Stiftungsvorsitzende Ursula Männle (2.v.r.) mit Bundespräsident Joachim Gauck und Familie Seidel. (Bild: BK/M. Sauber)
Hanns-Seidel-Stiftung

Fünf Jahrzehnte Erfolgsgeschichte

„Die Hanns-Seidel-Stiftung hat ihren Beitrag dazu geleistet, dass wir in der stabilsten Demokratie leben, die es je auf deutschem Boden gegeben hat", würdigte Ministerpräsident Horst Seehofer die Arbeit der Einrichtung in seiner Festrede zum 50-jährigen Jubiläum. Am Wochenende war die Öffentlichkeit eingeladen, einen Blick hinter die Kulissen der Zentrale zu werfen.

Nicht nur die Seminare der Hanns-Seidel-Stiftung sind gut besucht. Auch zur 50-jährigen Geburtstagsfeier strömten über 400 geladene Gäste in die derzeit verschneite Lazarettstraße zur Zentrale der Stiftung in München. Unter ihnen Bundespräsident Joachim Gauck und Ministerpräsident Horst Seehofer sowie zahlreiche Europapolitiker und Landtagsabgeordnete. Am 21. Januar ist die Öffentlichkeit beim „Tag der Hanns-Seidel-Stiftung“ eingeladen, einen Blick hinter die Kulissen der Zentrale zu werfen. Die Bildungseinrichtung informiert an Aktionsständen, mit Vorträgen und Diskussionen zum Generationenvertrag und dem Dialog der Kulturen.

Einigkeit zwischen Schmidt und Strauß

Der Sozialdemokrat Helmut Schmidt sagte einst über den Christsozialen Franz Josef Strauß, hier habe einer gehandelt, der „ganz und gar von der Leidenschaft erfasst war, der res publica zu dienen“. Daran erinnerte Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Rede anlässlich der Jubiläumsfeier. Seiner Meinung nach wären sich Schmidt und Strauß ebenso einig gewesen über den öffentlichen Auftrag der politischen Stiftungen. Denn politisches Engagement, Zivilcourage und Toleranz müssten auch in Zukunft vermittelt werden. Für Gauck kein dramatischer Appell, sondern demokratisches Alltagsgeschäft. Das Verständnis für Demokratie müsse in jeder Generation neu erworben werden.

Argument statt Emotion

Gauck wandte sich auch gegen das Akzeptieren von Lügen als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Eine Lüge sei „das Rezept aller Antidemokraten, von rechts wie links“, sagte er. „Wer behauptet, es gebe allenfalls so etwas wie eine gefühlte Wirklichkeit, tut das oft, um die Regeln neu zu bestimmen“, kritisierte der Bundespräsident. „In dessen antidemokratischen Spiel sticht nicht das Argument, sondern die Emotion.“ Wenn die Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff „postfaktisch“ zum Wort des Jahres erklärt habe, dann zeige dies die große Aufgabe politischer Stiftungen, betonte er.

Der Auftrag: Demokratiebildung

Ministerpräsident Horst Seehofer schlug in seiner Festrede einen Bogen zu den Anfängen der Stiftung. Als die Hanns-Seidel-Stiftung 1967 aus der Taufe gehoben wurde, haben die Gründerväter folgenden Satz in der Satzung verankert: „Zweck des Vereins ist die Förderung der demokratischen und staatsbürgerlichen Bildung des deutschen Volkes auf christlicher Grundlage“. Dieser Aufgabe hat sich die Stiftung mit beeindruckendem Erfolg gewidmet: 43.000 Seminare mit 1,6 Millionen Teilnehmern zählt die Statistik der Hanns-Seidel-Stiftung allein im Bereich Politische Bildung in Deutschland seit ihrer Gründung 1967.

Kerngeschäft Beratung und Analyse

Jüngere Sparten wie Begabtenförderung (derzeit 1.100 Stipendiaten) oder Entwicklungszusammenarbeit (100 Projekte in über 65 Ländern) sind ebenso erfolgreich. Zum Kerngeschäft der Stiftungsarbeit gehören zudem Politikanalyse und Politikberatung. Dass die Stiftung gerade junge Menschen an die Grundlagen des Staates und die Grundregeln des menschlichen Zusammenhalts heranführt, zeichnet sie für den Ministerpräsidenten aus.

Junge Menschen, die für die Idee der Demokratie sprühen, das ist die Stärke unseres Landes.

Horst Seehofer, bayerischer Ministerpräsident

Seehofer lobte die Stiftung für ihre Verdienste um die Demokratie in Deutschland: „Die Hanns Seidel Stiftung hat sich in hohem Maße um unseren Staat und unser Gemeinwesen verdient gemacht. Es sind fünf Jahrzehnte Erfolgsgeschichte: In Bayern, Deutschland und auf der ganze Welt“, so Seehofer.

Die Hanns-Seidel-Stiftung hat ihren Beitrag dazu geleistet, dass wir in der stabilsten Demokratie leben, die es je auf deutschem Boden gegeben hat.

Horst Seehofer, bayerischer Ministerpräsident

Als Schule der Demokratie will die Stiftung auch künftig auf nationaler und internationaler Ebene Menschen aktivieren und befähigen, sich aktiv in die Gestaltung ihrer Gesellschaften einzubringen, kündigte Stiftungsvorsitzende Ursula Männle an. Um sich eine Meinung bilden zu können, hält sie es für enorm wichtig, „Nachrichten nicht häppchenweise aufzuschnappen und daraufhin möglicherweise als Wutbürger zu agieren“. Männle setzt auf Hintergrundinformationen und eine kritische Auseinandersetzung mit anderen Menschen, um zu einem eigenen Urteil zu kommen.

Menschen, die sich abkapseln – beispielsweise indem sie sich in die sozialen Netzwerke zurückziehen – müssen wir wecken.

Ursula Männle, Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung

Junge Menschen zu erreichen, die sich von der Realität abkapseln, das zählt die Vorsitzende mit zu den Herausforderung, vor denen die Stiftung derzeit stehe. Viele zögen sich beispielsweise in soziale Netzwerke zurück ohne an Unterhaltungen oder am wirklichen politischen Leben teilzunehmen, bedauerte sie. Diese Menschen zu wecken und Zugang zu ihnen zu finden, auch mit den neuen Medien, beschrieb Männle als künftiges Ziel. Wie sie junge Menschen für Politik begeistern möchte, erklärt Männle zudem im Interview mit Chefredakteur Marc Sauber im aktuellen Bayernkurier. Dabei ist die Hanns-Seidel-Stiftung mit dem Motto „Im Dienst von Demokratie, Frieden und Entwicklung“ weltweit tätig. Sie ist in Deutschland neben der Münchner Zentrale auch mit dem Bildungszentrum Kloster Banz in Oberfranken und dem Hauptstadtbüro in Berlin präsent.

Rund 1.200 Gäste beim Tag der offenen Tür

Politisch Interessierte konnten am Tag der offenen Tür am Samstag dann das 50-jährige Jubiläum der Hanns-Seidel-Stiftung in der Zentrale in München feiern. Rund 1200 Gäste zog es in die Münchner Lazarettstraße, wo unter anderem der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel zusammen mit JU-Chef Hans Reichhart den Dialog der Generationen führten. Ihr Thema: Generationenvertrag auf dem Prüfstand. Der Andrang bei diesem Programmpunkt war so groß, dass sich vor dem Veranstaltungssaal lange Schlangen bildeten.

Besonders groß war das Interesse auch an den Live-Skype-Schaltungen zum Büro nach Washington. Vorträge, Filme und Führungen rundeten das Angebot für die Gäste ab.

Zum Thema Fluchtursachen und Integration sprach Martin Neumeyer, ehemaliger bayerischer Integrationsbeauftragter, beim Dialog der Kulturen. An den Aktionsständen konnten sich die Besucher über aktuelle politische Debatten, zum Beispiel Integration, Flüchtlinge und Ehrenamt oder Computer- und Datensicherheit informieren. Dem Thema Europa widmete sich der Aktionsstand für Politik und Zeitgeschehen. Einblicke in die Kommunalpolitik gab CSU-Stadträtin Kristina Frank.

Männle: HSS soll Orientierung geben

Für die Zukunft sieht HSS-Chefin Ursula Männle einer der primären Aufgaben der Stiftung darin, den Menschen Orientierung zu bieten: „In Zeiten großer Verunsicherung müssen wir umso engagierter um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung kämpfen. Denn auch wenn Demokratie oft mühsam ist, lohnt es, sie zu leben. Dazu müssen wir informieren und kommunizieren, weil wir sonst den Populisten das Feld überlassen, die einfache Lösungen für die zahlreichen Herausforderungen versprechen, die es aber nicht gibt.“ Die Stiftung selber will Männle moderner aufstellen, damit die vielfältigen Angebote von den Menschen noch mehr wahrgenommen werden, unter dem Motto: „Wir müssen noch mehr ran an die Leute!“ Der Tag der offenen Tür hat dazu auf jeden Fall schon einmal ganz erheblich beigetragen.

Hanns-Seidel-Stiftung: Schule der Demokratie

Seit ihrer Gründung im Jahr 1967 zählte die Hanns-Seidel-Stiftung in der politischen Bildungsarbeit rund 43.000 Seminare mit 1,6 Millionen Teilnehmern. Zum Kerngeschäft der Stiftungsarbeit gehören zudem Politikanalyse und Politikberatung. Als „Schule der Demokratie“ bezeichnet die derzeitige Stiftungsvorsitzende Ursula Männle das Haus, das nach dem früheren bayerischen Ministerpräsidenten, Mitbegründer der CSU und Parteichef Hanns Seidel benannt ist.

Neben dem Konferenzzentrum der Stiftung in München gibt es ein Bildungszentren im oberfränkischen Kloster Banz, das durch die traditionellen Klausurtagungen der CSU bekannt ist. Den Pachtvertrag für das Bildungszentrum im oberbayerischen Wildbad Kreuth hat die Stiftung dagegen im März 2016 auslaufen lassen.