Am Zeichenbrett: Modemacher Michael Spitzbarth entwirft neue Oberbekleidung. (Foto: Bleed)
Mode

Frankens Öko-Beach-Boy

Mit seiner Firma „bleed clothing“ produziert der Designer Michael Spitzbarth aus dem Textilstädtchen Helmbrechts in Oberfranken nachhaltige Outdoor-Kleidung. Mode, die chic aussieht - und dabei hilft, die Natur zu bewahren.

Ganz vorne im Kleidersack stecken die grau-blauen Shorts mit dem Surfboard-Muster. Die Badehose ist das Lieblingsstück von Michael Spitzbarth, Gründer der Modemarke „bleed clothing“. „Meine Boardshorts trage ich eigentlich immer, ob zu Hause auf dem Sofa, beim Surfen, Skaten oder in der Arbeit“, sagt er. An diesem Tag hat Spitzbarth die knielange Fitnesshose allerdings gegen eine Jeans aus Bio-Baumwolle getauscht.

Auf Reise mit der Badehose

Er ist 300 Kilometer vom Firmensitz im oberfränkischen Helmbrechts nach Otterfing in Oberbayern gefahren. Sein Ziel: der Ausrüster Bergzeit. Aus dem Kofferraum holt der 37-Jährige mehrere große Kleidersäcke. Im Showroom von Bergzeit reiht er Kleiderbügel für Bügel auf einer vier Meter langen Stange auf. Seinen Favoriten – die Badehose – nimmt er gleich in die Hand, als Sarah Lenz in den Raum kommt. Bei Bergzeit ist sie für den Bereich Nachhaltigkeit verantwortlich.

Wenn es um Lebensmittel geht, achten immer mehr Menschen auf Bio-Qualität. Beim Klamottenkauf hingegen ist nachhaltig hergestellte Mode noch ein Nischenprodukt. Dabei ist die Textilbranche ein Wachstumsmarkt. Zwölf Kilogramm Kleidung kaufen Deutsche laut Umweltbundesamt durchschnittlich im Jahr und pro Kopf. Das sind aufgerundet 996.000 Tonnen Textilien, die hierzulande über die Ladentheke gehen. Doch der Marktanteil von Textilien mit einem Öko-Label ist noch im Promillebereich.

Kork statt Leder

Nach dem Designstudium hat Spitzbarth einige Jahre als Freelancer für unterschiedliche Bekleidungsfirmen gearbeitet. „Als ich einen tieferen Einblick in die Machenschaften der Industrie bekam, stand für mich fest: Das will ich anders machen“, sagt er zurück. Aber ohne Investor im Rücken „bleed clothing“ seit der Gründung im Jahr 2008 nur schwer voran. Erst eine Crowdfunding-Aktion sieben Jahre später für Textilien aus schwarzem Kork statt aus Leder brachte den Durchbruch.

Das Konzept einer veganen Korkjacke begeisterte die Unterstützer. Mehr als 74.000 Euro von mehr als 500 Unterstützern kamen zusammen. „Auf einmal war ich überall bekannt als der Typ mit der Korkjacke“, erinnert sich Spitzbarth. Nach und nach wurden immer mehr Händler auf ihn aufmerksam. Mittlerweile bieten mehr als hundert Läden seine Kollektionen an. Doch damit auch Outdoor-Anbieter wie Bergzeit unter ihnen sind, müssen spezielle Anforderungen erfüllt sein. Neben dem Style zählt die Robustheit des Materials. „Diese Branche kennzeichnet eine Art High-Performance-Wettrüsten um die beste Funktionalität“, so empfindet es Spitzbarth.

Auf einmal war ich überall bekannt als der Typ mit der Korkjacke.

Michael Spitzbarth, Designer

Seine Jacke besteht außen aus dicht gewebter Bio-Baumwolle, die sich imprägnieren lässt. Als Futter dient ein atmungsaktiver Stoff, der den Schweiß vom Körper nach außen leiten kann. Dieser besteht zu 100 Prozent aus Tencel, einer Faser, die aus Eukalyptusholz hergestellt wird. Produziert wird zum größten Teil in Europa, vor allem in Portugal, Kroatien, Italien und Polen.

Auch mit einer Weberei aus Helmbrechts arbeitet bleed zusammen. Die erste Herrenjeans von dort liegt auf seinem Schreibtisch. Gefärbt wurde der Prototyp in Nürnberg und genäht in Nordfriesland. Mit der Zusammenarbeit am Heimatort will Designer Spitzbarth die Wertschöpfungskette in der Region unterstützen und Arbeitsplätze schaffen. Sein Team ist mittlerweile auf zehn Mitarbeiter angewachsen. Im Frühjahr 2019 planen sie den Umzug in ein größeres Gebäude. Denn Büroräume, Lager und Werksverkauf platzen aus allen Nähten.

Aus dem Meer für das Meer

Die Präsentation von Parkas und Pullis dauert an diesem Vormittag länger als sonst – jedes Kleidungsstück hat seine Geschichte. Die, die Spitzbarth besonders gerne erzählt, ist die seiner geliebten Badehose. Die besteht nämlich aus recycelten Fischernetzen und Plastikmüll. „Leider ist es Alltag, beim Surfen durch plastikverschmutztes Meer zu paddeln. Und darauf wollen wir mit unserer Bademode aufmerksam machen“, sagt er.

Die dunkelroten Bikinis oder dezent gemusterten Hosen sind aus Econyl. Das Herstellungsverfahren wurde in Slowenien und Italien entwickelt, um aus Nylonabfällen ein Garn zu gewinnen. „Unsere Devise ist: aus dem Meer für das Meer“, sagt der Wassersportler. Aus seiner Kiste zieht er eine Geldbörse sowie einen Gürtel hervor. „Unsere neuesten Artikel, aus Jakroki. Sie sind aus Altpapier mit einer eingepressten Lederstruktur und einem Schuss Latex“, erklärt Spitzbarth.

Diese Branche kennzeichnet ein Wettrüsten um die Funktionalität.

Michael Spitzbarth

Neben Style und Nachhaltigkeit ist der Preis beim Kunden ausschlaggebend. Die nachhaltige Produktion eines T-Shirts verteuert das Kleidungsstück um rund 70 Cent. „Das ist gar nicht so viel, wie die meisten denken. Unsere T-Shirts können wir ab 30 Euro verkaufen“, rechnet der Unternehmensgründer vor. Eine Jeans schlägt mit 100 Euro zu Buche. Solche Summen bezahlen Kunden auch für konventionelle Modemarken.

Managerin Lenz hat Lieferant Spitzbarth mit der Präsentation seiner rund Kleidungsstücke schon mal überzeugt. „Auch wenn die Boardshorts eigentlich für Männer gedacht sind – die bestelle ich mir auch“, verkündet sie begeistert.