Chinas Griff nach der Macht: Expansion um jeden Preis? (Bild: imago/Travel-Stock-Image)
China

Warnung vor dem Drachen

Europapolitiker befürchten einen wachsenden Einfluss Chinas. Anlässlich des Treffens von Chinas Ministerpräsident mit Amtskollegen aus 16 mittel- und osteuropäischen Staaten in Budapest mahnte EVP-Fraktionschef Manfred Weber mehr Geschlossenheit an.

Beim sechsten Treffen von Chinas Ministerpräsident Li Keqiang mit Amtskollegen aus 16 mittel- und osteuropäischen Staaten in Budapest geht es um gemeinsame Infrastrukturprojekte, die wohl auch Teil der „Neuen Seidenstraßen„-Planung Chinas sind. Es geht auch um Zusammenarbeit in den Bereichen Konnektivität, Handel und Investitionen, Finanzen, grüne Wirtschaft und technologische Innovationen. Ziel ist zudem ein neues Grundsatzdokument und der Austausch über internationale Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse. Doch vor dem China-Mittel-Ost-Europa-Gipfel „16+1“ warnen insbesondere deutsche Politiker vor den Hintergedanken des chinesischen Engagements. Sie befürchten, das Land könne wie Russland gezielt eine Spaltung der EU betreiben. Darum sollten chinesische Investitionen in Europa genauer überprüft werden.

Gemeinsam Stärke zeigen

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber hob zwar die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit mit China hervor. „Europa und China tragen eine immer größere gemeinsame Verantwortung für die Weltgemeinschaft“, sagte Weber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) mahnte aber auch eine gegenüber Peking geschlossen auftretende EU an: „Die Europäische Union muss, wenn es drauf ankommt, als Gemeinschaft auftreten. Nur so haben wir das nötige Gewicht, um unsere Vorstellungen gegenüber der zunehmend selbstbewussten chinesischen Staatsführung durchzusetzen.“

Die Europäische Union muss, wenn es drauf ankommt, als Gemeinschaft auftreten.

Manfred Weber, CSU, EVP-Fraktionschef

Auch der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange warnte: „Chinas Investitionen in Osteuropa bergen die Gefahr einer zunehmenden Spaltung der EU.“ Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament weiter: „Es ist zu befürchten, dass sich China mit seiner Unterstützung für osteuropäische Länder mittelbar Einfluss auf die europäische Politik erkauft.“ Der SPD-Politiker forderte deshalb ebenfalls, bei Geldflüssen aus China künftig genauer zu kontrollieren. „EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten müssen prüfen, welchen Zielen chinesische Investitionen in Europa folgen.“ Oft untergrabe Chinas wirtschaftliches Engagement europäische Werte und Prinzipien.

Zu Gast in Ungarn

Li Keqiang traf bereits am Sonntag auf den Gastgeber, Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. In einem Gastbeitrag für die Hungarian Times schrieb der chinesische Ministerpräsident, die „16+1“-Kooperation wachse und habe sich in den vergangenen fünf Jahren stetig verbessert. Dies habe etwa mit Ungarn zu außerordentlichen Leistungen in den Bereichen Investitionen, Finanzen und Landwirtschaft geführt.

Der China-Mittel-Ost-Europa-Gipfel (16+1)

findet seit 2012 jährlich statt. An dem Treffen nehmen elf EU-Staaten teil: Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Rumänien, Slowenien und die Slowakei. Auch fünf Nicht-EU-Staaten sind dabei: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien.

Auch in der Wirtschaft versucht China seit Jahren, Einfluss auf Europa zu bekommen. Mit aggressiven Übernahmen schürt die Volksrepublik dabei die Furcht nicht nur vor einem Ausverkauf europäischer Hoch-Technologie, sondern auch vor politischer Einflussnahme – etwa durch die Drohung mit dem Abzug von Arbeitsplätzen. Anfang November warnte zudem der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Zentralverband der europäischen Wirtschaft in China, dass „Parteizellen“ in internationalen Firmen immer mehr Macht anstrebten, um wichtige Entscheidungen im Sinne des kommunistischen Regimes zu beeinflussen. Dies habe auch Auswirkungen auf deutsche Firmen in China.

China Einhalt gebieten

Die Europaabgeordneten, darunter auch Manfred Weber, üben viel Druck auf die EU-Kommission aus, um gegen diese Übernahmen gesetzliche Hürden zu schaffen. „Wir fordern die Europäische Kommission auf, Vorschläge zu machen, wie die europäische Industrie besser vor möglichen unfairen Übernahmen durch chinesische Investoren geschützt werden kann“, sagte Daniel Caspary, handelspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, im März der Zeitung Die Welt. Das Problem: Mitgliedstaaten können ausländische Direktinvestitionen nur dann verhindern, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet sind, also etwa bei Rüstungsunternehmen oder unter Umständen in den Bereichen Telekommunikation, Gesundheit und Wasserversorgung. Die Europaabgeordneten wollen aber zwei weitere Eingriffsmöglichkeiten für ein noch zu bildendes EU-Kontrollgremium:

  • wenn ausländische Unternehmen mit staatlicher Hilfe agieren, das zu Marktverzerrungen führen kann
  • wenn ähnliche Investitionschancen europäischen Unternehmen verwehrt werden

China unterstützt seine Unternehmen mit staatlichen Billigkrediten und verzerrt damit den Wettbewerb, weil die Chinesen auf diese Weise Kaufpreise für Firmen weit über dem Marktwert zahlen können. Außerdem dürfen europäische Unternehmen häufig nicht mehr als 49 Prozent an chinesischen Unternehmen halten und müssen zwangsweise Joint-Ventures eingehen, während umgekehrt China bis zu 100 Prozent an europäischen Unternehmen kaufen kann. Seit Jahren verhandelt die EU mit China über ein umfassendes Abkommen zum Investitionsschutz.

Auf bayerischen Antrag hatte sich der Bundesrat jüngst in einer Entschließung für einen besseren Schutz deutscher Technologien gegen unerwünschte ausländische Firmenübernahmen ausgesprochen. Unter anderem soll der Bund Direktinvestitionen von mehr als 25 Prozent verbieten können, wenn diese nicht vorrangig auf „marktwirtschaftlichen Überlegungen“ basierten. (dpa/RND/Welt/BK)