CSU-Chef Horst Seehofer umringt von Journalisten bei seinem ersten Auftritt nach der Sommerpause in Landshut. (Bild: CSU)
Rede in Landshut

Erst die Inhalte, dann die Personalien

„Zuwanderung und Sicherheit werden die bestimmenden Themen der kommenden Monate sein", sagte CSU-Chef Seehofer bei seinem ersten Auftritt nach der Sommerpause in Landshut. Für Personaldebatten sei jetzt der falsche Zeitpunkt, es gehe in erster Linie um das Lösen der Probleme der Menschen.

„Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt“, so hat es Bundespräsident Gauck ausgedrückt und in diesem Sinne will sich auch Horst Seehofer bei den Fragen zur Flüchtlingskrise verstanden wissen. Denn Bayern habe schon immer auf einen Dreiklang gesetzt: Erstens die Humanität. Der Freistaat habe eine Visitenkarte der Menschlichkeit abgegeben und nach Kräften den Flüchtlingen geholfen. Zweitens die Integration. Kein anderes Bundesland hat mehr Geld für die Integration der wirklich Schutzbedürftigen investiert. Und drittens die Obergrenze, um die Punkte 1 und 2 überhaupt bewältigen zu können. „Kein Land der Welt ist in der Lage, jährlich eine Million Flüchtlinge aufzunehmen“, betonte Seehofer und erneuerte seine Forderung nach einer Begrenzung der Zuwanderung.

Weltoffenheit ist in Bayern eine Selbstverständlichkeit – aber die Interessen der hiesigen Bevölkerung müssen immer geachtet und respektiert werden.

Horst Seehofer

Entwicklungen geben Seehofer Recht

„Ich muss keinen meiner Sätze zur Zuwanderung korrigieren. Keinen einzigen“, stellte der CSU-Chef unter großem Applaus im Landshuter Bierzelt klar. Geschätzt 2000 Menschen waren auf den Dultplatz gekommen, um den ersten Auftritt Seehofers nach der Sommerpause live zu verfolgen. Der Besuch hat sich gelohnt, da war man sich nach der Veranstaltung einig, stellenweise gab es stehende Ovationen für Seehofer. Hintergrund der Veranstaltung war die in Landshut anstehende Oberbürgermeisterwahl. Der Parteichef war gekommen, um den CSU-Kandidaten Helmut Radlmeier gebührend zu unterstützen. Dabei verwies der Ministerpräsident auch auf die positive Entwicklung der Region. Niederbayern habe früher unter einer extrem hohen Arbeitslosigkeit von bis zu 25 Prozent in den Wintermonaten gelitten. Kluge Politik vor Ort und im Land hätten die Situation völlig verändert.

Bayern besteht nicht nur aus München. Wir wollen, dass sich alle Regionen in Bayern gleichwertig entwickeln.

Horst Seehofer

Seehofer bleibt bei Obergrenze – Kritik an SPD-Chef

Bayern und Deutschland seien auch weiterhin bereit, jenen Menschen zu helfen, die wirkliche Unterstützung benötigten, betonte Seehofer in seiner Rede. Es wäre allerdings Gift für das gesellschaftliche Klima, wenn man den Einheimischen etwas wegnehmen müsste, um die den immensen Aufwand bewerkstelligen zu können. Bayern gebe in vier Jahren allein dafür neun Milliarden Euro aus. Bei der Integration seien auch die Flüchtlinge gefordert, wiederholte Seehofer: „Integration hat bei uns eine Richtung.“ Unabdingbar sei der Respekt der Flüchtlinge vor den hier geltenden Werten und Regeln des Zusammenlebens sowie deren Bereitschaft, ihren Lebensunterhalt durch Arbeit selbst zu bestreiten.

Die Forderung nach einer Begrenzung der Zuwanderung ist bemerkenswerterweise nun auch bei den Sozialdemokraten angekommen. Deren Vorsitzender Sigmar Gabriel hatte am Vortag im ZDF-Sommerinterview erklärt, auch er sei für eine Obergrenze. Seehofer erinnerte daran, dass sich Gabriel noch im Dezember vehement gegen eine Obergrenze ausgesprochen hatte.

Sie werden sehen: Je näher es auf die Wahlen zugeht, umso mehr unserer Positionen wird die SPD übernehmen.

Horst Seehofer zum Sinneswandel des SPD-Chefs

Sicherheit steht im Mittelpunkt

Die Zuwanderung nach Deutschland macht in den Augen Seehofers auch weitreichende Maßnahmen in der Sicherheitspolitik notwendig. „Wir wissen zur Zeit einfach nicht, wer eigentlich alles bei uns im Land ist“, zeigte sich Seehofer besorgt mit Blick auf die Innen- und Sicherheitspolitik in Berlin. Zusätzlich gebe es tausende junge Flüchtlinge, die „schlicht und einfach verschwunden“ seien und „das sind keine Einzelfälle“. In einem funktionierenden Rechtsstaat könne man diesen Zustand nicht hinnehmen, stellte der Ministerpräsident klar: „Ein Rechtsstaat, dem auf der Nase herumgetanzt wird, ist kein Rechtsstaat.“ Bayern geht hier so gut es geht eigene Wege, die Staatsregierung hat unter dem Motto „Sicherheit durch Stärke“ bei der jüngsten Kabinettsklausur ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen.

Kein Land der Welt kann seiner Bevölkerung eine absolute Sicherheit garantieren. Aber wir sind verpflichtet, alles Menschenmögliche zu tun, um größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten.

Horst Seehofer

Außengrenzen schützen, Verfahren vor Ort

Daher bleibt Seehofer auch bei seiner Forderung nach einem wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen. Die Abwicklung der Asylverfahren vor Ort sei zudem „wesentlich humaner“ als die aktuelle Praxis, bei der die Ankommenden in der ganzen Republik umhergeschickt würden und monatelange Verfahren abwarten müssten, nur um dann am Ende womöglich doch zurückgeführt zu werden.

Außerdem sieht Seehofer die internationale Gemeinschaft bei der Entwicklungshilfe in den Krisenregionen stärker in der Pflicht. „Die Welt muss dafür sorgen, dass es bessere Bedingungen in Afrika, in Syrien oder anderen Regionen gibt, damit die Leute irgendwann gar keinen Grund mehr haben, zu fliehen“, betonte der CSU-Chef. Eine besondere Rolle kommt seiner Ansicht nach auch den USA zu. Diese hätten mit ihrer Politik einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass die Situation in manchen Regionen jetzt so sei, wie sie ist.

Das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei sieht Horst Seehofer nach wie vor skeptisch: „Bei der Bewältigung der Flüchtlingsfrage würde ich mich nicht auf die Türkei verlassen.“ Die EU müsse das Problem selbst lösen und dürfe dabei keine Zeit mehr verlieren.

Fokus auf Inhalte, nicht auf Personalien

In den kommenden Wochen werde sich seine Partei mit der Schwesterpartei CDU über gemeinsame Linien, aber auch Unterschiede in der Integrationspolitik besprechen. Auf sechs Kongressen – zwei davon in Bayern – wollen CDU und CSU die Weichen für die Monate bis zur Bundestagswahl stellen. „Wir müssen über Inhalte sprechen – nicht über Personalien oder Koalitionen“, stellte Seehofer klar. Denn: Machtspielchen oder das Scharren um Posten und Positionen seien genau das, was die Menschen bei der Politik frustriere.

Wir müssen über Inhalte sprechen – und nicht über Personalien oder Koalitionen.

Horst Seehofer