Manuela Schwesig mit Ehemann Stefan und den Kindern Julian und Julia vor ihrer Wahl zur Ministerpräsidentin Anfang Juli. (Foto: Imago/Nordlicht)
Bildung

Einheitsschule? Nein Danke!

Die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem: Die Befürworterin einer Einheits-„Regionalschule“ für alle Kinder schickt ihr eigenes Kind auf eine Privatschule.

Wasser predigen und Wein saufen: So lässt sich die Kritik zusammenfassen, die derzeit auf SPD-Vize Manuela Schwesig niederprasselt. Die Neu-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern schickt ihr älteres Kind, Sohn Julian (10), zum Start der fünften Klasse auf eine Privatschule – obwohl ihre Partei eine Einheitsschule für alle Kinder anstrebt. Mehrere Lehrerverbände, die Landtags-Opposition sowie zahlreiche Facebook-Nutzer nehmen die Ministerpräsidentin ins Visier.

Schwesigs Entscheidung ist deshalb politisch heikel, weil die Regierungschefin damit das von der SPD unterstützte Konzept vom „längeren gemeinsamen Lernen“ an einer staatlichen „Regionalschule“ umgeht – der mecklenburg-vorpommerschen Art der Einheitsschule bis Klasse 6. Bei vielen Eltern, die für ihre Kinder das Gymnasium und das Abitur anstreben, gilt das als umständlich, weil dabei innerhalb von zwei Jahren zwei Schulwechsel nötig werden. Außerdem drohen die anderen Schularten auszubluten, weil ihnen die unteren Jahrgangsstufen fehlen, so die Kritiker.

Schwesig setzt „fatales Signal“

Schwesigs Entscheidung sei ein „fatales Signal“ und offenbare die Mängel und Lücken im staatlichen Schulsystem, kritisiert die Fraktionschefin der Linken im Landtag, Simone Oldenburg. Über Jahre hinweg seien öffentliche Schulen in Mecklenburg-Vorpommern kaputtgespart und Schulleitungen ans Gängelband gelegt worden. Wenn Schwesig nun ihr Kind auf eine Privatschule schicke, drücke dies auch mangelndes Vertrauen in das von ihr als Regierungschefin verantwortete staatliche System aus, so die Linksfraktionschefin.

Die Regierungschefin hat in die öffentlichen Schulen Mecklenburg-Vorpommerns offenbar wenig Vertrauen

Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbandes

Die Vorsitzende der Schulleitungsvereinigung, Heike Walter, sagte, es stelle sich für Lehrer und Eltern die Frage, ob Schwesig doch nicht das Vertrauen in die öffentlichen Schulen habe. Dem NDR sagte Walter: „Ich persönlich hätte das für mich nie gemacht. Das passt nicht zu dem, was ich vertrete – ich vertrete ganz bewusst das staatliche Schulsystem.“ Schwesigs Entscheidung für die Privatschule habe einen „bitteren Beigeschmack“. Auch der Deutsche Lehrerverband kritisiert Schwesigs Schulwahl: „Die Regierungschefin hat in die öffentlichen Schulen Mecklenburg-Vorpommerns offenbar wenig Vertrauen“, sagte Verbandpräsident Heinz-Peter Meidinger der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das sei ein „fatales Zeichen“.

Beide Lehrerverbände betonten aber auch, Schwesig habe – wie alle anderen Bürger – das Recht und die Freiheit zur persönlichen Entscheidung, denn nach der vierten Klasse herrsche freie Schulwahl. Die Linkspartei hakt hier abermals ein und verweist darauf, dass Schwesig ihre Kinder durchaus zur politischen Inszenierung nutze – zuletzt Anfang Juli bei ihrer Wahl zur Ministerpräsidentin im Landtag. Fraktionschefin Oldenburg sagte, deshalb sei es angemessen, wenn jetzt dort genauer hingeschaut werde. Außerdem verrate Schwesig angesichts des nun fälligen Schulgelds von 2.400 Euro jährlich das auch von der SPD vertretene linke Glaubensbekenntnis, dass der Bildungserfolg der Kinder nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen dürfe.

Gescheiterte Schulpolitik

Viele konservative Kritiker, unter anderem in den Sozialen Netzwerken, weisen auf den heiklen ideologischen Hintergrund hin: Die SPD ist – wie auch die Grünen und die Linkspartei – strikte Befürworterin einer Einheitsschule, und SPD-Parteivize Schwesig macht da keine Ausnahme. Die Einheitsschule bringt der linken Bildungsideologie zufolge maximale Gleichheit und damit angeblich maximale „Chancengerechtigkeit“. Ignoriert wird dabei, dass Menschen von Natur aus verschieden und unterschiedlich begabt sind.

Die rot-rot-grüne Einheits-Schulpolitik ist – auch darauf weisen die konservativen Kritiker hin – auf ganzer Linie gescheitert, nicht nur ausweislich der Ergebnisse aller Schulleistungsstudien. Beispielsweise hat Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen ein ungeheures Chaos an den Schulen angerichtet; neben dem Totalversagen bei der Inneren Sicherheit der Hauptgrund für die krachende Wahlniederlage bei der Landtagswahl. Dass eine SPD-Ministerpräsidentin nun die erste Gelegenheit wahrnimmt, ihre Kinder vor der eigenen sozialistischen Schulpolitik zu bewahren, wirft ein besonderes Licht auf den Glauben in die eigene Ideologie.