Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht im Bundestag. (Foto: Imago/IPON)
Generaldebatte

Merkel warnt vor Abschottung

Bundeskanzlerin Merkel hat sich angesichts internationaler Krisen gegen eine Abschottung Deutschlands gewandt. In der Generaldebatte des Bundestags forderte sie die Bürger auch auf, sich dem Populismus und der Meinungsmanipulation im Internet entgegenzustellen. Der Bundesetat über 329 Milliarden Euro – erneut ohne neue Schulden – wird am Freitag verabschiedet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich gegen eine Abschottung Deutschlands angesichts internationaler Krisen und Unsicherheiten gewandt. Die Antwort müsse sein, zusammen mit anderen auf eine Gestaltung der Globalisierung zu setzen. Dazu solle auch die deutsche Präsidentschaft der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) 2017 beitragen, sagte Merkel in der Generaldebatte über den Haushalt im Bundestag. Ein Schwerpunkt dabei solle eine stärkere Zusammenarbeit mit Afrika sein, die sich nicht nur auf Fluchtbewegungen beschränken solle.

Dem Populismus entgegen

Gleichzeitig appellierte Merkel eindringlich an die Bürger, sich dem Populismus entgegenzustellen. Meinungsbildung entstehe inzwischen ganz anders und werde mitunter manipuliert, sagte die Kanzlerin. Auch dadurch sei die „Sorge um Stabilität unserer gewohnten Ordnung“ entstanden. Im Internet kursierten Meinungen und Berichte, die viel weniger durch journalistische Sorgfaltspflicht entstünden und kontrolliert würden als früher.

Mitunter gebe es gefälschte Nachrichten und durch Meinungsroboter selbst generierende Meinungsverstärker, so die Kanzlerin. Plötzlich zeige sich, dass die sicher geglaubte gemeinsame Wertebasis von Freiheit, Demokratie und Recht nicht mehr für selbstverständlich gehalten würde. Die Politik müsse mit dem Phänomen umgehen und dort regulativ eingreifen, wo es nötig sei – wie bei Hassbotschaften im Internet.

Scharfe Kritik an Russland und syrischer Regierung

Mit Blick auf den Krieg in Syrien kritisierte die Kanzlerin scharf die jüngsten Angriffe des Regimes auf die Stadt Aleppo, die auch Krankenhäuser getroffen haben. „Das ist strafrechtlich zu verfolgen“, so Merkel. Es sei sehr bedauerlich, dass Russland das Regime unterstütze.

Ich weiß nur eins: Es wird weiter Handelsabkommen geben.

Angela Merkel

Merkel kritisierte die Absage des gewählten US-Präsidenten Donald Trump an das geplante Freihandelsabkommen TPP. „Ich bin nicht froh, dass das transpazifische Abkommen jetzt wahrscheinlich nicht Realität wird“, sagte Merkel. Zugleich lobte sie das kürzlich ausgehandelte Freihandelsabkommen CETA zwischen der Europäischen Union (EU) und Kanada als wegweisend.

Sie wisse nicht, wer von dem Schritt Trumps profitieren werde und wolle sich mit Prognosen zurückhalten, sagte Merkel. „Ich weiß nur eins: Es wird weiter Handelsabkommen geben. Und die werden dann nicht die Standards haben, die dieses Abkommen und auch das angedachte TTIP-Abkommen haben wird.“ Es gehe um Arbeitsplätze, fairen Wettbewerb und menschliche Gestaltung der Globalisierung. Mit dem Regierungswechsel in den USA wird kaum mehr damit gerechnet, dass das vom scheidenden Präsidenten Barack Obama angeschobene TTIP-Abkommen zwischen der EU und den USA noch zustande kommt.

Massive Kritik an Erdogan

Scharf kritisierte die Kanzlerin die Politik des türkischen Präsidenten Erdogan, sprach sich aber erneut gegen einen Abbruch der Kontakte aus. Die Einschränkung der Pressefreiheit und die Verhaftung von Abertausenden von Menschen sei nicht zu rechtfertigen. „Insofern müssen wir das deutlich kritisieren.“ Zugleich werbe sie aber dafür, den Gesprächsfaden mit der Regierung in der Türkei aufrecht zu erhalten.

Die Lage wird in den kommenden Jahren nicht einfacher, sondern sie wird eher herausfordernder werden.

Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister

Die Haushaltsdebatte des Bundestags erlebt an diesem Mittwoch mit der Generaldebatte über die Politik der Bundesregierung ihren Höhepunkt. Der traditionelle Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition liefert einen Vorgeschmack auf den beginnenden Bundestagswahlkampf. Anlass ist die Beratung des Einzeletats für das Kanzleramt, der im 329-Milliarden-Gesamthaushalt eigentlich nur ein vergleichsweise kleiner Posten ist. Der Etat für 2017 ist der letzte Haushalt der amtierenden großen Koalition. Er wird an diesem Freitag endgültig vom Bundestag verabschiedet.

Schäuble mahnt ehrlichen Wahlkampf an

Zum Auftakt der viertägigen Etatberatungen hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor wachsenden Risiken für die Haushaltspolitik in den kommenden Jahren gewarnt und einen ehrlichen Wahlkampf angemahnt. „Die Lage wird in den kommenden Jahren nicht einfacher, sondern sie wird eher herausfordernder werden“, sagte der CDU-Politiker im Parlament. Die finanziellen Spielräume bei den Einnahmen würden nicht größer, die Aufgaben aber mit Sicherheit schon – und damit auch die Ausgaben.

Im Kampf gegen den Terror und zur Bewältigung der Flüchtlingskrise hatte die Koalition die Mittel für Sicherheitsbehörden und Verteidigung sowie für humanitäre Hilfe zuletzt nochmals deutlich aufgestockt. Trotz der Milliarden-Mehrausgaben im Wahljahr will der Bund auch 2017 keine neuen Schulden machen. Schäuble peilt damit das vierte Jahr in Folge die „Schwarze Null“ in seinem Etat an.

(dpa/FAZ/wog)