Hand am Nashorn: Neugeborenes auf einer Geburtenstation. (Foto: Imago/Westend61)
Gesundheit

Schwierige Geburt auf dem Land

Trotz Geburtenrekorden trudeln viele Kreißsäle im ländlichen Raum in Probleme. Denn die Krankenkassen drängen darauf, dass Hebammen nur mehr zwei werdende Mütter zugleich betreuen dürfen. Der Chamer Landrat Franz Löffler schlägt Alarm.

In einem Brandbrief an Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen hat der Landrat von Cham, Franz Löffler, auf die Probleme in der Geburtshilfe im ländlichen Raum hingewiesen. Eine geplante Änderung der Kassen im Vergütungssystem für Hebammen werde sich als „Antistrukturpolitik zu Lasten des flachen Landes auswirken“. Etliche der derzeit mehr als 800 Geburten in der Sana-Klinik seines Landkreises könnten in Zukunft dort nicht mehr betreut werden, befürchtet Löffler. Mit sinkenden Geburtenzahlen aber werde die Geburthilfe mit Beleghebammen immer unwirtschaftlicher und sei damt in der Existenz bedroht. Werdende Mütter aus der Region müssten also in den Wehen weitere Wege zur nächsten Klinik in Kauf nehmen.

Personal-Probleme

Ohnehin sei es für eine Klinik, die auch die Landkreise Schwandorf und Regen bediene, „immer schwerer, qualifizierten Nachwuchs für den ländlichen Raum zu finden“, schreibt der Landrat. „Der Sog der Metropolen und Städte mit ihren eigentlich kürzeren Wegen, ist so stark, dass ‚die Fläche‘ immer mehr das Nachsehen hat.“ Mit 12-Stunden-Schichten gelinge es dem Personal im Chamer Kreißsaal zwar, den klinischen Betrieb aufrechtzuerhalten. Die Änderung bei der Kassen-Vergütung der Hebammen konterkariere die Bemühungen jedoch.

Der Sog der Metropolen und Städte ist zu stark.

Franz Löffler, Landrat Cham

Zwar sei die angepeilte Anhebung der Bezahlung um 20 bis 30 Prozent für freiberufliche Geburtshelferinnen auf den ersten Blick gut. Doch die Forderung der Krankenkassen, dass sich eine Hebamme nun künftig nur mehr um zwei Gebärende gleichzeitig kümmern dürfe, führe zu erhöhtem Personalbedarf. Diesen könne das Krankenhaus aus zwei Gründen aber nicht stemmen: Ohnehin sei es schwer, Personal aufs flache Land zu locken. Darüber hinaus würden die nun nötigen acht zusätzlichen Hebammen die Klinik rund eine Million Euro zusätzlich kosten. Dies, so glaubt Löffler, sei „unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten völlig undenkbar“.

Geburtenrekord in Cham: 831 Babys

Der Hintergrund: Für 2016 haben die Sana-Kliniken des Landkreises Cham im Januar einen neuen Geburtenrekord vermeldet. Im Vergangenen Jahr seien dort 831 Babys zur Welt gekommen, 63 mehr als im Jahr zuvor.

„Werdende Eltern sind von unserem Geburtskonzept überzeugt. Auch von außerhalb des Landkreises kommen immer mehr Mütter für die Geburt zu uns“, hatte der Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Jakub Nosek, mitgeteilt.

Probleme der Geburtshilfe

Immer mehr kleinere Kliniken vermelden wirtschaftliche und personelle Probleme aus ihren Geburtshilfe-Abteilungen. Die benachbarten Kreise von Cham, Schwandorf und Regen, mussten ihre Kreißsäle bereits schließen.

Da werden wir uns dran gewöhnen müssen, dass Kreißsäle schließen.

Susanne Weyherter, Vorstand Bayerischer Hebammen Landesverband

„Von den 116 Kreißsälen in Bayern kämpft mindestens die Hälfte mit den Schwierigkeiten – ein Kreislauf aus unbesetzten Stellen und weiterem Personalschwund“, sagt Susanne Weyherter, Vorstand des Bayerischen Hebammen Landesverbandes.