Die sogenannten "Bodycams" sollen auf Täter abschreckend wirken. (Bild: A. Schuchardt)
Kriminalität

Mit Kameras gegen Gewalt

Polizisten in Bayern testen, ob die Videoüberwachung mithilfe kleiner Kameras an der Schulter in Konfliktsituationen Täter von Gewalt und Beleidigungen abschreckt. Sollte sich das Pilotprojekt bewähren, könnten sogenannte "Body-Cams" bald vermehrt zum Einsatz kommen.

Lassen sich Täter von Angriffen auf Polizisten oder Beleidigungen abschrecken, wenn sie von den Beamten dabei gefilmt werden? Insgesamt 280 Polizistinnen und Polizisten testen in München, Augsburg und Rosenheim, ob sie durch den Einsatz sogenannter „Body-Cams“ künftig besser gegen Gewalt geschützt sind. Dabei geht es der Polizei vor allem um kritische Situationen im alltäglichen Dienst.

Einjährige Testphase in Bayern

Aufgrund der deutlich erkennbaren Videoüberwachung erhofft sich Innenminister Joachim Herrmann eine höhere Hemmschwelle, Polizeibeamte anzugreifen. Entsprechende Erfahrungen in anderen Bundesländern wie Hessen, die Body-Cams testen, hätten dies bereits gezeigt. Die kleinen Kameras tragen die Beamten an der Schulter. Sobald die Aufnahme startet, ertönt ein lautes Aufnahmesignal, dass auf Täter zusätzlich abschreckend wirken soll. Sämtliche Aufnahmen werden nach drei Monaten automatisch gelöscht – außer die Polizei hat sie für eine spätere Verwendung etwa vor Gericht ausgewählt.

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Body-Cams für Bayerns Polizei

Ab Dezember 2016 startet das Testprojekt. Ein Jahr lang sollen die Beamten drei unterschiedliche Modelle auf ihre Funktionalität und Wirkung testen. Die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation übernimmt die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege, Fachbereich Polizei. Eine Gesetzesänderung für den Einsatz ist nicht nötig, da die Body-Cams nur dort eingesetzt werden, wo auch eine stationäre Videoüberwachung zulässig ist. Dazu haben die teilnehmenden Polizeiinspektionen bestimmte Bereiche als „gefährliche Orte“ ausgewiesen, an denen Angriffe auf Polizisten besonders häufig sind. Dazu zählen beispielsweise der Münchner Hauptbahnhof und sogenannte „Feiermeilen“ in den Innenstädten.

Immer mehr Gewalt gegen Polizisten

Mit knapp 7.000 Fällen von verbaler und physischer Gewalt gegen Polizeibeamte gab es vergangenes Jahr laut Herrmann in Bayern einen neuen Höchststand seit Beginn der Erhebung der Lagebilder im Jahr 2010.

Vor allem auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, in größeren Städten, an den Wochenenden und in den Nachtstunden bestehe ein überproportionales Risiko von Gewaltvorfällen gegen Polizisten. Die Täter seien überwiegend männlich, zwischen 18 und 50 Jahre alt und alkoholisiert. Zu den teilnehmenden Polizeiinspektionen zählen Augsburg Mitte und Rosenheim sowie in München die Polizeiinspektionen 11 (Altstadt), 14 (Westend) und 21 (Au).

Sollte sich das Konzept bewähren, werde geprüft, ob die Grundlagen im Polizeiaufgabengesetz für den dauerhaften Einsatz entsprechend angepasst und geändert werden müssen, kündigte der Innenminister an. Die Reaktionen auf den Vorstoß des Innenministeriums sind vorwiegend positiv – auch von Seiten der SPD.

Es sind dringend Maßnahmen erforderlich, um die Gewalt gegen die Polizei zu reduzieren. Die Body-Cams können eine dieser Maßnahmen sein.

Peter Paul Gantzer, sicherheitspolitischer Sprecher der SPD

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hält die Mini-Kameras für ein geeignetes Mittel zur Verhinderung von Gewalt gegen die Beamten. In mehreren Bundesländern befinden sich „Body-Cams“ bereits seit geraumer Zeit im Test – meist mit Erfolg.