Bayerns Konzept: Mehr Hausärzte aufs Land. (Bild: imago images / Westend61)
Gesundheit

Mehr Landärzte, mehr Hebammen

Zur Deckung des Ärztebedarfs auf dem Land will der Freistaat für 90 Medizinstudienplätze die Zulassungshürden senken. Für mehr Landärzte sollen auch weitere Förderprogramme sorgen – ebenso wie für mehr Hebammen.

Zur Deckung des Ärztebedarfs auf dem Land will der Freistaat für einen Teil der Medizinstudienplätze die Zulassungshürden senken. Dies hat das Kabinett am Dienstag in München beschlossen. Abhängig vom prognostizierten Bedarf werden rund 90 Studienplätze im Rahmen der Landarztquote vergeben. „Das ist eine echt gute Chance, Landarzt zu werden“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Auch ein Ehrenamt zählt

Vom Wintersemester 2020/21 an sind bis zu 5,8 Prozent aller Medizinstudienplätze pro Wintersemester in Bayern für die Studenten reserviert, die später als Hausärzte im ländlichen Raum tätig werden wollen. Den Bedarf, anhand dessen sich die Quote bemisst, soll die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns ermitteln.

Mit dieser Quote eröffnen wir mehr jungen Menschen, die als Hausarzt im ländlichen Raum arbeiten möchten, die Möglichkeit eines Medizinstudiums.

Melanie Huml

Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sprach von einem Paradigmenwechsel, da nicht mehr nur die Noten entscheidend seien. Bei der Auswahl der Interessenten für ein solches Medizinstudium werde es aber auch spezielle Auswahlkriterien geben. So müsse ein Medizinertest bestanden werden, auch würden die berufliche Qualifikation in einem Gesundheitsberuf wie auch ein ausgeübtes Ehrenamt berücksichtigt. Das Gesetz solle noch in diesem Jahr vom Landtag beschlossen werden.

Auswahlkriterien der ersten Stufe sind:

  • das Ergebnis eines fachspezifischen Studieneignungstests,
  • das Vorliegen einer Berufsausbildung in einem Gesundheitsberuf,
  • die Dauer der Berufstätigkeit in diesem Beruf und
  • die Art und Dauer einer geeigneten ehrenamtlichen Tätigkeit.

Landarztquote sichert ärztliche Versorgung

Eine gute Ärzteversorgung in allen Regionen Bayerns ist der Staatsregierung ein wichtiges Anliegen. Bayern verstärkt daher nochmals den Fokus auf die Ausbildung und Ansiedlung von Ärzten im ländlichen Raum. Für den Beginn eines Medizinstudiums im Rahmen der Landarztquote ist die Abiturnote damit nicht mehr entscheidend. Vielmehr erhalten auch diejenigen Bewerber eine Chance, die fachlich sowie praktisch bereits in einem Gesundheitsberuf qualifiziert und gleichzeitig an einer Tätigkeit im ländlichen Raum interessiert sind.

Mit Annahme des Studienplatzes verpflichten sich die Studierenden, nach Studium und Weiterbildung für mindestens zehn Jahre in einer Region zu arbeiten, die unterversorgt oder von Unterversorgung bedroht ist. Zu erwarten ist, dass die Ärzte in dieser Zeit eine enge Bindung zu ihrem Arbeitsort aufbauen und langfristig dort tätig sein werden.

Stipendien und Mentoren

Die Staatsregierung unterstützt angehende Landärzte außerdem mit einem Stipendium. Stipendiaten erhalten 600 Euro pro Monat für maximal vier Jahre, wenn sie sich verpflichten, die fachärztliche Weiterbildung im Fördergebiet zu absolvieren und danach mindestens 60 Monate im Fördergebiet ärztlich tätig zu sein. Bislang wurden mit dem Programm bereits 221 Studierende unterstützt.

Bundesweiter Vorreiter ist Bayern zudem mit dem Ausbildungsprogramm „Beste Landpartie Allgemeinmedizin“ (BeLA). Dabei arbeiten Lehrkrankenhäuser mit Hausarztpraxen im ländlichen Raum zusammen. Studenten werden zudem durch Wohnungsangebote, Projektarbeit, Notdienstwochenenden und eine intensive Betreuung durch Mentoren bereits während des Studiums in den ländlichen Regionen eingebunden. Das Programm läuft seit dem Wintersemester 2018/19 an der Technischen Universität München für die Standorte Dillingen, Mühldorf am Inn und Eichstätt/Kösching sowie seit dem Sommersemester 2019 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg für die Standorte Forchheim/Ebermannstadt, Kulmbach/Stadtsteinbach, Weißenburg/Gunzenhausen und Scheßlitz/Burgebrach. Es soll nun auf weitere Regionen des Freistaats, zunächst in Unterfranken, ausgeweitet werden.

2100 zusätzliche Medizinstudienplätze

Um der insgesamt hohen Nachfrage nach Ärzten gerecht zu werden, baut Bayern zudem das Angebot an Medizin-Studienplätzen weiter aus. Rund 1500 zusätzliche Medizinstudienplätze werden ab 2019 an der Universität Augsburg geschaffen. Hinzu kommen 600 neue Medizin-Plätze am Medizincampus Oberfranken in Bayreuth. Damit ist Bayern bundesweites Vorbild.

Bayern hatte die ersten Weichen für die Gewinnung von Ärztenachwuchs bereits frühzeitig gestellt und als eines der ersten Bundesländer ein eigenes Programm aufgelegt: das Förderprogramm zum Erhalt und zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Damit wird unter anderem die Niederlassung von Hausärzten und bestimmten Facharztgruppen sowie Psychotherapeuten mit bis zu 60.000 Euro gefördert. Dieses Programm ist sehr erfolgreich: So konnten bisher 541 Niederlassungen und Filialbildungen unterstützt werden, darunter 436 Hausärztinnen und Hausärzte (Stand 31.07.2019). Mit einem Stipendienprogramm wurden außerdem bislang 221 Medizinstudierende unterstützt, die sich verpflichtet haben, nach dem Studium ihre fachärztliche Weiterbildung im ländlichen Raum zu absolvieren und anschließend mindestens fünf Jahre dort tätig zu sein.

Darüber hinaus fördert das bayerische Gesundheitsministerium mit bis zu 500.000 Euro 15 innovative medizinische Versorgungskonzepte (IMV). Diese erfolgreichen Programme sollen auch 2019 und 2020 fortgeführt werden. Im Doppelhaushalt sind dafür rund 15,3 Millionen Euro vorgesehen.

Staatsregierung unterstützt Kommunen

Zukünftig sollen auch Kommunen kräftiger unterstützt werden, die sich besonders für Erhalt und Verbesserung der ambulanten ärztlichen Versorgung vor Ort engagieren möchten. Hierzu soll in Zusammenarbeit mit den Kommunalen Spitzenverbänden ein Förderprogramm der Staatsregierung aufgelegt werden. Kommunen können sich bereits heute in bestimmten Grenzen für den Erhalt und die Verbesserung der ärztlichen Versorgung vor Ort engagieren. Diese sollen nun erweitert und besser auf die örtlichen Notwendigkeiten angepasst werden.

Ausbau der Hebammenausbildung

Die Bayerische Staatsregierung baut auch die akademische Hebammenausbildung konsequent weiter aus. Ziel ist es, die dauerhafte flächendeckende Versorgung von Familien und Müttern mit Hebammen in ganz Bayern weiter zu verbessern. Nach Landshut, München und Regensburg wird der Studiengang Hebammenwesen jetzt auch an nordbayerischen Hochschulstandorten eingerichtet. Der Ministerrat beschloss dazu vier weitere Standorte für das Hebammenstudium: die Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, die Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg zusammen mit den Bamberger Akademien für Gesundheits- und Pflegeberufe der Sozialstiftung Bamberg, die Julius-Maximilians-Universität Würzburg und die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Wir wollen, dass alle Frauen die Betreuung bekommen, die sie vor, während und nach der Geburt brauchen.

Bernhard Seidenath

Die ersten Studiengänge für zunächst 135 (später 155) Studenten starten diesen Herbst an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und an der Katholischen Stiftungshochschule München, im Herbst 2020 an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut. Die Staatsregierung wird den Ausbau in Zukunft noch weiter vorantreiben und strebt dazu einen weiteren Standort im Regierungsbezirk Schwaben an. „Wir wollen, dass alle Frauen die Betreuung bekommen, die sie vor, während und nach der Geburt brauchen. Daher müssen wir mehr junge Leute zu Hebammen ausbilden. Damit wir auch in Zukunft, wenn die Ausbildung an Hochschulen erfolgt, genügend Hebammen in Bayern haben, müssen wir pro Jahr 175 neue Hebammen in den Beruf bringen“, mahnte Bernhard Seidenath, der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Fraktion im Landtag. „Daher möchten wir, dass zusätzlich auch am Standort Aschaffenburg die akademische Hebammenausbildung mit 20 Plätzen ermöglicht wird.“

Um den Hebammen-Beruf attraktiv zu halten und die Hebammen zu unterstützen, gibt es bereits viele Maßnahmen, darunter den Bayerischen Hebammenbonus von 1000 Euro für freiberufliche Hebammen, wenn sie pro Jahr mindestens vier Geburten im Jahr begleitet haben. Seit September 2018 wurde dieser bereits 1680 Mal beantragt. „Alle anderen Parteien haben den Hebammenbonus als Wahlkampfgag verunglimpft“, erinnerte Seidenath. Doch nach dem ersten Jahr zeige sich „eine echte Erfolgsgeschichte“. Eine Niederlassungsprämie von 5000 Euro erhalten außerdem Hebammen, die erstmals in Bayern freiberuflich tätig werden. Zudem gibt es Hilfen für Kommunen und defizitäre Geburtshilfeabteilungen an Krankenhäusern.