Bayerns Finanzminister Markus Söder bei der JU-Landesversammlung. (Foto: Wolfram Göll)
Junge Union

Ruck-Rede in Erlangen

Einen Tag, nachdem die Junge Union einen „personellen Neuanfang“ der CSU gefordert hat, empfängt sie Markus Söder begeistert. Dieser wünscht sich eine gemeinsame Lösung für die künftige Aufstellung der Partei: „Es muss ein Ruck durch die CSU gehen.“

„Es muss ein Ruck durch die CSU und ganz Bayern gehen“: Dies hat Bayerns Finanzminister Markus Söder bei der Landesversammlung der Jungen Union (JU) in Erlangen erklärt. Mit Blick auf die Forderung der JU nach einem „personellen Neuanfang“ betonte er, er wolle sich an konstruktiven Lösungen beteiligen. „Für alle vernünftigen Lösungen reiche ich die Hand, denn nur gemeinsam können wir erfolgreich sein.“ Für seine Rede erhielt Söder von den 250 JU-Delegierten minutenlangen heftigen Beifall und „Markus-Markus“-Sprechchöre.

Es geht nicht um Eitelkeiten und Loyalitäten, sondern: Was ist die erfolgreichste und beste Formation für 2018.

Markus Söder

„Was ist die erfolgreichste und beste Formation für 2018?“, darum müsse es in der CSU gehen, betonte Söder – aber erst nach dem Ende der Sondierungen am 18. November. An diesem Tag trifft sich der CSU-Vorstand und die Landtagsfraktion. „Erst wird sondiert, dann wird am 18.11. geredet. Ich bin mir nicht sicher, ob alle den Ernst der Lage verstanden haben.“ Söder mahnte, die Herausforderung der bevorstehenden Landtagswahl müsse „mit Anstand, aber auch mit Ergebnissen“ bewältigt werden. „Es muss uns gelingen, unsere Basis zu motivieren und die Wähler ein Stück weit wieder zu inspirieren“, sagte der Finanz- und Heimatminister.

Seehofer warnt vor Schäden bei Sondierung

CSU-Chef Horst Seehofer warf unterdessen seinen Kritikern vor, mit Rücktrittsforderungen gegen ihn während der laufenden Jamaika-Koalitionssondierung Schaden anzurichten. „Obwohl im Parteivorstand einstimmig beschlossen wurde, dass eine Personaldiskussion während der Gespräche in Berlin nicht erfolgen soll, erlebe ich seit der Bundestagswahl ein ununterbrochenes Trommelfeuer gegen meine Person aus der eigenen Partei“, sagte Seehofer der Bild am Sonntag. „Das ist ohne Frage schädlich.“

„Nach den Sondierungsgesprächen wird es von mir eine klare und deutliche Reaktion geben“, kündigte Seehofer an. Erst einmal lasse er sich von den Angriffen aber in keiner Weise beeinflussen. Er kämpfe „wie ein Löwe in Berlin“, sagte Seehofer. „Die Verhandlungen sind politische Schwerstarbeit. Wir müssen jetzt das Tempo erhöhen. Die Menschen in Deutschland erwarten zurecht endlich Resultate aus den Verhandlungen und die Bildung einer stabilen Regierung.“

Die CSU ist nicht die Partei der Champagner-Etage, sondern der Leberkäs- und der Bratwurst-Etage. Diese Wähler müssen sich bei uns wohlfühlen.

Markus Söder

Auch Söder betonte in Erlangen die zentrale Bedeutung der Jamaika-Verhandlungen für die CSU: „Ich wünsche unseren Leuten, die da oben verhandeln, alles Gute, von Herzen.“ Die Verhandlungen seien „ganz, ganz schwierig.“ Aber der Wunsch, die Verhandlungen „abzubrechen, weil einem das Gesicht von Anton Hofreiter nicht gefällt, ist verständlich, aber nicht verantwortlich“, so Söder.

Söder sieht Glaubwürdigkeitsproblem

Die CSU habe kein Inhalts- oder Programm-, sondern ein Glaubwürdigkeitsproblem, betonte Söder. Der Bayernplan sei super gewesen. „Aber sind wir ganz ehrlich: Die Bürger haben uns nicht zugetraut, dass wir das, was wir sagen, auch wirklich umsetzen. Wir hatten keinen Verlust an Ideen, sondern einen Verlust an Glaubwürdigkeit“, so Söder. Daher gehe es jetzt gar nicht um einen Rechtsruck in den Positionen, sondern darum, wieder an Glaubwürdigkeit zu gewinnen.

Jamaika dürfe keinesfalls dazu führen, dass die CSU an Identität verliere. „Was wollten uns die Wähler sagen? Sicher nicht, dass wir nach links rutschen oder grüner werden sollen.“ Es sei auch wichtig, dass man die Ziele der Regierung auch intellektuell unterfüttert, sagte Söder. „Aber Jamaika darf nicht nur ein Projekt der oberen Schichten werden, sondern der einfachen Menschen.“ Seit Strauß und Stoiber sei immer klar gewesen: „Die CSU ist nicht die Partei der Champagner-Etage, sondern der Leberkäs- und der Bratwurst-Etage. Diese Wähler müssen sich bei uns wohlfühlen“, betonte der Finanzminister. Unter anderem forderte Söder, dass Krankenschwestern, die die Würde des Menschen, auch Sterbender in Palliativstationen, in ganz besonderer Weise sicherten, deutlich besser bezahlt werden müssten. Die CSU sei nicht nur liberal und konservativ, sondern eben auch christlich-sozial.

Politik mit Handschlag-Qualität gefordert

Gleichzeitig sei auch klar, dass der Großteil der Wähler „ein Weniger an Zuwanderung“ wolle, sagte Söder. Viele materiell schlechter gestellte Einheimische sorgten sich: „Warum ist es ein Staatsakt, Kleinstbeträge für mein Leben aufzubringen, und für Flüchtlinge sind plötzlich Milliarden da?“ Die Einigung zwischen CDU und CSU eine Woche nach der Bundestagswahl auf eine Obergrenze von 200.000 Zuwanderer pro Jahr lobte Söder. „Aber das hätten wir ehrlicherweise schon vor einem Jahr haben können“.

Direkt kritisierte Söder die Wahlkampftaktik der CDU-Chefin Merkel: „Ich kann es nicht mehr hören: Asymmetrische Demobilisierung. Die Strategie kann doch nicht sein, am Ende gar kein Profil mehr zu haben in der Hoffnung, dass die anderen auch keines mehr haben.“ Vielmehr müssten die CSU und vor allem die CDU wieder klarmachen, „wofür wir stehen, damit die Wähler wissen, was sie bekommen“. Söder forderte: „Statt einschläfernder Fernsehduelle ist es wichtig, dass wir Politik mit Handschlag-Qualität entwickeln.“

Neue Umfrage: CSU bei 37 Prozent

Unterdessen wurde bekannt, dass die CSU bei der Wählergunst weiter verliert. In einer repräsentativen Insa-Umfrage für Bild würden derzeit nur 37 Prozent der Wähler in Bayern bei einer Landtagswahl für die CSU stimmen. Die SPD käme auf 17 Prozent, drittstärkste Kraft wäre die AfD mit 13 Prozent. Die Grünen könnten mit 10 Prozent der Stimmen rechnen, Freie Wähler und FDP mit jeweils 8 Prozent. Damit könnte die CSU nicht mehr alleine im Freistaat regieren.