Vater und Mutter sind die besten Garanten für eine gesunde Entwicklung der Kinder. (Bild: Drubig/Fotolia)
Ehe für alle

Eine Frage des Gewissens

Die CSU betont die besondere Schutzwürdigkeit der klassischen Familie und empfiehlt die Ablehnung der „Ehe für alle“. Gleichzeitig macht die Parteispitze deutlich, dass sie abweichende Entscheidungen ihrer Abgeordneten respektiert und akzeptiert.

Bei der von der SPD angestrebten Abstimmung über eine „Ehe für alle“ empfiehlt die CSU ihren Abgeordneten die Ablehnung, akzeptiert aber die persönliche Entscheidung ihrer Bundestagsabgeordneten, dem Gesetzesvorhaben auch zuzustimmen. Im Ende vergangenen Jahres verabschiedeten, neuen Grundsatzprogramm befürwortet die CSU die „Ehe für alle“ nicht und hebt den besonderen Wert der klassischen Ehe zwischen Mann und Frau hervor. An dieser Grundposition habe sich nichts verändert, erklärte die Partei am Dienstag. „Gleichwohl haben wir Respekt und Verständnis, wenn Abgeordnete der CSU bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag ihrem Gewissen folgend eine abweichende Entscheidung treffen.“

CSU lehnt Diskriminierung ab

Das neue CSU-Grundsatzprogramm „Die Ordnung“ stellt klar: „Die Ehe von Mann und Frau steht zurecht unter dem besonderen Schutz des Staates“. Und: „Wir wenden uns gegen jegliche Relativierungsversuche“, heißt es auf Seite 43. Allerdings würden auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften „Werte gelebt, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind. Das verdient Anerkennung“. Ausdrücklich wird die eingetragene Lebenspartnerschaft als „eigene Institution“ gelobt. Die CSU lehne „jegliche Form der Diskriminierung“, auch personenstandsrechtliche, „entschieden“ ab.

Auch CSU-Parteichef Horst Seehofer hob vor Beginn der CSU-Vorstandssitzung am Montag hervor, dass auch „in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Verantwortung füreinander ausgeübt wird, die wir respektieren“. Beinah alle Diskriminierungen, die es gab, seien bisher schon beseitigt worden, so der Parteichef. Es bleibe lediglich noch das Thema Adoptionen. Ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare indes lehne die CSU ab – das sei „schon eine sehr stabile Grundsatzposition“, so Seehofer. Die Ehe von Mann und Frau stehe zurecht unter dem besonderen Schutz des Staates, betonte der CSU-Parteichef.

Wir werden uns als CDU/CSU darüber Gedanken machen, wie wir diese zutiefst persönliche Entscheidung lösen. Aber nicht als Wahlkampfthema und nicht als Spaltungsthema.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer

SPD bricht Koalitionsvertrag

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, kritisierte, dass die SPD mit der Forderung nach einer Bundestagsabstimmung den Koalitionsvertrag breche. „Der Koalitionsvertrag besagt, dass wir uns damit in dieser Legislaturperiode nicht beschäftigen“, sagte er dem Straubinger Tagblatt. Eine erzwungene Abstimmung im Bundestag sei ein „Bruch der Koalitionsvereinbarung“. Die SPD sei „aufgedreht und verunsichert“ und habe daher das Thema auf die Tagesordnung gesetzt.

Generell lehnt Straubinger die Ehe für alle ab: Für ihn bedeuteten „Ehe und Familie noch immer die Verbindung von Mann und Frau“. Ähnliche Töne kamen vom früheren Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Er warnte die CDU davor, die „letzten konservativen Werte zu zerstören“ und sagte in der Rheinischen Post: „Ich will das Thema überhaupt nicht im Bundestag haben. Deutschland hat ganz andere Probleme.“

Merkel hatte Öffnung signalisiert

Grüne und Linkspartei und einige SPD-Abgeordnete forderten eine Abstimmung über die komplette Öffnung der Ehe für Homosexuelle – die sogenannte „Ehe für alle“ –, im Bundestag noch in dieser Woche, nachdem Kanzlerin Merkel von dem bisherigen klaren Nein der CDU abgerückt war. Der Zeitschrift Brigitte sagte Merkel, sie wünsche sich eine Diskussion, die „eher in Richtung einer Gewissenentscheidung geht“.

Das wird von politischen Beobachtern in Berlin so verstanden, dass diese Frage zu einer Gewissensentscheidung erklärt und die Fraktionsdisziplin aufgehoben werden könnte. Bei einer Abstimmung ohne Fraktionszwang gilt eine Mehrheit für die „Homo-Ehe“ mit vollem Adoptionsrecht als sicher, zumal SPD, Grüne und Linkspartei eine rechnerische Mehrheit im Bundestag haben.

Kirchen verhalten sich auffällig passiv

Auffällig ist die öffentliche Passivität der Kirchen in dieser wichtigen ethischen Frage. Die Evangelisch-Lutherische Kirche Bayerns erklärte auf Anfrage des BAYERNKURIER, es gebe keine Stellungnahme der Kirchenleitung zur politischen Forderung „Ehe für alle“. Pressesprecher Johannes Minkus erklärte: „Derzeit gibt es in der Landeskirche einen Diskussionsprozess im Blick auf die homosexuellen Partnerschaften: Diskutiert wird, ob die derzeit mögliche Segnung im seelsorgerlichen Rahmen künftig auch als öffentliche Segnung oder als Trauung gefeiert werden könnte.“

Die Pressestelle des katholischen erzbischöflichen Ordinariates in München erklärte auf Anfrage des BAYERNKURIERS, Kardinal Reinhard Marx, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, äußere sich zu dem Thema nicht. Die Pressestelle der Bischofskonferenz ihrerseits verweist auf den für Familienfragen zuständigen Berliner Erzbischof Heiner Koch, sich am vorvergangenen Wochenende gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) geäußert hatte. Darin lehnt der Berliner Erzbischof die sogenannte „Ehe für alle“ als „Bruch mit einem Jahrhunderte alten Eheverständnis“ ab.

Eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare würde eine „qualitative Neuausrichtung des Begriffs Ehe“ bedeuten, kritisierte Koch weiter. Die deutschen Bischöfe betrachteten die Ehe als lebenslange Verbindung von einem Mann und einer Frau mit prinzipieller Offenheit für die Weitergabe von Leben, betonte der Berliner Erzbischof. Diese Sicht sei „ganz im Sinne der Väter und Mütter des Grundgesetzes“. Die auf Treue beruhende, dauerhafte Verbundenheit von Mann und Frau stelle einen „höchst wertvollen Raum für die Erziehung ihrer Kinder“ dar, so Koch. Gerade angesichts dieser Bedeutung für die Gesellschaft habe der besondere Schutz der Ehe einen herausragenden Platz im Grundgesetz gefunden.