Grenzkontrollen bei Kufstein-Kiefersfelden. (Bild: Imago/ Roland Mühlanger)
Grenzkontrollen

„Die Lage ist äußerst fragil“

Der Schutz der EU-Außengrenzen sei nicht ausreichend. Mit diesem Argument plädiert Deutschland für die Verlängerung der Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums und setzt sich damit durch. Auf dem Gipfel beschloss die EU zudem, illegale Migration noch strikter zu unterbinden.

Deutschland und andere Länder haben verhindert, dass der EU-Gipfel ein klares Zeichen gegen die Verlängerung der innereuropäischen Grenzkontrollen setzt. Osteuropäische Länder forderten ein Ende der Kontrollen, da die illegale Migration keine Gefahr mehr sei. Doch die Bundeskanzlerin setzte sich durch: Eine Formulierung, mit der deutlich gemacht werden sollte, dass die zurückgehenden Flüchtlingszahlen einen „schrittweisen Abbau“ erlauben, wurde aus der Abschlusserklärung gestrichen. Stattdessen ist deutlich vorsichtiger nur noch von einer „Anpassung“ an die aktuellen Erfordernisse die Rede. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die deutschen Pläne, da die Lage nach wie vor äußerst fragil sei.

Auch wenn sich die Flüchtlingssituation an den Binnengrenzen derzeit entspannt hat, so stellt sich die Lage nach wie vor als äußerst fragil dar.

Thomas de Maizière (CDU), Bundesinnenminister

Die Grenzkontrollen waren zuletzt im Mai auf Grundlage einer europäischen Vereinbarung für sechs Monate verlängert worden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begrüßte, dass auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Passus aus der Abschlusserklärung des EU-Gipfels gestrichen worden sei, der einen schrittweisen Abbau der Binnengrenzkontrollen vorsah.

Bei der Sicherheit unseres Landes dürfen keinerlei Abstriche gemacht werden.

Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister

Die Attentate von Würzburg und Ansbach und die vom mutmaßlichen Terroristen Dschaber al-Bakr geplanten Anschläge machten deutlich, „dass wir alles daran setzen müssen, Gefahren für unser Land so früh wie möglich zu erkennen“. Und dazu gehörten auch engmaschige Binnengrenzkontrollen.

Stoiber für mehr Grenzschutz

Auch der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber plädiert im Interview mit dem Bayernkurier vor allem für eine bessere Kontrolle der deutsch-österreichischen Grenze. Der Bundesregierung bot Bayern dafür auch Unterstützung für die Bundespolizei an, auf die De Maizière jedoch nicht eingegangen sei.

Ich kann es überhaupt nicht verstehen, dass die deutsch-österreichische Grenze, die von einer entscheidenden Bedeutung ist, nicht besser kontrolliert wird. Bayern hat auch wiederholt angeboten, die Bundespolizei zu unterstützen, was vom Bundesinnenminister abgelehnt wurde.

Edmund Stoiber, ehemaliger Ministerpräsident

Ungeachtet der zeitlichen Verlängerung erwarte die CSU, dass die Kontrollen auch lückenloser erfolgten. Aus Bayern war in der Vergangenheit wiederholt kritisiert worden, dass es an den deutschen Außengrenzen immer wieder Phasen gebe, an denen keine Kontrollen stattfänden und diese derzeit – etwa in Bayern – auf die Übergänge mit Autobahnanbindungen begrenzt seien. Sie sind also leicht zu umgehen.

Österreich unterstützt Deutschland

Unterstützung bekommt Deutschland da auch von seinem direktem Nachbarn Österreich. Bundeskanzler Christian Kern sagte in Brüssel: „Für uns ist es wichtig, dass die Möglichkeit zu Grenzkontrollen auch bei den Binnengrenzen jetzt zunächst einmal um weitere sechs Monate verlängert wird.“ Ob die Grenzkontrollen innerhalb des eigentlich grenzkontrollfreien Schengen-Raumes tatsächlich verlängert werden können, wird in den nächsten Wochen davon abhängen, wie viele EU-Staaten die Pläne befürworten. Eine einfache Mehrheit reicht nicht aus.

Besserer Schutz der Außengrenzen

Auch der Kurs in der Flüchtlingspolitik wurde nachjustiert. Die EU will illegale Migration noch strikter unterbinden. Beim Gipfel in Brüssel einigten sich die Staats- und Regierungschefs darauf, den Grenzschutz weiter auszubauen und mehr illegal eingereiste Migranten ohne Bleiberecht zurückzuschicken. So sollen die Außengrenzen der Europäischen Union besser geschützt werden, damit die Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums irgendwann aufgehoben werden können. Die Staats- und Regierungschefs warten zudem auf die Vorschläge der EU-Kommission für ein übergreifendes europäisches Reiseinformationssystem.

Die Zahl der illegalen Einwanderer über das Mittelmeer soll weiter begrenzt werden. Dazu soll weiter an „Migrationspartnerschaften“ mit Herkunfts- und Durchgangsländern insbesondere in Afrika gearbeitet werden. Die Idee ist, Bedingungen dafür zu schaffen, dass mehr Menschen in ihren Ländern bleiben. Zugleich sollen illegale Migranten konsequenter zurückgeschickt werden. Länder, die nicht mit der Europäischen Union kooperieren, müssen Nachteile bei Entwicklungsgeldern und Handel fürchten.

Auf der östlichen Mittelmeer-Seite sollen Migranten verstärkt aus Griechenland in die Türkei zurückgebracht werden. Zugleich soll weiter an der in Aussicht gestellten Visumfreiheit für türkische Bürger gearbeitet werden. Die Mitgliedsländer werden außerdem aufgerufen, stärker zum Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen beizutragen, sowie aktiver bei der Umsiedlung vor allem von Minderjährigen zu werden. Im Dezember soll das Asylthema erneut auf die Tagesordnung kommen.

(dpa/AS)