Pharmagipfel: Gesundheitsministerin Melanie Huml, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (r.) und Heinrich Moisa, Geschäftsführer Novartis Deutschland GmbH. (Foto: StMGP).
Medizin

Pharmastandort Bayern stärken

Es ging um Arzneimittelforschung und die Herstellung von sicheren sowie innovativen Arzneimitteln – wie Gentherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Produkte. Aber auch Vernetzung und Bürokratieabbau waren Themen des Bayerischen Pharmagipfels.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Gesundheitsministerin Melanie Huml legten zusammen mit Vertretern der pharmazeutischen Industrie die Ergebnisse des Bayerischen Pharmagipfels vor. „Der Bayerische Pharmagipfel ist auch 2019 wieder ein Erfolg“, bilanzierte Huml. Aiwanger, der an der Abschlussveranstaltung nicht teilnehmen konnte und durch Staatssekretär Roland Weigert vertreten wurde, unterstrich später: „Die Gemeinsame Erklärung des Bayerischen Pharmagipfels 2019 ist das Ergebnis eines intensiven Dialogprozesses mit der pharmazeutischen Industrie in Bayern.“

Hürden beseitigen

Der Bayerische Pharmagipfel 2019 setzt den zuletzt mit dem Pharmagipfel 2015 initiierten intensiven Dialogprozess zwischen dem bayerischen Gesundheits- und Wirtschaftsministerium und der pharmazeutischen Industrie fort. Vereinbart wurde eine Gemeinsame Erklärung mit den daraus resultierenden Forderungen und Initiativen unter anderem an den Bund und die EU.

Ziel des Gipfels ist es, durch den Austausch rechtzeitig auf Probleme im Pharmabereich zu reagieren, wie sie etwa durch unnötige Bürokratie oder rechtliche Hürden für innovative Medikamente entstehen. Kurz gesagt: Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Arzneimittelforschung, Arzneimittelherstellung und Arzneimittelversorgung. Darüber hinaus soll der Dialog dazu beitragen, den Pharmastandort Bayern zu stärken.

Innovationen ermöglichen

Laut der gemeinsamen Erklärung soll beispielsweise die Versorgung mit Arzneimitteln für neuartige Therapien wie Gentherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte durch interdisziplinäre Teams, gezielte Vernetzung und Abbau von unnötigen Regulierungen verbessert werden.

„Damit der Zugang der Patientinnen und Patienten zu Innovationen im Arzneimittelbereich auch vor dem Hintergrund eines solidarisch finanzierten Gesundheitssystems auch künftig finanzierbar bleibt und die Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie verlässlich sind, fordern wir die Einführung neuer Erstattungsmechanismen wie beispielsweise Pay-for-Performance-Modelle oder annualisierte Zahlungen“, erklärte Aiwanger. Zugleich müssten die Regularien für Generika und Biosimilars so entwickelt werden, „dass auch in diesem Bereich das Potenzial für eine nachhaltige und innovative Versorgung der Bürger weiter ausgeschöpft wird“.

Generika sind Arzneimittel, die nach Auslaufen des patentrechtlichen Schutzes wirkstoffmäßig mit dem bereits früher zugelassenen Arzneimittel übereinstimmen, darum schneller zugelassen werden und deshalb auch billiger sind. Biosimilars sind Nachahmerprodukte eines Biopharmazeutikums, das nach Ablauf der Patentzeit des Originalwirkstoffs zugelassen wird, jedoch nicht völlig identisch mit diesem Wirkstoff. Sie erfordern deshalb etwas aufwendigere Zulassungsverfahren sowie Überwachungsmaßnahmen als Generika.

Forschung und Produktion stärken

Aiwanger fügte hinzu: „Wesentlich war für uns auch, die Arzneimittelforschung und die Herstellung von Arzneimitteln in Bayern nachhaltig zu stärken. Deshalb fordern wir im Bereich der Rabattverträge für Generika, dass Mehrfachvergaben erfolgen sollen, wobei ein weiterer Anbieter regelhaft dann bezuschlagt werden soll, wenn er den Wirkstoff aus EU-Produktionsstätten bezieht.“ Damit soll die europäische Produktion gestärkt werden. Huml betonte: „Zudem wollen wir beispielsweise weitere Verbesserungen bei Forschungskooperationen erreichen und fordern, dass der Patentschutz in seiner aktuellen Form als zentraler Innovationsanreiz erhalten bleibt.“ Denn nur während der Patentzeit können Unternehmen ihre Forschungskosten wieder reinholen.

Für die Partner des Pharmagipfels war eine gesicherte Versorgung mit innovativen Arzneimitteln der wichtigste Gesprächspunkt. Dazu forderten sie neben einem flexibleren Verfahren, das die Preise für besonders innovative Medikamente in der gesetzlichen Krankenversicherung festlegt, auch die Abschaffung von Doppel- und Mehrfachregulierungen sowie eine Anpassung von Rabattverträgen im Sinn einer guten Patientenversorgung. Huml erläuterte: „Denn es besteht die Gefahr, dass das bisherige AMNOG-Verfahren für besondere Therapien, Nischen-Indikationen und Orphan Drugs, also Arzneimittel für seltene Leiden, zu einer Innovationsbarriere wird und Patienten in Deutschland künftig nicht mehr so vorbildlich rasch wie bisher von innovativen Therapien profitieren.“ Zwar könne der globale Trend einer Verengung auf nur wenige Wirkstoffhersteller nicht allein mit Maßnahmen in Deutschland bekämpft werden. Ein wichtiger Schritt, um im generikafähigen Bereich Lieferengpässen entgegenzuwirken, sei aber, die bisherige Architektur der Rabattverträge anzupassen.

Einfallstor für Arzneimittelfälschungen

Die Gesundheitsministerin unterstrich ein weiteres Ziel: „Wir fordern nachdrücklich die Abschaffung der Importförderklausel. Sie ist überflüssig und stellt letztendlich ein Einfallstor für Arzneimittelfälschungen dar. Bayern wird sich daher auch weiterhin massiv für ihre Abschaffung einsetzen. Bundesgesundheitsminister Spahn fordere ich auf, im Rahmen der aktuellen Gesetzgebungsvorhaben im Arzneimittelbereich endlich eine entsprechende Regelung vorzuschlagen.“ Apotheken müssen wegen der Klausel seit vielen Jahren einen Teil ihrer Arzneimittel aus dem Ausland beziehen. Die Importförderklausel war eingeführt worden, um im Gesundheitswesen Geld zu sparen. Doch gemessen an den Gesamtausgaben fielen die Einsparungen gering aus, auch angesichts des bürokratischen Aufwands.

Zudem dürfe der Marktzugang von Innovationen nicht durch Überregulierung auf europäischer Ebene erschwert oder verzögert werden, betonte Huml. Hier sei vor allem die neue EU-Kommission in der Verantwortung.

Weiter gestärkt werden soll darüber hinaus der Pharmastandort Bayern. „Der Bayerische Pharmagipfel 2019 war ein wichtiger Schritt, um Wertschöpfung, Beschäftigung und Wohlstand in Bayern zu sichern und zu stärken“, betonte Wirtschaftsminister Aiwanger. „So konnten wir beispielsweise zentrale Stellschrauben und Maßnahmen identifizieren, um weitere Potentiale im Rahmen von Kooperationen zwischen Unternehmen und Hochschulen sowie Unternehmen und Uni-Kliniken zu heben.“ Auch die Digitalisierung in der Pharmabranche könne nun ganz gezielt vorangetrieben werden.

Starker Pharmastandort Bayern

Heinrich Moisa, Geschäftsführer Novartis Deutschland, betonte für den Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa): „Bayern ist ein starker Pharmastandort mit einer vielfältigen pharmazeutischen Industrie, die im Schulterschluss mit der Wissenschaft innovative Arzneimittel entwickelt und Arzneimittel für die Versorgung von Patientinnen und Patienten herstellt.“ Eine wesentliche Grundlage für den Erfolg des Pharmastandorts Bayern sei, dass die Bayerische Staatsregierung die volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der in Bayern ansässigen Unternehmen der pharmazeutischen Industrie wertschätze und fördere.

Moisa ergänzte: „Die Gemeinsame Erklärung des Bayerischen Pharmagipfels 2019 gibt nun einen klaren Fahrplan, wie Bayern auch in Zukunft eine gute Heimat für Unternehmen der pharmazeutischen Industrie sein kann, zum Beispiel mittels konsequenter Digitalisierung in der Gesundheitsforschung und Versorgung. Gemeinsam stehen wir für enge Allianzen aller relevanten Akteure.“ Bei dem Gipfel dabei waren unter anderen: Dr. Peter Heinrich, Geschäftsführer Sinfonie Life Science Management, für BioDeutschland, Jörg Wieczorek, Geschäftsführer Hermes Arzeniemittel, für den Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH), Wolfgang Späth, Head Strategy, Portfolio & Market Development Hexal, für Pro Generika (Verband der Generika- und Biosimilarunternehmen in Deutschland) und Oliver Kirst, Geschäftsleiter Servier Deutschland, für den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI).