Die „Flexi-Rente“ eröffnet mehr Möglichkeiten für einen Ruhestandseintritt nach Maß. (Foto: Imago/Christian Ohde)
Flexi-Rente

Längeres Arbeiten wird attraktiver

Ältere Arbeitnehmer bekommen mehr Möglichkeiten für einen flexiblen Übergang in die Rente. Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf für eine „Flexi-Rente“ verabschiedet, die als wichtiges Projekt von CDU und CSU gilt. Zentrales Anliegen ist der Abbau von Hindernissen für eine vorgezogene Teilrente für Menschen, die noch in Teilzeit weiterarbeiten möchten.

Bislang drohen drastische Kürzungen um bis zu zwei Drittel der Rente, wenn jemand mit 63 in Rente geht und mehr als 450 Euro im Monat dazu verdient. Künftig soll es für den Hinzuverdienst nur noch eine Obergrenze von 6300 Euro im Jahr geben – und dann gilt die Regel: 40 Prozent des darüber liegenden Zuverdienstes werden von der Rente abgezogen.

Wer eine vorgezogene Vollrente bezieht und trotzdem arbeitet, erhöht künftig seinen Rentenanspruch stark, wenn er weiterhin Beiträge zahlt. Versicherte sollen auch früher und flexibler zusätzliche Beiträge in die Rentenkasse einzahlen können, um Rentenabschläge auszugleichen. So soll sich ein vorzeitiger Renteneintritt besser absichern lassen.

Hartz-IV-Bezieher sollen zudem künftig nicht mehr vorzeitig in Rente geschickt werden, wenn sie dadurch auf Grundsicherung angewiesen sind. Das sieht eine ebenfalls vom Kabinett abgesegnete Verordnung des Bundessozialministeriums vor. Hartz-IV-Empfänger werden vom Jobcenter regelmäßig aufgefordert, vorzeitig mit 63 in Rente zu gehen, obwohl sie Renteneinbußen hinnehmen müssen.

SPD-Projekt „Rente mit 63“ verschärfte Mangel an Fachkräften

Durch das im Sommer 2014 eingeführte SPD-Projekt der „Rente mit 63“ war die Zahl der älteren Fachkräfte, die in den Betrieben dringend gebraucht werden, drastisch zurückgegangen. Während die SPD prognostiziert hatte, dass nur 50.000 Arbeitnehmer die „Rente mit 63“ nutzen würden, gingen allein im ersten Jahr mehr als 100.000 Arbeitnehmer vorzeitig und ohne Abschläge in Ruhestand. So sank das durchschnittliche Renteneintrittsalter, das von 2000 bis 2014 von 62,3 auf 64,1 Jahre gestiegen war, bis 2015 wieder auf 64,0 Jahre ab.

Die Flexibilisierung der Arbeitswelt ist ein wesentlicher Baustein für den Erfolg Deutschlands.

Max Straubinger

Mit der abschlagsfreien „Rente mit 63“ wurde mithin das grundsätzliche langfristige Ziel der Regierung, das Renteneintrittsalter aufgrund der demographischen Alterung kontinuierlich anzuheben, konterkariert. Die „Flexi-Rente“ galt von Anfang an als wichtiges Projekt der CDU/CSU und auch als eine Art Gegengewicht gegen die „Rente mit 63“, obwohl sie nicht im Koalitionsvertrag festgehalten ist.

„Flexi-Rente“ ist wichtiges Projekt von CDU und CSU

Der Gesetzentwurf zur „Flexi-Rente“, der auf dem Tisch des Bundeskabinetts lag, ist das Ergebnis von drei Jahren zäher Verhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD. Die grundsätzliche Einigung erfolgte im Mai nach einer Nachtsitzung des Koalitionsausschusses im Kanzleramt. „Die Flexibilisierung der Arbeitswelt ist ein wesentlicher Baustein für den Erfolg Deutschlands sowie für den der Arbeitnehmer“, erklärte Max Straubinger, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe und selbst Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiker.

Denn die Zahl derjenigen, die im Alter arbeiten möchten, steige, betonte Straubinger. Mit der Flexi-Rente schaffe man die Möglichkeit, die Anrechnung der Erwerbstätigkeit auf die Rente wesentlich abzumildern. „Das ist ein großer Beitrag zur Humanisierung der Arbeitswelt für die älteren Bürger“, so Straubinger. Viele wollen nämlich nicht sofort komplett aus dem Arbeitsleben ausscheiden, wenn die Rente naht. Für diejenigen, die sich im Alter besonders fit fühlen, schaffe man nun mehr Flexibilität.

Arbeiten im Alter wird deutlich attraktiver

„Längeres Arbeiten im Rentenalter wird sich künftig lohnen. Mit dem sogenannten Flexi-Bonus für Rentner jenseits der Regelaltersgrenze schaffen wir die Möglichkeit, die Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung für sich zu aktivieren“, meint auch CSU-Sozialpolitiker Stephan Stracke. „Die Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung entfallen vollständig. Zwar zunächst befristet auf fünf Jahre, die Entfristung bleibt aber unser Ziel. Das Arbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze wird damit künftig für Arbeitnehmer und Arbeitgeber deutlich attraktiver. Beide Verbesserungen haben wir in den Verhandlungen mit der SPD durchgesetzt“, freut sich Stracke.

Auch das Arbeiten bis zur Regelaltersgrenze werde deutlich verbessert, so Stracke weiter. „Wir wollen flexible Übergänge in den Ruhestand. Wir wollen Teilzeitarbeit und Teilrenten besser als heute miteinander verzahnen. Deshalb haben wir das geltende Hinzuverdienstrecht deutlich vereinfacht. Anstelle der starren Stufen bei Teilrenten gilt künftig eine flexible Anrechnungsregelung. Das ist für die Menschen gerechter und transparenter. Gleichzeitig leisten wir mit dem neuen Modell einen wesentlichen Beitrag zur Entbürokratisierung.“

Daneben stärke die Koalition im Bereich der Prävention und der Rehabilitation die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Folgenden Ausblick wagt Stracke: Mit der gesetzgeberischen Umsetzung des Abschlussberichts der Koalitionsarbeitsgruppe „Flexible Übergänge vom Erwerbsleben in den Ruhestand“ vom 10. November 2015 durch die Bundesregierung werde der Weg frei für die parlamentarischen Beratungen des Gesetzespakets, die noch im September beginnen werden.

Gefahr der Altersarmut sinkt durch „Flexi-Rente“

Der CDU-Sozialpolitiker Karl Schiewerling betonte, durch die Belohnung längeren Arbeitens „senken wir auch die Gefahr von Altersarmut“. Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß sagte, auch Tarifregelungen wie die Demografie-Komponente in der Chemie-Industrie könnten für den Ausgleich von Abschlägen genutzt werden. Der Verband „Die Jungen Unternehmer“ begrüßte die Reform als überfällig. Die SPD-Sozialexpertin Katja Mast betonte, damit die Menschen das Rentenalter gesund erreichen, würden auch berufsbezogene Gesundheitschecks eingeführt.

Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD), deren Haus das Gesetz nach dem Konzept der Koalitionsfraktionen geschrieben hat, sprach von einem „historischen Schritt“. Entscheidend sei, dass es die Flexibilität der Rente nach hinten und nach vorne gebe – „also für die, die länger arbeiten können und wollen, und für die, die zum Ende ihres Arbeitslebens einfach nicht mehr können.“

(dpa/wog)