweihen gilt. Ein Prestigeprojekt, an dem die Bayerische Zugspitzbahn seit acht Jahren arbeitet. Eine eindrucksvolle Konstruktion ist es geworden, bei der 150 Tonnen schwere Stahlseile die elegant geformten Passagierkabinen über die weltweit höchste Stahlbaustütze von 127 Metern hinauf befördern. Unten in der Talstation in Grainau fährt der Bahnsteig jeweils hin und her, wenn rechts respektive links eine der beheizten Kabinen einfährt. Den Rekord-Höhenunterschied von 1945 Metern nach oben zur Gipfelstation schaffen die Gondeln in rund zehn Minuten.

Eine spektakuläre Ankunft, denn pünktlich zum Segen des Münchner Kardinals Reinhard Marx ist die Wolkendecke über dem Berg aufgerissen. „Wer Bayern vom Ausland aus sieht, hat die Zugspitze vor Augen“, preist Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Deshalb strahle die neue Pendelbahn auf den gesamten Fremdenverkehr im Freistaat aus. Jedes Jahr besuchen 550.000 Gäste die Zugspitze. Wetterfeste Skifahrer und Snowboarder aus der ganzen Welt, auch an diesem Tag kurz vor Weihnachten sausen ein paar auf dem Gletscher über die Pisten. Aber auch zunehmend Amerikaner, Asiaten in oft irritierend berg-ferner Montur – in Turnschuhen und T-Shirt. Infolge des Klimawandels verschieben sich die Gewichte. Sommers kommen inzwischen mehr Touristen herauf als im Winter.

In Bayern haben wir die bestmöglichen Verbindungen in alle Richtungen.

Joachim Herrmann, Verkehrsminister

Eine „wichtige Investition“ der Zugspitzbahn also, die ohne staatliche Fördermittel ausgekommen sei, wie Aigner betont. Rund 750 Millionen Euro werden in Bayern mit Seilbahnen umgesetzt, rechnet die Ministerin vor. Anfang 2017 habe sie die sehenswerte Gipfelstation am Nebelhorn im Allgäu eröffnet, nun ende das Jahr mit dem Pendant auf der Zugspitze. „Dass das alles in-time geglückt ist, nicht so wie in Berlin, ist eine Glanzleistung“, lobt Aigner in Anspielung auf das endlose Wirrwarr um den Hauptstadt-Flughafen BER. Wobei der Korrektheit halber anzumerken wäre: Ganz fertig ist auch die Zugspitz-Gipfelstation noch nicht.

Zwar fährt jetzt die Seilbahn. Oben in der waghalsigen Behausung aus Stahl, Beton, Glas jedoch stehen hinter Paravents noch immer die Werkzeuge der Bauarbeiter, auf Biertischen halbleere Limoflaschen. Denn der Innenausbau in Bayerns höchstem Gebäude fehlt noch, vor allem die vom Architekten angekündigte „Spitzen“-Gastronomie. Und so steigen die Eröffnungsgäste ein wenig unbehaust treppauf, treppab. Immerhin, in der Kaffee-Bar bekommen Rosi Mittermaier und Christian Neureuther einen warmen Tee und ein Handwärmekisse von der örtlichen Bank.

Von Süd nach Nord, von unten nach oben

Verkehrsminister Joachim Herrmann ist stolz auf sein Land. „In Bayern haben wir die bestmöglichen Verbindungen in alle Richtungen“, ruft er. Ob mit dem neuen ICE-Sprinter in weniger als vier Stunden von München nach Berlin oder mit der neuen Seilbahn in zehn Minuten vom Eibsee zur Zugspitze. Bei den Bauarbeiten hätten die Ingenieure und Arbeiter Wind und Wetter, Eis und Schnee getrotzt und „eine Seilbahn der Superlative“ errichtet.

Im Bereich Perfektion hat sich die Bayerische Zugspitzbahn, eine Tochtergesellschaft der Gemeindewerke Garmisch-Partenkirchen, erkennbar selbst übertroffen. Bei der Eröffnung der Vorgänger-Bahn 1963 war eine der Gondeln noch zweieinhalb Stunden mitten während der Fahrt stehen geblieben. An Bord: der damalige Weihbischof Johannes Neuhäusler. „Solange in der Gondel feststecken, das mach‘ ich nicht mit“, hat der segnende Nachfolger Marx deshalb schon mal resolut dem Garmischer Landrat Anton Speer eingeschärft. Speer sei kraft Amtes dafür verantwortlich, dass er, Marx, im Falle einer Havarie nicht untätig in der Luft hänge. Zur Eröffnung bringt dem Gottesmann deshalb der irdische Lokalpolitiker einen Rucksack mit. Darin: Ammergauer Heulikör, Ettaler Klosterbier, Wurst, Käse, Brot.

Soviel Negatives, wenn in Deutschland gebaut wird. Da ragt die Zugspitze positiv heraus.

Rosi Mittermaier, Skilegende

Eine Randnotiz, die dem Termin auf dem Berg eine entspannt-bayerische Note verleiht. Der Erzbischof schafft es aber sowieso ohne längeren Zwischenhalt nach ganz oben. Dort erwartet ihn eine Brotzeit mit Brezen und Obazdem. An einem Tisch in der Espresso-Bar auf 2962 Metern Höhe hat sich auch das Skilegenden-Paar Neureuther/Mittermaier mit Bekannten niedergelassen. Oma Rosi erzählt den Freunden von der gerade erst zwei Monate alten Tochter ihres Sohnes, Slalom-Ass Felix Neureuther. Nach einer Weile fragt sie den Opa: „Christian, was mach’ma jetzt?“ Der schaut sie an: „Wieder runterfahren.“

Die technischen Daten der neuen Zugspitzbahn:

Länge: 4466,90 Meter
Höhendifferenz: 1945,25 Meter
Bergstation: 2943,75 Meter über dem Meeresspiegel
Talstation: 998,50 Meter über dem Meeresspiegel
Fahrgeschwindigkeit: 10,6 Meter pro Sekunde, 8,5 Meter pro Sekunde bei der Stützenüberfahrt
Kabinenkapazität: 120 Fahrgäste plus 1 Fahrgastbegleiter
Förderleistung: 580 Personen pro Stunde
Höhe der einzigen Stahlstütze: 127 Meter
Antrieb: In der Talstation zwei Motoren mit je 900 kW Nennleistung