Demonstrant mit Plakat gegen den Gedenkmarsch rechter Gruppen zum 30. Jahrestag vom Tod von Adolf Hitler im August 2017. (Bild: Imago/IPON)
Radikalismus

Entschlossen gegen rechts

"Vorbeugen, Unterstützen, Eingreifen" - so lautet das Motto der bayerischen Staatsregierung im Kampf gegen Rechtsextremismus. "Wir handeln entschlossen für unsere Freiheit und Demokratie", sagte Innenminister Joachim Herrmann.

Bayerns Staatsregierung will den Kampf gegen den Rechtsextremismus intensivieren. Das Kabinett verabschiedete dazu eine überarbeitete Fassung des Handlungskonzeptes aus dem Jahr 2009. „Vorbeugen, Unterstützen, Eingreifen“, erläutert Innenminister Joachim Herrmann die zentralen Begriffe der Strategie gegen Rechtsextremismus. „Vorbeugen durch allgemeine Demokratieerziehung, Wertebildung und Prävention, Unterstützen durch Beratung und Deradikalisierung sowie Eingreifen durch Beobachten und Repression. Wir handeln entschlossen für unsere Freiheit und Demokratie“, so der Minister.

Wir müssen unsere Demokratie und unser Werteverständnis vermitteln.

Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister

Wir mussten erkennen, dass sich das Erscheinungsbild des Rechtsextremismus deutlich gewandelt hat“, begründet Staatskanzleiminister Marcel Huber die Neufassung des Konzeptes. Laut Huber sind etwa Glatzen und Springerstiefel keine eindeutigen Erkennungsmerkmale mehr: „Wir müssen uns mit allen Maßnahmen immer wieder auf die neuen Erscheinungsbilder einstellen“. Rechtsextreme würden immer mehr die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen und im Internet für sich werben. Darauf gelte es besser zu reagieren.

Anstieg rechter Straftaten

Bayernweit wurden im vergangenen Jahr knapp 2.400 rechtsextremistisch motivierte Straftaten registriert – der höchste Wert seit fünf Jahren. Grund dafür ist insbesondere der Anstieg fremdenfeindlicher und antisemitischer Delikte. Von den rund 2.200 in Bayern bekannten Rechtsextremisten werden circa 1.000 als gewaltbereit eingeschätzt. Das größte Gewaltpotenzial geht von Neonazis und Skinheads aus. Die meisten ihrer Gewalttaten sind Körperverletzungsdelikte.

Das Innenministerium hat nun in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium, dem Kultusministerium sowie dem Sozialministerium die Strategie gegen rechts überarbeitet und auf aktuelle Entwicklungen ausgerichtet. Im Mittelpunkt steht das Drei-Säulen-Konzept „Vorbeugen – Unterstützen – Eingreifen“.

Drei Säulen gegen Radikalisierung

Vorbeugen: Mit  Präventionsarbeit soll verhindert werden, dass es überhaupt zu menschenverachtenden Einstellungen oder einem Radikalisierungsprozess kommt. „Wir müssen unsere Demokratie und unser Werteverständnis vermitteln, um sie gegen extremistische Strömungen zu verteidigen“, sagt Herrmann. Im Vordergrund stehe dabei die Weiterentwicklung der Präventionsarbeit in der Schul- und Erwachsenenbildung, der Medienbildung, der Öffentlichkeitarbeit des Landesamts für Verfassungsschutz sowie in der Aus- und Fortbildung an den Schulen und bei der Polizei.

Beratung für Opfer, Angehörige und Zeugen

Unterstützen: Die zweite Säule beinhaltet umfangreiche Beratungsangebote und Deradikalisierungsmaßnahmen. In eigens eingerichteten Opferberatungsstellen sollen die Opfer rechtsextremistischer Gewalt, Angehörige und Zeugen Unterstützung erhalten. Eltern können eine auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Beratung, vertraulich und auf Wunsch auch anonym in Anspruch nehmen. Regionalbeauftragte für Demokratie und Toleranz sollen Beratungsgespräche mit Lehrern, Eltern oder betroffenen Jugendlichen führen. Kommunen können sich an die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) wenden, um Rat einzuholen, wie sie rechtsextremistischer Agitation vor Ort begegnen können.

Rechtsextremistisch motivierte Straftäter werden bei uns von Polizei und Sicherheitsbehörden verfolgt und mit aller Härte des Rechtsstaats bestraft.

Joachim Herrmann

Eingreifen: Nicht alle menschenverachtenden, rassistischen oder fremdenfeindlichen Äußerungen und Handlungen lassen sich durch vorbeugende oder unterstützende Maßnahmen verhindern. Deshalb setzt der Freistaat weiterhin auf konsequentes Einschreiten gegen Extremisten und politisch motivierte Straftaten als dritte Säule seines Handlungskonzepts. „Potenzielle Bedrohungen hat der Verfassungsschutz im Blick. Rechtsextremistisch motivierte Straftäter werden bei uns von Polizei und Sicherheitsbehörden verfolgt und mit aller Härte des Rechtsstaats bestraft“, sagt der Innenminister.

Rechtsextremismus hat verschiedene Ausprägungen:

Parteien kämpfen um Einfluss in Parlamenten. Ideologen versuchen, rassistisches und nationalistisches Gedankengut intellektuell zu verpacken. Antisemiten schreiben der Existenz von Juden die Ursache aller Probleme zu. Neonazis bekennen sich offen zum Nationalsozialismus und treten aggressiv und kämpferisch auf. Daneben versuchen sie durch die Gründung von Tarnorganisationen, ihre wahren Absichten zu verschleiern. Kennzeichnend für alle rechtsextremistischen Strömungen sind die übersteigerte Betonung der Nation sowie ein autoritäres Denken, das die „Volksgemeinschaft“ über das Individuum stellt. Gemeinsames Ziel ist die Abschaffung zentraler Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, beispielsweise das Recht auf Wahlen.