Symbol der Unterdrückung: Die Burka. (Bild: Imago/Sven Simon)
Burkaverbot

Österreich als Vorbild?

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer verlangt ein Schleier-Verbot wie in Österreich auch hierzulande: "Ein Verbot ist möglich und notwendig. Das deutsche Verbötchen zur Vollverschleierung muss so wie in anderen Ländern Europas ausgeweitet werden."

„Wir geben unsere Identität nicht auf, sondern sind bereit, dafür zu kämpfen. Die Burka gehört nicht zu Deutschland“, sagte Scheuer der Passauer Neuen Presse. Bedenken gegen ein Verbot nach österreichischem Vorbild hat CSU-Innenexperte Stephan Mayer (CSU). „Was das Burka-Verbot anbelangt, haben wir bereits vor wenigen Monaten ein Gesetz verabschiedet, das die Vollverschleierung bei jeglichem Kontakt mit Bundesbehörden und Bundesgerichten verbietet. Mehr ist dem Bund an Regelungszuständigkeit nicht gegeben“, sagte er.

In Österreich ist seit 1. Oktober das Verhüllen des Gesichts verboten. Darunter fallen Burka und Nikab, aber auch Atemschutzmasken und außerhalb der närrischen Zeit Faschingsmasken. Die Gesichtszüge vom Kinn bis zum Haaransatz müssen in der Öffentlichkeit erkennbar sein. Das Gesetz wurde unter anderem mit Sicherheitsaspekten, dem offenen gesellschaftlichen Miteinander und dem Schutz muslimischer Frauen vor Unterdrückung begründet.

Kontrollen in Österreich

„Es ist wichtig, dass wir unsere Werte aktiv vorleben. Es darf nicht sein, dass Frauen zum Tragen einer Burka oder einem Nikab gezwungen werden“, so begründete der neue ÖVP-Chef und österreichische Außenminister Sebastian Kurz das Verbot. Am Beispiel des Schwimmunterrichtes hatte er in einer TV-Sendung erläutert, was er von Zuwanderern fordert: „Ich glaube, Integration kann nur funktionieren, wenn man bereit ist, sich auch auf das Land, in dem man leben möchte, einzulassen.“

Ich glaube, Integration kann nur funktionieren, wenn man bereit ist, sich auch auf das Land, in dem man leben möchte, einzulassen.

Sebastian Kurz

Mit Schwerpunktkontrollen auf dem Flughafen Wien und Ermahnungen hat die Polizei in Österreich den ersten Tag des neuen Gesichtsverhüllungsverbots begleitet. Nach Angaben der Behörden gab es kaum Anlass, gesetzlich mögliche Strafen von bis zu 150 Euro auszusprechen. Die ganz wenigen Fluggäste, die mit Atemschutzmasken auf dem Airport angetroffen worden seien, hätten diese anstandslos abgenommen.

Auch in dem bei arabischen Touristen beliebten Zell am See im Salzburgerland gab es keine Probleme. Unter den in der Sommersaison Zehntausenden arabischen Gästen um sind Burka oder Nikab die Ausnahme. Der Bürgermeister Peter Padourek sah keine negative Folgen für die vom Tourismus lebende Gemeinde. Das zeigten Erfahrungen in anderen Ländern.

Deutschlands Verbote

Das „Gesetz zu bereichsspezifischen Regelungen der Gesichtsverhüllung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“ in Deutschland verbietet seit 15. Juni Richterinnen, Beamtinnen oder Soldatinnen bei Ausübung ihres Dienstes oder bei „Tätigkeiten mit unmittelbarem Dienstbezug“ das Tragen von Nikab oder Burka. Auch das Personalausweisgesetz änderte sich. Jede Person muss nun durch den Abgleich ihres Passfotos mit ihrem Gesicht identifiziert werden.

Burka und Nikab sind mit Menschenwürde und Gleichberechtigung von Mann und Frau unvereinbar.

Winfried Bausback

Bayern hat seit 1. August das Gesetz mit einer eigenen Regelung erweitert auf Hochschulen, Schulen und Kindergärten – auch Schülerinnen ist die Verschleierung untersagt. Mitauslöser für die Debatte war eine Muslimin, die 2016 mit Gesichtsschleier vor dem Münchner Landgericht als Zeugin aussagen wollte. Der Richter lehnte ab, weil er die Mimik der Klägerin nicht bewerten könne.

Hessen und Nordrhein-Westfalen wollen mit eigenen Gesetzen nachziehen. Niedersachsen will als Reaktion auf den Fall einer vollverschleierten Schülerin die Verhüllung an Schulen verbieten.

Bausback warnt

Bayerns Justizminister Winfried Bausback hat wiederholt das Burkaverbot unterstützt: „Burka und Nikab sind mit Menschenwürde und Gleichberechtigung von Mann und Frau unvereinbar.“ Anfang Juni warnte Bausback auf Facebook: „Wie der Philosoph Sir Karl Popper im Paradoxon der Toleranz formulierte: die Toleranz darf nicht so auf die Intoleranz erstreckt werden, dass letztlich die Toleranz und mit ihr die Toleranten verschwinden.“

Dem Evangelischen Pressedienst sagte er, eine Frau werde „durch einen solchen Gesichtsschleier nicht nur ihrer Individualität beraubt“, sondern auch weitestgehend ihrer Kommunikationsfähigkeit. Gerade aber der offene Dialog sei ein Wesensmerkmal des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates. Dies habe auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) so gesehen.

Auch mit Kopftüchern gebe es ein Spannungsfeld, so Bausback Ende 2016 in der FAZ. Etwa bei einer Rechtsreferendarin, „die im Gerichtssaal mit Kopftuch auftreten will, obwohl damit der fatale Eindruck einer religiös motivierten, von der Scharia beeinflussten Rechtsprechung entstünde“. Oder bei einer Lehrerin, „die im Klassenzimmer mit Kopftuch unterrichten will, auch wenn Eltern, Kinder und Schulleitung das ablehnen“. Vollverschleierung sei jedenfalls unangebracht. „Warum soll es schützenswert sein, dass jemand in der Öffentlichkeit sein Gesicht verbirgt, sich ausgrenzt und entindividualisiert? Was ist das für ein schützenswertes Verständnis von Freiheit und Gleichberechtigung, wenn eine Frau voll verschleiert durch die Innenstadt läuft, während der Mann neben ihr kurze Hosen und T-Shirt trägt?“ Da nur wenige islamische Gelehrte die Vollverschleierung überhaupt aus dem Koran herauslesen würden, zähle sie in jedem Fall nicht zum schützenswerten Kernbereich dieser Religion.

Andere Länder

Ein Burkaverbot gibt es bereits seit 2011 in Frankreich und Belgien sowie seit 2016 im Schweizer Kanton Tessin, viele andere Länder diskutieren darüber. In der Schweiz wird ein Volksentscheid darüber stattfinden.

Der EGMR hat in zwei Urteilen entschieden, dass ein Verbot der Vollverschleierung rechtens ist. Für ein Miteinander sei es unerlässlich, dem Anderen ins Gesicht schauen zu können. Ein Verbot sei daher sogar „notwendig für eine demokratische Gesellschaft“. Auch Sicherheitsgründe sprächen für das Verbot, da es die „Rechte und Freiheiten“ von Dritten schütze. Ein Erlass sei aber Sache der EU-Mitgliedsstaaten.