Einsatzkräfte der bayerischen Polizei nehmen während des G20-Gipfels in Hamburg einen Randalierer fest. (Foto: Imago/Manngold)
Prävention

„Stärke schafft Sicherheit“

Interview CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer erklärt, warum in Bayern die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden besonders gering ist. Den Einsatz der Bundeswehr im Inneren hält der Bundestagsabgeordnete in bestimmten Fällen bereits jetzt für möglich.

Herr Mayer, in Bayern sollen bis 2020 zusätzlich 2000 Polizeistellen geschaffen werden. Bedeuten mehr Sicherheitskräfte auch mehr Sicherheit?

Es geht nicht nur um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger – das wird auch gestärkt durch mehr Präsenz der Polizei vor Ort. Es wirkt auch in präventiver Sicht abschreckend gegenüber Straftätern, beispielsweise Wohnungseinbrechern. Ich bin der festen Überzeugung, dass es eine klare Verbindung gibt zwischen der Stärke und Präsenz der Polizei vor Ort und der Erhöhung der Sicherheit. Zum Beispiel haben wir innerhalb des Bundesgebietes deutliche Unterschiede: Die Wahrscheinlichkeit in Nordrhein-Westfalen Opfer eines Wohnungseinbruches zu werden, ist fünfmal so hoch wie in Bayern. Das liegt meiner Ansicht nach darin, dass die bayerische Staatsregierung dem Thema Innere Sicherheit schon seit vielen Jahren einen hohen Stellenwert einräumt.

Nach dem Attentat in Hamburg werden die Debatten laut um eine schärfere Abschiebepraxis. Wie können extremistische Gefährder aus dem Verkehr gezogen werden, bevor sie ihre Taten begehen?

Wir haben nach langen Verhandlungen unseren Koalitionspartner dazu bringen können, dem Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht zuzustimmen. Das Gesetz erleichtert, Ausreisepflichtige, von denen eine erhebliche Gefahr ausgeht – wie beispielsweise im Fall des Täters Anis Amri – einfacher in Abschiebehaft zu nehmen, zu überwachen und von dort aus abzuschieben. Wir haben auch die Vorratsdatenspeicherung zumindest in einem ersten Schritt wieder eingeführt. Man muss bei allem aber auch immer darauf hinweisen: Es gibt keine hundertprozentige Möglichkeit, terroristisch motivierte Anschläge in Deutschland zu verhindern. Für mich hat dabei Priorität, was auch der bayerische Innenminister seit vielen Wochen vorantreibt. Wir müssen die Rechtslage auf Bundesebene so anpassen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz im Einzelfall auch unter 14-jährige Islamisten überwachen und kontrollieren kann. Wir hatten Ende letzten Jahres in Ludwigshafen den Fall, dass ein 12-Jähriger sich radikalisiert und einen Bombenanschlag auf einen Weihnachtsmarkt geplant hat. Hier ist es dringend notwendig, dass wir mit den Mitteln des Verfassungsschutzes eingreifen können.

Warum unterstützen Sie den Einsatz der Bundeswehr auch im Inneren und ist das nach aktueller Rechtsgrundlage überhaupt möglich?

Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist dann erforderlich, wenn die Polizei nicht mehr in der Lage ist, adäquat mit einer großflächigen und beispielsweise auch über mehrere Tage andauernden Terrorgefahr umzugehen. Die Verfassungslage gibt das her, es bedarf meiner Meinung nach auch keiner Grundgesetzänderung. Das Verfassungsgericht hat klar festgestellt, dass schon nach der heutigen Verfassungslage die Bundeswehr bei großflächigen Gefahrenereignissen zur Unterstützung der Sicherheitskräfte im Einzelfall zum Einsatz kommen kann.

Welche Antworten muss die Politik auf die Ängste der Menschen vor Terroranschlägen in Deutschland geben?

Es gibt überhaupt keinen Grund, seine Lebensform zu ändern, Lebensgewohnheiten über Bord zu werfen, beispielsweise den Besuch von Sportgroßveranstaltungen oder Open-Air-Konzerten. Auch wenn Deutschland genauso wie Großbritannien, Frankreich oder Belgien im Fokus des islamistischen Terrorismus steht, gibt es auch keinen Grund öffentliche Plätze zu meiden. Der Besuch aktueller Großveranstaltungen zeigt doch: Die Sicherheitskräfte ergreifen sehr professionell, unaufgeregt und umsichtig die Taschen- und Personenkontrollen. Ich verstehe dies als einen aufgeklärten Umgang der Bevölkerung mit der erhöhten Sicherheitsgefährdung in unserem Land.

Bayern gilt als sicherstes Bundesland – wie setzen Sie sich dafür ein, dass ganz Deutschland auf bayerisches Sicherheitsniveau kommt?

Indem ich bei jeder Gelegenheit darauf hinweise, dass Deutschland ein sicheres Land ist, aber dass noch mehr Sicherheit geht, insbesondere wenn man von Bayern lernt. Bayern hat die geringste Kriminalitätsquote bezogen auf die Bevölkerung und die höchste Aufklärungsrate trotz eines erheblichen Zuzuges – allein zwei Millionen innerhalb der letzten 25 Jahre. Also kann ich nur an alle anderen Landeshauptstädte appellieren, dass man sich von Bayern durchaus ein Stück abschneiden kann. Es ist natürlich auch im bayerischen Interesse, dass andere Bundesländer ihre Hausaufgaben erledigen und Sicherheitsbehörden personell und finanziell besser ausstatten.

Das Interview führte Anja Schuchardt.