Immer mehr Schüler werden in Zukunft einen Migrationshintergrund haben. (Bild: Imago/Gerhard Leber)
Einwanderung

18,6 Millionen mit Migrationshintergrund

Das Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes ist da: Auf rund 700 Seiten gibt es Zahlen und Daten über das Land. Natürlich im Mittelpunkt des Interesses ist dabei die Migrationsstatistik, die schon im Juli veröffentlicht wurde.
Inzwischen leben laut Mikrozensus 18,6 Millionen Einwohner mit Migrationshintergrund in Deutschland, von insgesamt 82,4 Millionen. Das ist ein Anstieg um 4,36 Millionen Einwohner mit Migrationshintergrund seit 2005. Die 18,6 Millionen stellen heute umgerechnet 22,5 Prozent aller Einwohner, 2005 waren es nur 17,5 Prozent. Von den 18,6 Millionen haben 9,61 Millionen einen deutschen Pass, wovon wiederum 4,47 Millionen hierzulande geboren wurden.

Wer hat einen Migrationshintergrund?

Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Vertriebene des Zweiten Weltkriegs und deren Nachkommen zählen nicht dazu, Spätaussiedler schon. Asylbewerber wurden in die Statistik nicht einbezogen, weil sie mehrheitlich in Aufnahmeeinrichtungen leben, aber nur Privathaushalte befragt werden können.

Der Anteil steigt weiter

Auffällig ist, dass sich die Zahl künftig noch deutlich erhöhen dürfte, weil der Migrationsanteil bei jüngeren Einwohnern immer mehr ansteigt. 38,1 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren haben Migrationshintergrund, 37,2 Prozent aller Kinder zwischen 5 und 10 Jahren sowie 34,1 Prozent aller Kinder zwischen 10 und 15 Jahren. Das dürfte sich insbesondere in den Klassenzimmern der Großstädte künftig noch deutlicher abbilden und zu noch mehr Klassen führen, in denen die Deutschen in der Unterzahl sein werden.
Bei allen Personen mit Migrationshintergrund kamen 15 Prozent aus der Türkei, zehn Prozent aus Polen, weitere 7 Prozent aus der Russischen Föderation, je 5 Prozent aus Kasachstan und Italien, 4 Prozent aus Rumänien, bereits 3 Prozent aus Syrien. Die Bedeutung anderer Erdteile als Europa ist in den letzten fünf Jahren generell gestiegen. Mittlerweile haben 2,3 Millionen Menschen in Deutschland ihre Wurzeln im Nahen und Mittleren Osten. Das ist ein Zuwachs gegenüber 2011 von fast 51 Prozent. Afrika gewinnt ebenfalls an Bedeutung. Rund 740.000 Menschen sind afrikanischer Herkunft, das sind gut 46 Prozent mehr als im Jahr 2011.

Genauere Daten liefert das Ausländerzentralregister

Es gibt noch eine Statistik, die sich auf das Ausländerzentralregister und nicht auf den Mikrozensus stützt. Hier liegt die Zahl der Ausländer ohne deutschen Pass um rund 1,07 Millionen höher, nämlich bei 10,03 Millionen (Zensus: 8,96 Millionen). Warum das so ist, wird noch analysiert, es liegt aber wohl an den Asylbewerbern, die noch nicht im Mikrozensus auftauchen. Dort werden nur Privathaushalte befragt.
Nimmt man also das Ausländerzentralregister, sieht die Situation so aus: 70,5 Prozent der hier lebenden Ausländer kamen aus Europa, darunter 42,6 Prozent aus Ländern der Europäischen Union, die hier ihre Rechte auf Niederlassungsfreiheit und freien Personenverkehr nutzen. Das sind 4,3 Millionen im Laufe der Jahrzehnte, meist aus Ost- und Südeuropa. Dazu kommen die, die hier als Kinder von EU-Einwanderern geboren wurden. Die größte Gruppe von EU-Bürgern stellen dabei mit 783.000 die Polen, das sind 7,8 Prozent aller Ausländer ohne deutschen Pass hierzulande. Es folgen Italiener mit 611.000 Einwohnern (6,1 Prozent), danach 533.000 Rumänen (5,3 Prozent), 348.000 Griechen (3,5 Prozent) und 332.000 Kroaten (3,3 Prozent).
Das Feld der sonstigen Ausländer sieht nach dem Ausländerzentralregister so aus: Die meisten Einwanderer kamen hier aus der Türkei, die mit fast 1,5 Millionen Personen allein 14,9 Prozent aller Personen mit Migrationshintergrund stellen. Das ist jedoch ein Rückgang um 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dahinter folgen 637.845 Syrer (6,4 Prozent aller Personen mit Migrationshintergrund), 253.485 Afghanen (2,5 Prozent), 245.380 aus der Russischen Föderation (2,4 Prozent), 227.195 Iraker (2,3 Prozent), 223.100 Serben (2,2 Prozent) und 202.905 Kosovaren (2,0 Prozent). Auffallend im Vergleich zum Vorjahr 2015: Die Zahl der Afghanen nahm um 92,8 Prozent zu, die der Syrer um 74,0 Prozent und die der Iraker um 66,6 Prozent. Auch die Ertitreer nahmen um 49,2 Prozent auf insgesamt 59.800 zu.

Der Anteil in den Bundesländern

Unter den Bundesländern haben Bremen 30,5 Prozent, Hessen mit 30,2 Prozent und Hamburg mit 30,0 Prozent die prozentual größte Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Dahinter folgen Baden-Württemberg mit 29,7, Berlin mit 28,0, Nordrhein-Westfalen mit 27,2 und Bayern mit 22,9 Prozent. Thüringen hat mit 6,0 Prozent die wenigsten Einwohner mit Migrationshintergrund. Auch die anderen vier neuen Bundesländer haben nicht mehr als 6,5 Prozent.

Deutsche Auswanderer

Die meisten deutschen Auswanderer zog es im Jahr 2015 (neuere Daten gibt es nicht) in die Schweiz, nämlich 18.300, gefolgt von den Vereinigten Staaten (13.400) und Österreich (10.200). Großbritannien mit seinem Finanzzentrum London brachte es 2015 noch auf 8900 deutsche Einwanderer und kam damit auf Platz vier der Hitliste. Es wird aber erwartet, dass die Zahl als Folge der Brexit-Entscheidung vom 23. Juni 2016 künftig deutlich sinken wird.

Der Mikrozensus

ist eine Stichprobenerhebung, bei der jährlich rund 1 % der Bevölkerung in Deutschland befragt wird. Ab dem Berichtsjahr 2016 wurde die Stichprobe des Mikrozensus auf eine neue Grundlage umgestellt. Damit basiert die Stichprobe erstmalig auf den Daten des Zensus 2011. Durch diese Umstellung ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse des Mikrozensus 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt.