Ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes nimmt eine Blutprobe für den genetischen Fingerabdruck. (Bild: Imago/Sven Simon)
Ministerrat

Bayern bringt schärfere Sicherheitsgesetze auf den Weg

Mehr Möglichkeiten im Kampf gegen Terroristen, bessere Überwachung von Internet-Diensten - Bayern startet im Bund einen weiteren Vorstoß, um die Innere Sicherheit zu stärken. Dazu hat das Kabinett mehrere Bundesratsinitiativen sowie ein Konzept zu Transitzentren beschlossen.

Das Bayerische Kabinett hat mehrere Bundesratsinitiativen im Bereich der Inneren Sicherheit auf den Weg gebracht – etwa zu einer leichteren Anwendung des sogenannten genetischen Fingerabdrucks. Nach geltendem Recht kann ein genetischer Fingerabdruck zu Zwecken künftiger Strafverfolgung nur unter strengen Voraussetzungen genommen werden: Notwendig ist beispielsweise der Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder eines Delikts gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Bayern will nun, dass die Strafverfolgungsbehörden künftig bereits dann von einer Person den genetischen Fingerabdruck nehmen können, wenn sie von dieser Person auch den klassischen Fingerabdruck nehmen dürften.

Mit dem genetischen Fingerabdruck solange zu warten, bis wirklich etwas Erhebliches passiert – da ist das geltende Recht zu restriktiv.

Winfried Bausback, bayerischer Justizminister

Klassischer und genetischer Fingerabdruck hätten dasselbe Ziel: die Ermittlung des Täters in einem künftigen Strafverfahren. Es sollten daher im Wesentlichen auch dieselben rechtlichen Voraussetzungen gelten. Schon beim Verdacht einer Straftat und der Gefahr einer Wiederholungstat sollten Strafverfolgungsbehörden – unabhängig von der Schwere des Tatvorwurfs – einen genetischen Fingerabdruck nehmen können, sagte Justizminister Winfried Bausback. Auf ein so wirkungsvolles Instrument wie den genetischen Fingerabdruck könne nicht weiter verzichtet werden.

Verkehrsdaten zur Terrorbekämpfung

Mit weiteren Gesetzesanträgen im Bundesrat sollen zudem die Handlungsmöglichkeiten des Verfassungsschutzes im Kampf gegen Terror gestärkt werden. „Der internationale Terrorismus bedroht Deutschland wie noch nie zuvor. Terroristen nutzen die Mittel der modernen Informationstechnik, um sich mit großer Geschwindigkeit über staatliche Grenzen hinweg zusammenzuschließen und sich dem Zugriff der Sicherheitsbehörden zu entziehen“ sagte Innenminister Joachim Herrmann.

Deshalb soll der Verfassungsschutz des Bundes mehr Rechte bekommen, um den Austausch zwischen den Sicherheitsbehörden zu verbessern. Durch eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes und weiterer Vorschriften sollen die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern auf gespeicherte Verkehrsdaten zugreifen können. Der Gesetzesantrag sieht vor, den Telekommunikationsanbietern zu ermöglichen, die von ihnen gespeicherten Verkehrsdaten den Diensten zur Verfügung zu stellen.

Ein weiterer Gesetzesantrag fordert eine Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes, um dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine Befugnis zur Online-Durchsuchung einzuräumen. Innenminister Joachim Herrmann begründet diesen Schritt damit, dass sowohl das Bundeskriminalamt als auch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz bereits die Möglichkeit haben, mit technischen Mitteln verdeckt in informationstechnische Systeme einzugreifen.

Überwachung von Whatsapp-Nachrichten

In einem dritten Gesetzentwurf fordert die Staatsregierung eine rechtsstaatliche Präzisierung der Vorschriften über die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Die zunehmende Verschlüsselung der Telekommunikation führe dazu, dass gesetzliche Befugnisse der Sicherheitsbehörden zur Telekommunikationsüberwachung immer seltener erfolgreich genutzt werden können. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn bei Whatsapp die Kommunikation weder vor der Verschlüsselung, noch danach erfasst werden könne.

Auch Minderjährige, die jünger als 14 Jahre sind, schließen sich inzwischen terroristischen Vereinigungen an. Wir dürfen nicht die Augen vor dieser neuen Realität verschließen.

Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister 

Der Ministerrat fordert außerdem eine Erweiterung der Befugnisse der Verfassungsschutzämter bezüglich Minderjähriger unter 14 Jahren. Bisher dürfen nur personenbezogene Daten von Minderjährigen über 14 Jahre für die Ermittlungsarbeit gespeichert, verändert und genutzt werden. Diese Lücke nutzen Terroristen zunehmend aus. Bayern fordert deshalb, diese Altersbeschränkung aufzuheben.

Verlust der Staatsbürgerschaft

Bislang hat die deutsche Staatsangehörigkeit nur verloren, wer ungenehmigt freiwillig in eine Armee oder in bewaffnete Verbände eines ausländischen Staates eingetreten war. Die Teilnahme an Kampfhandlungen wie zum Beispiel im syrischen Bürgerkrieg oder an der Ausbildung für eine Terrormiliz im Ausland blieb bisher im Staatsangehörigkeitsrecht folgenlos. Das will der Ministerrat ändern und hat dazu eine weitere Bundesratsinitiative beschlossen. Deutsche Staatsbürger, die im Ausland an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz teilnehmen oder eine Ausbildung für den Terrorkampf absolvieren, sollen ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn sie eine andere Staatsangehörigkeit besitzen.

Transitzentren in Flughafennähe

Bayern wird zudem eigene bayerische Transitzentren für neu ankommende Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive einrichten. Ein entsprechendes Konzept von Sozialministerin Emilia Müller hat der Ministerrat ebenfalls beschlossen.

Mit bayerischen Transitzentren für Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive wollen wir die Verfahren beschleunigen und zeitnahe Rückführungen ermöglichen.

Emilia Müller, bayerische Sozialministerin

Neuankommende Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive sollen dann nicht mehr bayernweit auf die Kommunen verteilt, sondern zentral untergebracht werden. Diese Maßnahme soll verhindern, dass sich der Aufenthalt verfestigt, und die Kommunen entlasten. Alle Neuankömmlinge, die eine geringe Bleibeperspektive haben, über ihre Identität täuschen oder die Mitwirkung beim Asylverfahren verweigern sollen schnell zurückgeführt werden. Geplant ist, diese bayerischen Transitzentren mit Anbindung zum Flughafen zu errichten und dafür die drei bereits bestehenden Aufnahmeeinrichtungen in Regensburg, Ingolstadt und Deggendorf zu nutzen.