Immer das Richtige? Bundesjustizminister Heiko Maas beim Landesdelegiertentag der Saar SPD. (Bild: Imago/Becker & Bredel)
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Maas dankt linksextremer Band

Bundesjustizminister Heiko Maas hat sich auf Facebook einem Shitstorm ausgesetzt, weil er sich für eine Aktion gegen Rassismus in Anklam bedankt hat. Das Problem: Sein Dank galt ausdrücklich auch der Band "Feine Sahne Fischfilet", die aufgrund ihrer Texte vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft und beobachtet wurde.

In dem Dorf Anklam in Mecklenburg-Vorpommern traten bei einem „Konzert gegen Rechts“ der Rapper Marteria, der Musiker Campino und andere Künstler auf, darunter auch die Band „Feine Sahne Fischfilet“, die die Veranstaltung organisierten. Mehr als 2000 Gäste kamen, laut dem von Maas geposteten ARD-Bericht. Der Aktion zu danken, wäre zweifellos in Ordnung. Doch Maas dankte ausdrücklich auch Andreas Frege, Marteria – und den Organisatoren, der Band „Feine Sahne Fischfilet“ (FSF).

Diesen Namen hat sich eine Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern gegeben, die sich selbst als „antifaschistische Band“ bezeichnet. Antifaschismus ist oft eine der Spielarten des Linksextremismus, mit denen man seine vermeintlich „guten“ Ziele tarnt. Oft steckt dahinter aber eine ausgesprochene Staatsfeindlichkeit sowie eine Ablehnung des Gewaltmonopols des Staates. Dass auch Neonazis Grundrechte beanspruchen können, wird von Antifaschisten meist verneint. Daher kommt es zum einen oft zu Gewalttaten gegen Rechtsradikale, aber auch gegen Polizisten.

Eine Band unter der Lupe

Laut einem Spiegel-Bericht nahm sie 2011 der Verfassungsschutz von Mecklenburg-Vorpommern wegen ihrer „explizit anti-staatlichen Haltung“ unter die Lupe, deren Ziel es sei, die „staatliche Struktur aufzulösen“. Unter anderem wurde kritisiert, dass sie auf ihrer Internetseite das Foto eines Plakats veröffentlichten, auf dem die Anleitung zum Bau eines Molotow-Cocktails stand. Für die Musiker war das „nur Satire“. Das Plakat endete jedoch mit dem Aufruf „Bullen und Nazis bekämpfen!“ – Satire sieht anders aus. Auf zwei Seiten fand sich die Musikgruppe dann im Verfassungsschutzbericht 2011. Dem Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern war zuvor auch das gewaltverherrlichende Lied „Staatsgewalt“ aus dem ersten Album von 2009 „Backstage mit Freunden“ aufgefallen. Darin heißt es:

Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen / Und schicken den Mob dann auf euch rauf / Die Bullenhelme – sie sollen fliegen / Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein / Und danach schicken wir euch nach Bayern / denn die Ostsee soll frei von Bullen sein.

„Das spielen wir seit Jahren nicht mehr, weil es uns schlichtweg zu platt rüberkommt“, exkulpierte sich die Band dieses Mal. Eine inhaltliche Distanzierung ist das aber wohl eher nicht. Auch ein Prüfverfahren der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wurde eingeleitet, eine Mehrheit des Gremiums lehnte eine Einstufung als „jugendgefährdend“ aber ab. Indiziert wurde also weder das Album, noch das Lied.

Gute Gründe der Verfassungsschützer

Es gebe gute Gründe, dass die Band in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen worden sei, sagte damals das Innenministerium. Feine Sahne Fischfilet sei „fester Bestandteil der Autonomenszene in Mecklenburg-Vorpommern“. Zudem würden die Mitglieder „die gesellschaftliche und staatliche Ordnung grundsätzlich ablehnen“, Gewalt als „legitime Handlungsoption in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner“ ansehen. Das bestätigte in Interviews indirekt auch die Band, die meinte, gegen Nazis würde es nicht reichen, nur friedlich zu demonstrieren, und man würde nicht protestieren, wenn „ein Nazi (…) eine auf die Fresse“ bekomme. In einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern von 2013 heißt es über die Band: „Die Anwendung von Gewalt wird nur als ‚Selbstzweck‘ abgelehnt, mit dem ‚richtigen‘ Zweck dagegen als legitim angesehen.“

Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern teilte damals auf Anfrage des Spiegel mit, die Band nutze ihre Popularität, um ihr Publikum „für linksextremistische Ziele“ zu gewinnen. Auch habe die Gruppe Geld für straffällige Linksextremisten gesammelt, für „Antifas, die Stress mit den Bullen haben“, sagt die Band selbst. Mit dem 2012 veröffentlichten Album „Scheitern & Verstehen“ und dem Titel „Gefällt mir“ machte die Band ihre Sicht auf Deutschland überaus deutlich:

Heute wird geteilt, was das Zeug hält, Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck! Gib mir ein „like“ gegen Deutschland, Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck!

Laut dem Landesverfassungsschutzbericht 2012 fand sich auch noch die Liedzeile „Deutschland verrecke, das wäre wunderbar!“ am Ende des Liedes. 2012 stand im Bericht über die Bandmitglieder:

Vier der Bandmitglieder sind zudem wegen linksextremistischer Gewalttaten von polizeilichen Ermittlungen betroffen gewesen. Die Tatvorwürfe reichen von Bedrohung, Nötigung, Landfriedensbrüchen (zum Teil in besonders schweren Fällen) bis hin zu gefährlicher Körperverletzung. Daneben werden Bandmitgliedern andere politisch motivierte Straftaten wie Beleidigungen und Sachbeschädigungen sowie Verstöße gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen. Zu Geldstrafen wurde ein Bandmitglied wegen Beleidigung eines Polizeivollzugsbeamten und Landfriedensbruchs verurteilt.

Die „autonome Punkband FSF“ entfalte neben ihrem musikalischen Wirken „auch linksextremistische Aktivitäten – sie ist daher als politischer Zusammenschluss anzusehen“. Auch 2012 habe FSF zu einer Vielzahl von Veranstaltungen und Demonstrationen aufgerufen, welche für das linksextremistische Spektrum relevant sind.

Entmenschlichung von Polizisten

2013 rückte der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls nicht von seiner Beobachtung ab.

Ein Aufruf auf der Facebookseite der Band zur Teilnahme an der gewalttätig verlaufenden linksextremistischen Demonstration zum Erhalt u. a. der Roten Flora in Hamburg am 21. Dezember 2013 zeigt Mitglieder der Band mit Schweinemaske und Polizeiausrüstung. Es bedarf keiner sonderlichen Interpretationsbemühungen, um dies als eine Herabwürdigung polizeilicher Einsatzkräfte zu werten.

Die Darstellung von Polizisten als „Schweine“ stammt noch aus RAF-Zeiten, als die Sicherheitskräfte als Repräsentanten des „Schweinesystems“ – der Bundesrepublik – bezeichnet wurden. Die Entmenschlichung von Polizisten, die ja auch Väter, Mütter, Brüder, Schwestern, Töchter und Söhne sind, machte und macht es den Linksextremen bis heute leichter, gewaltsam gegen sie vorzugehen. Weiter heißt es im Bericht 2013:

In der Gesamtschau der zur Band vorliegenden Erkenntnisse handelt es sich bei (dem) Zitat zum „nicht staatstragenden Antifaschismus“ de facto um ein klares Bekenntnis zum staatsfeindlichen Antifaschismus der gewaltbereiten autonomen Szene. Diese Ausprägung des Antifaschismus richtet sich nicht nur  gegen Neonazis und andere Rechtsextremisten, sondern sieht auch den Staat selbst und seine Vertreter als faschistisch an, welche folglich auch aktiv zu bekämpfen sind.

Die Band hatte sich selbst als Anhänger eines „nicht staatstragenden Antifaschismus“ bezeichnet. Auch 2014 taucht die Gruppe im VS-Bericht auf mit dem Satz: „In Bezug auf die Punkband ‚Feine Sahne Fischfilet‘ hat sich gegenüber den Vorjahren keine Änderung der Rechtslage ergeben.“ Im aktuellen Verfassungsschutzbericht 2015 wird die Band nicht mehr erwähnt, doch eine Sprecherin des Innenministeriums sagte bei der Vorstellung im August: „Die Nichterwähnung einer Gruppierung im Verfassungsschutzbericht lässt nicht den Schluss zu, dass diese nicht beobachtet wird.“

Erfolglose Klagen

Die Band klagte erfolglos gegen ihre Nennung in den Verfassungsschutzberichten von 2011 und 2012. Laut Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern vom 6. Juni 2013 durfte die Band zunächst weiter im Verfassungsschutzbericht als linksextrem geführt werden. Laut Gerichtsurteil gab es „hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass von der (…) Musikgruppe Bestrebungen ausgehen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind“. Und weiter: „Die Antragstellerin spricht ihrem politischen Gegner das Recht zur Ausübung der genannten Grundrechte schlicht ab und wendet sich dadurch gegen tragende Verfassungsprinzipien.“ Staatliche Maßnahmen, die darauf abzielen, anderen die Ausübung ihrer Grundrechte zu ermöglichen, wie zum Beispiel Polizeieinsätze zum Schutz von Versammlungen, würden von der Band „nicht als Erfüllung einer verfassungsmäßigen Verpflichtung, sondern als staatliche Unterstützung rechtsextremistischer Organisationen angesehen“.

An der Einstellung der Band zum Staat hat sich jedenfalls nichts geändert, dies legen auch die neueren Lieder nahe. Im 2015 veröffentlichten Lied „Wut“ heißt es „Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt“ und „Lieber Hartz 4 beziehn, im Bett bis um 4 liegen, Bier trinken, Weed dealen, Speed ziehn, Als Geld im Staatdienst verdien“.

Reaktionen auf Maas

Die mehr als 1800 Reaktionen auf den Post des Bundesjustizministers fallen überwiegend negativ aus. „Peinlich und rücktrittswürdig“, ist dabei noch einer der nettesten Kommentare. „Schon bemerkenswert, wenn ein Minister sich bei einer Band bedankt, die so von der deutschen Politik denkt“, gibt ein anderer Schreiber zu bedenken. Weiteres Beispiel: „Also, wenn das nächste Mal wieder Politzisten mit Pflastersteinen bombardiert werden, bitte beim Herrn Minister bedanken.“ Jemand anders kritisiert: „‚Die Bullenhelme – sie sollen fliegen/ Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein‘ – sowas findet unser Justizminister gut. Das ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden Polizeibeamten, dessen Familien, die ständig in Sorge sind und auch aller staatstreuen Deutschen.“

Haben sie nachgeforscht, welche Texte von anwesenden Bands sich gegen Polizisten wenden, die auch für sie ihren Dienst ausüben.

Kommentar auf Facebook

Wieder ein anderer Kommentator erinnert den Justizminister an seine Aufgabe: „Sie sind Bundesjustizminister und somit der höchste Repräsentant für Gerechtigkeit und Gleichbehandlung vor dem Gesetzt. Wo ist hier die Gleichbehandlung oder ist die Justiz offensichtlich doch blind (wie an den Statuen zu erkennen) und zwar auf dem linken Auge. Haben sie nachgeforscht, welche Texte von anwesenden Bands sich gegen Polizisten wenden, die auch für sie ihren Dienst ausüben!“ Aufgeworfen wird auch die Frage, was wohl passiert wäre, wenn der CDU-Innenminister Thomas de Maizière einem „Konzert gegen Links“ und einer dort auftretenden rechtsradikalen Band gedankt hätte.

Wer unsere Demokratie gegen Extremisten verteidigt, indem er gemeinsame Sache mit anderen Extremisten macht, erweist dieser letztlich einen Bärendienst.

Stephan Mayer, CSU

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), kritisierte in der Zeitung Junge Freiheit: „Auch in der politischen Auseinandersetzung gilt: der Zweck heiligt nicht die Mittel! Wer unsere Demokratie gegen Extremisten verteidigt, indem er gemeinsame Sache mit anderen Extremisten macht, erweist dieser letztlich einen Bärendienst. Dass es sich hierbei um eine Musikgruppe handelt, die offenbar ein gestörtes Verhältnis zur Polizei und damit zu unserem Staat insgesamt hat, macht ein gemeinsames Vorgehen besonders fragwürdig.“

Die Band „Feine Sahne Fischfilet“ findet den Post von Maas jedenfalls nicht so toll, wie sie auf Facebook postet: „Kurze Sache, die uns noch wichtig ist: Wir finden es doch mehr als komisch, wenn jetzt irgendwelche offiziellen Politiker kommen und unsere Aktionen feiern. Es sind teilweise die gleichen Leute, die uns bis vor 2 Wochen noch in den Verfassungsschutzbericht geschrieben haben. Es sind die gleichen Leute, die hier gewisse Landstriche völlig aufgegeben haben. Es sind zum Großteil die gleichen Politiker die in diesen Regionen nur mit einer Sache glänzen – das ist ihre Abwesenheit!“