Eine neue massive Blamage droht der Landesregierung Rheinland-Pfalz, diesmal mit dem Verkauf des defizitären Flughafens Hahn im Hunsrück. (Foto: Imago/Hermann J. Knippertz)
Flughafen Hahn

Sitzt Rot-Grün erneut einem Betrüger auf?

Nach dem Skandal um den Nürburgring sitzt die Regierung in Rheinland-Pfalz möglicherweise schon wieder einem Betrüger auf – und zwar beim Verkauf des Flughafens Hahn mit 2500 Arbeitsplätzen. Der Flughafen im Hunsrück gilt wie auch die Eifel-Rennstrecke als klassischer Investitionsflop von Rot-Grün, doch ob der chinesische „Investor“ die versprochenen Millionen tatsächlich hat, gilt als fraglich.

Die Hoffnung, dass die Ampelregierung in Rheinland-Pfalz irgendwann einmal aus früheren Fehlern der roten und rot-grünen Vorgänger lernt, schwindet. Erneut droht die Landesregierung beim Versuch, eine Investitionsruine einigermaßen sinnvoll loszuwerden, einem Blender, einem Subventionsjäger oder gar einem Betrüger aufzusitzen. Ob der angebliche chinesische Investor „Shanghai Yiqian Trading“ (SYT) tatsächlich die 13,5 Millionen Euro Kaufsumme für den Flughafen Hahn im Hunsrück mit seinen 2500 Arbeitsplätzen aufbringen kann, steht in den Sternen – selbst wenn seine Anwaltskanzlei Greenfort in Frankfurt nun ausrichten ließ, das Geld werde „nächste Woche“ auf ein Treuhandkonto überwiesen.

Das sieht nach Wählertäuschung aus.

Julia Klöckner, CDU

Das Unternehmen hatte eine Zahlungsfrist verstreichen lassen und dringend angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt. Die rheinland-pfälzische CDU-Landtagsopposition erhöht den Druck auf Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und fordert von ihr eine Erklärung. „Wir haben allen Grund zur Skepsis, wenn eine Landesregierung mit einem Phantom verhandelt“, sagte Fraktionschefin Julia Klöckner. „Das sieht nach Wählertäuschung aus.“ Es gehe um Millionen Euro und um Hunderte Arbeitsplätze am Flughafen Hahn. Der Mainzer Landtag kommt am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammen. „In dieser Sitzung wird sich die Regierung umfassend äußern“, sagte Dreyer.

CDU wittert Wählertäuschung

Bereits vergangene Woche berichteten Medien, der von der Ampel-Regierung eingefädelte Verkauf des verschuldeten Hunsrück-Airports an das chinesische Unternehmen Shanghai Yiqian Trading (SYT) drohe zu platzen. Denn die Firma ist nach Angaben von Innenminister Roger Lewentz (SPD) mit einer vereinbarten Teilzahlung für Grundstücke in Verzug und hat eine Frist verstreichen lassen. Daher habe er Dokumente angefordert, um die Liquidität nachzuweisen, sagte er. Die Landesregierung stoppte den Verkaufsprozess vorerst. Damit liegt auch die Entscheidung des Landtags über ein Verkaufsgesetz auf Eis.

CDU-Fraktionschefin Klöckner kritisierte, dass das Parlament erst jetzt über die Schwierigkeiten informiert wurde. „Das ist ein geplantes Belügen der Öffentlichkeit.“ Dabei habe Dreyer in ihrer Regierungserklärung maximale Transparenz zugesagt. Auch hatte Dreyer behauptet: „Wir haben alles an Sicherheiten eingeholt, was möglich ist.“

Der verschuldete Hunsrück-Flughafen, der 125 Kilometer westlich von Frankfurt liegt, gehört zu 82,5 Prozent dem Land Rheinland-Pfalz und zu 17,5 Prozent dem Land Hessen. Zwischen Rheinland-Pfalz und der SYT ist für den Airport ein Kaufpreis von 13,5 Millionen Euro vereinbart. Daneben existiert ein Vertrag über Grundstücke an dem früheren US-Militärflugplatz in Höhe von 3,4 Millionen Euro. Der Flughafen ist aus einer militärischen US-Air Base entstanden. Bekannt ist er vor allem durch die Nutzung der Billiglinien Ryan-Air und WizzAir – die allerdings so tun, als wäre Hahn praktisch vor den Toren Frankfurts.

Herausreden auf EU-Vorschriften verfängt nicht

Das chinesische Unternehmen hatte angekündigt, den hochdefizitären Flughafen erst zu kaufen und – selbstverständlich nach Entgegennahme großzügiger Investitionszuschüsse – zu einem blühenden Luftverkehrsknoten zu entwickeln. SYT habe das höchste Kaufpreisangebot unterbreitet, sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD). „Mit Blick auf die maßgeblichen Vorschriften vor allem auch des EU-Rechts war diesem Unternehmen daher der Zuschlag zu erteilen.“

Das heißt nicht, dass Sie an jeden Schrotthändler verkaufen müssen, der vor Ihrer Haustür steht und Ihnen einen fiktiven Preis nennt.

Werner Langen, CDU

Dass die Landesregierung also laut EU-Vorschriften gar nicht anders konnte als den Chinesen den Flughafen zuzusagen, wie Lewentz und der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Schweitzer äußerten, ziehen CDU-Politiker in Zweifel. Der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen sagte der FAZ, er halte das für Unsinn. Man dürfe nach EU-Recht öffentliches Eigentum zwar nicht unter Wert veräußern, weil es sich dann um versteckte Subventionen handeln könnte. „Aber das heißt nicht, dass Sie an jeden Schrotthändler verkaufen müssen, der vor Ihrer Haustür steht und Ihnen einen fiktiven Preis nennt“, so Langen.

Bruchlinien zwischen SPD, Grünen und FDP

In der erst in diesem Frühjahr gebildeten Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP tun sich Bruchlinien auf. Mit Ärger in der Stimme betonte Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) schon, dass seine Partei nichts mit dem Debakel zu tun habe. „Die offenen Fragen müssen nun durch das für den Verkaufsprozess zuständige Innenministerium zügig geklärt werden.“ Auch die Grünen kritisieren die federführende SPD. Fraktionschef Bernhard Braun sagte zur Bonitätsprüfung: „Das ist schlecht gelaufen, das ist eindeutig.“ Wie die FAZ schreibt, spielte der Flughafen-Deal keine große Rolle bei den Koalitionsverhandlungen. „Der Verkaufsprozess schien kurz vor dem Abschluss. Über Details durften die FDP-Verhandler schon aus Geheimhaltungsgründen nicht informiert werden“, so die FAZ.

Die SPD-geführte Landesregierung in Rheinland-Pfalz lässt sich ja nicht zum ersten Mal von windigen Investoren über den Tisch ziehen. Beim Verkauf des Milliardengrabes Nürburgring an einen angeblichen US-Milliardär 2009 blamierte sich die damalige SPD-Alleinregierung von Kurt Beck bis auf die Knochen, und 2012 erneut, als dem neu ausgeguckten Käufer, dem Autozulieferer Capricorn, schon bei der zweiten Rate die Luft ausging. Zuvor hatten sie rund eine halbe Milliarde Euro an Investitionen verbraten – Geld der Steuerzahler. Nach den Plänen der SPD hätte der Nürburgring zu einem völlig überdimensionierten Freizeitpark mit Hotels, Discos und Achterbahn ausgebaut werden sollen.

KPMG lag schon beim Nürburgring daneben

Kein gutes Licht wirft die Sache auch auf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die für eine halbe Million Euro die Bonität der SYT prüften sollte. Wie die Welt genüsslich ausführt, kennt merkwürdigerweise niemand die SYT, „auch nicht die chinesische Handelskammer in Deutschland“. Außerdem habe die Firma keine Website und verfüge „gerade mal über 70.000 Euro eingetragenes Kapital“. Die Firma habe bisher nur mit Baumaterialien, Textilien und Elektronikprodukten gehandelt.

Ein SWR-Reporter übrigens suchte in Shanghai nach der SYT – und fand ein nur 25 Quadratmeter großes Büro ohne Firmenschild vor, das voller Pappkartons stand und eher eine Rumpelkammer war. Die Welt weist weiter darauf hin, dass die KPMG bereits beim Nürburgring mehrfach daneben gelegen sei. Merkwürdig daher, dass Innenminister Lewentz den neuen Prüfauftrag doch wieder an dieselbe Agentur vergab. Also bleibt es doch wieder bei „Rheinland-Filz“ – trotz Dutzender gegenteiliger Beteuerungen von Malu Dreyer?

(Welt/FAZ/dpa/wog)