Schüler aus Kempten mit Geschenken für die Minister. (Foto: Deutsches Museum)
Entwicklungspolitik

Zukunftskongress: Einsatz statt Vision

Seit der Flüchtlingskrise rückt die Bedeutung der Entwicklungspolitik immer mehr in das Bewusstsein der Menschen. Auf dem Zukunftskongress in München zeigen Jugendliche, wie Engagement funktionieren kann.

Wie werden die Menschen im Jahr 2030 leben? Wird es ihnen besser gehen? Oder werden immer noch so viele von ihnen Hunger haben, krank sein, vor Kriegen flüchten?

Nur mit Investitionen in Bildung, erneuerbare Energien und in ein nachhaltiges Wirtschaften werden wir die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts lösen – mit einem ganz neuen Ansatz von globaler Entwicklungspolitik.

Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit

Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit (CSU) steht vor dem Eingang zum Deutschen Museum in München. Dort diskutieren Wissenschaftler, Start-up-Vertreter und Jugendliche vom 15. bis 16. September über Ideen, wie eine gerechtere Welt aussehen könnte. Ein Kongress für Zukunftsvisionen und konkrete Projekte.

2030: Altmaier mit Rollator am Viktualienmarkt

Seit der Flüchtlingskrise bekommt Entwicklungspolitik sehr viel mehr Bedeutung. Deshalb schickt Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Kongress auch Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU).

Sie ist in Sachen EU-Gipfel unterwegs. Er gesteht, dass das Fehlen nachhaltiger Politik in der Vergangenheit dazu geführt habe, dass Millionen von Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung keine Bleibeperspektive sahen – und sich auf den Weg nach Europa machten. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung verrät er seine Vision: Wenn er 2030 mit Gerd Müller am Münchner Viktualienmarkt sitze, „bei einem Latte Macchiato mit unseren Rollatoren“, dann trügen einige der jungen Leute, die heute ihre Ideen präsentiert haben, Verantwortung – und hätten die Welt besser gemacht. Auf dem Kongress zeigen viele von ihnen, wie viel Arbeit hinter echtem Engagement steckt und welche Möglichkeiten es gibt, sich für eine „bessere Welt“ einzusetzen.

Einsatz statt Vision – wie engagieren sich junge Leute? Vier Beispiele:

Rubert Heindl: Der 27-Jährige hat sich mit anderen jungen Teilnehmern einen Gesetzesentwurf zum Umweltschutz ausgedacht: schrittweises Verbot für den Import von Futtermitteln aus Übersee.

Jussra Zamani: Sie ist Jugendbotschafterin der Organisation One und setzt sich für die Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose in Afrika ein.

Jonas Freist-Held: Für die Kinderhilfsorganisation Plan International und bei den Vereinten Nationen unterstützt der 24-Jährige Bildungsprojekte, beispielsweise in Nicaragua.

Lena Schützle: Als Vorsitzende der Organisation Commit gibt sie Workshops an Schulen und Universitäten zum Thema Klimawandel.

Was den Zukunftskongress auszeichnet: hier stehen konkrete Ansätze im Fokus, wie Lebensverhältnisse in den Herkunftsländern von Flüchtlingen verbessert werden können: Von Kühlschränken, die mit Solarenergie betrieben werden, über Drohnen, die Bauwerke auf Schäden untersuchen, und Impfprogramme, die mittels SMS koordiniert werden, bis hin zum Reis-Solartrockner.

Mehr Technologie für Afrika

Unter den Initiativen sticht das Start-up der Informatikerin Juliana Rotich aus Kenia hervor. Sie hat die Open-Source-Software „Ushahidi“ entwickelt. Damit Strom auch bei einem Ausfall fließt, ist die Software mit Mobilfunk-Rooter und starkem Akku verbunden. „Bildung ist der Schlüssel für Entwicklung“, sagt sie der Süddeutschen Zeitung. Das hätten inzwischen auch die meisten afrikanischen Regierungen verinnerlicht. Sie blickt optimistisch in die Zukunft. Überall würden derzeit kleine Technologiezentren entstehen.

Auf dem Kongress diskutieren im „Science Lab“ Nachwuchswissenschaftler aus der ganzen Welt ihre Ansätze. Vertreter des „Jugend Lab“ – eine Art Parlament für junge Erwachsene – übergaben Bundesentwicklungsminister Müller und Kanzleramtsminister Altmaier ihre Vision für die Welt 2030. Durch ein „virtuelles Klassenzimmer“ konnten Schulen in ganz Deutschland und deutsche Auslandsschulen den Kongress mitverfolgen und Entwicklungspolitik zum Thema im Unterricht machen.

Am 18. September wird Minister Müller zum Flüchtlingsgipfel der Vereinten Nationen nach New York reisen. Vielleicht hat auch eine Initiative aus München das Zeug dazu, in den USA Gesprächsstoff zu werden.