Die EU kritisiert die deutschen Mautpläne. (Bild: Fotolia/Trueffelpix)
Pkw-Maut

Keine stärkere Belastung für deutsche Autofahrer

In der Debatte um die Vereinbarkeit der geplanten deutschen Pkw-Maut mit EU-Recht reagiert Alexander Dobrindt mit Unverständnis auf die Kritik von Kommissionschef Juncker. Das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland nennt der Verkehrsminister „absolut inakzeptabel“ und verspricht einmal mehr, dass deutsche Autofahrer durch die Maut nicht mehr belastet würden.

Mehrere Medien hatten am Wochenende berichtet, die EU-Kommission wolle rechtlich gegen die deutschen Pläne zur Pkw-Maut vorgehen. An prominenter Stelle meldete sich auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu Wort. Der Süddeutschen Zeitung sagte Juncker vor einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, man habe „erhebliche Zweifel“, dass das Gesetz das Prinzip der Nicht-Diskriminierung ausländischer Autofahrer erfülle. Diese Zweifel müsse die Kommission jetzt in einem Vertragsverletzungsverfahren klären – wenn nötig auch vor dem Europäischen Gerichtshof.

Die Reaktion des deutschen Ressortchefs ließ nicht lange auf sich warten: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wies die Vorwürfe in einer Pressemitteilung zurück – das Gesetz sei absolut EU-Rechtskonform. „Falls es aus Brüssel dazu Bemerkungen gibt, sollte die Kommission detailliert sagen, was ihr an den Gesetzen nicht gefällt“, forderte der CSU-Politiker. Pauschalkritik aus Brüssel sei nicht akzeptabel. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland nicht möglich sein solle, während fast überall in Europa Mautgebühren bereits Realität seien.

Minister verspricht weiter keine Mehrbelastungen für deutsche Autofahrer

Einer Klage der EU-Kommission gegen die Pkw-Maut sieht Dobrindt nach eigenen Angaben gelassen entgegen. Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat hätten dem Maut-Gesetz bereits zugestimmt. Für Änderungen am Maut-Konzept bestehe für ihn daher „überhaupt kein Grund“, betonte der Minister. Den Vorwurf, dass am Ende auch deutsche Autofahrer dank der Maut mehr zahlen müssten, wies Dobrindt erneut zurück. „Kein deutscher Autofahrer wird mehr belastet“, betonte der Minister. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte für die gesamte Bundesregierung, das Mautgesetz sei „nach unserem Dafürhalten europarechtskonform zustande gekommen, nach engsten und zahlreichen Kontakten auf europäischer Ebene.“

Scheuer: „Juncker fehlt wohl der Durchblick“

Kritik an den Ankündigungen der EU-Kommission kommt auch von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Das Vorgehen der Kommission nannte Scheuer „absolut inakzeptabel“. Es sei ein „merkwürdiges Verständnis von Diskriminierung“, wenn das Herstellen von Gerechtigkeit diskrimierend sein solle, stellte der CSU-Politiker in einer Stellungnahme fest. Jean-Claude Juncker fehle in dieser Frage wohl der Durchblick.

Verständnis für die Einwände aus Brüssel hat Scheuer nicht. Denn fachlich rate die EU schon seit Jahren zu einer „Nutzerfinanzierung“ – also einer Bemautung von Schnellstraßen. Geht es dann an die Gesetzgebung, wolle sich die EU-Kommission als „Obergesetzgeber“ aufspielen, kritisiert der CSU-Generalsekretär. Das Konzept der deutschen Maut, so betonen Dobrindt und Scheuer, sei eng mit der EU abgestimmt.

Hasselfeldt sieht Prioritäten falsch gesetzt

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hingegen wirft der EU eine „falsche Prioritätensetzung“ vor. „Statt ständig die Maut zu bekämpfen, sollte die EU-Kommission alle Kraft für die Themen einsetzen, die tatsächlich für die Zukunft der EU entscheidend sind“, sagte Hasselfeldt der Düsseldorfer Rheinischen Post.

In Deutschland hat die Pkw-Maut bereits die parlamentarischen Hürden genommen, jetzt muss Bundespräsident Joachim Gauck das Gesetz nur noch unterschreiben.

 

Die wichtigsten Antworten zur Pkw-Maut

1) Ab wann gilt die Maut?

Die Pkw-Maut – ihr offizieller Name lautet „Infrastrukturabgabe“ – soll ab dem 1.1.2016 erhoben werden.

2) Wer muss die Infrastrukturabgabe zahlen und auf welchem Netz gilt sie?

Die Infrastrukturabgabe ist für die Nutzung des öffentlichen Straßennetzes in Deutschland durch Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t zu entrichten. Von dieser Pflicht sind alle Halter von im In- und Ausland zugelassenen Fahrzeugen umfasst. Fahrzeuge, die ganz oder teilweise von der Kfz-Steuer befreit sind, wie z.B. Elektrofahrzeuge oder Fahrzeuge von behinderten Personen, werden wirkungsgleich von der Infrastrukturabgabe befreit.

3) Wie hoch ist die Infrastrukturabgabe?

Halter von in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw sind verpflichtet, eine Jahresvignette zu erwerben. Für Halter von nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw wird die Vignette in Form einer 10 Tages-Vignette (10 €), einer 2-Monats-Vignette (20 €) und einer Jahresvignette angeboten. Jahresvignetten können zu jedem Zeitpunkt im Jahr ihre Gültigkeit erlangen und haben dann jeweils 12 Monate Gültigkeit. Der Preis für die Jahresvignette bestimmt sich für Pkw grundsätzlich entsprechend der Systematik im Kraftfahrzeugsteuergesetz; er wird nach der Umweltfreundlichkeit der Fahrzeuge sowie nach Hubraum und Zulassungsjahr gestaffelt.

4) Welche Kritikpunkte hat die EU?

Der Vorwurf der EU-Kommission lautet, das deutsche Konzept würde ausländische Autofahrer faktisch diskriminieren, weil deutsche Pkw-Halter über die gesenkte Kfz-Steuer entlastet würden. Das heißt im Klartext: Deutsche Autofahrer bezahlen zwar auch Maut, bekommen das Geld aber durch die gesenkte Kraftfahrzeugsteuer wieder zurück. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hingegen sieht dadurch keine Diskriminierung ausländischer Autofahrer und stützt seine Argumentation unter anderem auf ein Rechtsgutachten, das dem BAYERNKURIER vorliegt. In dem Gutachten, das von dem Bonner Jura-Professor Dr. Christian Hillgruber erstellt wurde, heißt es dazu:

„Die vorgesehene Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Nutzung des deutschen Bundesfernstraßennetzes stellt auch in der Kombination mit entsprechenden Freigrenzen bei der Kfz-Steuer, in deren Genuss tatsächlich nur Halter von im Inland zugelassenen Kfz kommen, keine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar, weil diese Nutzer des deutschen Bundesfernstraßennetzes bereits anderweitig, nämlich durch Kfz-Steuern, einen Beitrag zur Verkehrsinfrastrukturfinanzierung leisten, der in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen ist und dazu führt, dass im Ergebnis EU-Ausländer keine höhere Belastung als Inländer zu tragen haben.“