Rot-Grün verliert die Mehrheit
Weil eine Abgeordnete der Grünen ihre Fraktion verlässt und zur CDU wechselt, steht die Regierung von Stephan Weil im Landtag ohne Mehrheit da. CDU und FDP verfügen im Parlament künftig um eine Stimme mehr als die rot-grüne Koalition.
Niedersachsen

Rot-Grün verliert die Mehrheit

Weil eine Abgeordnete der Grünen ihre Fraktion verlässt und zur CDU wechselt, steht die Regierung von Stephan Weil im Landtag ohne Mehrheit da. CDU und FDP verfügen im Parlament künftig um eine Stimme mehr als die rot-grüne Koalition.

Die Oppositionsparteien CDU und FDP stehen vor einer Übernahme der Mehrheit im niedersächsischen Landtag. CDU-Fraktionschef Björn Thümler will seiner Fraktion empfehlen, die bei den Grünen ausgetretene Abgeordnete Elke Twesten in die CDU aufzunehmen, wie er am Freitag in Hannover sagte. Damit hätten CDU und FDP zusammen 69 Sitze, SPD und Grüne 68 Sitze. Fünf Monate vor der nächsten Landtagswahl am 14. Januar steckt Niedersachsen damit in einer tiefen Regierungskrise.

Präferenz für Schwarz-Grün

Twesten hatte zuvor bekannt gegeben, die Fraktion der Grünen zu verlassen. Sie will zur CDU wechseln. „Ich sehen meine politische Zukunft in der CDU. Ich bin seit Langem eine Anhängerin von Schwarz-Grün“, sagte sie.

Das zeigt einmal mehr: Rot-Grün kann einfach nicht verlässlich regieren.

Peter Tauber, CDU-Generalsekretär

Thümler sagte, die rot-grüne Landesregierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) müsse jetzt entscheiden, ob sie in dieser Situation ohne Mehrheit weiter regieren könne. Die CDU-Fraktion werde voraussichtlich am Dienstag über ihr weiteres Vorgehen entscheiden.  „Unsere Verfassung bietet mehrer Optionen. Diese Möglichkeiten müssen rechtlich sauber geprüft werden“, sagte Thümler. „Man wird in Ruhe alle Fragen erörtern, wenn sie rechtlich vernünftig geprüft sind.“ Die Landesverfassung sieht die Möglichkeit vor, dass der Landtag dem Ministerpräsidenten das Vertrauen entzieht und einen Nachfolger wählt.

Weil will Neuwahlen

Ministerpräsident Weil sprach sich inzwischen für eine rasche Neuwahl des Landtags aus. Weil schlug vor, das Parlament solle sich selbst auflösen. Einen Rücktritt lehnte er ab. „Ich stelle mich jederzeit sehr gerne dem Wählerwillen, aber ich werde einer Intrige nicht weichen.“ Die Wähler seien die einzigen, die über Mehrheiten bestimmen dürften.

Streit um die Nominierung

Thümler nannte den Schritt von Twesten „doch etwas kurios“. Die Politikerin selber betonte: „Ich bin keine Verräterin. Ich fühle mich sehr gut.“ Als Begründung für ihren Parteiaustritt nannte Twesten ihre Nicht-Nominierung für die Landtagswahl 2018 in ihrem Wahlkreis in Rotenburg (Wümme).

Die Grünen hatten zuvor ihre abtrünnige Abgeordnete zur Rückgabe ihres Landtagsmandats aufgefordert. „Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass sie ihr Landtagsmandat, das sie über die grüne Landesliste erhalten hat, mit sofortiger Wirkung zurückgibt“, teilten die Grünen-Landesvorsitzenden Meta Janssen-Kucz und Stefan Körner am Freitag mit.

Entsetzen bei der SPD

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Anja Piel sagte: „Wir bedauern die Entscheidung von Elke Twesten außerordentlich.“ Sie habe sich bewusst entschieden, keine Aussprache in der Fraktion zu führen. „Auch vor dem Hintergrund, dass es keine inhaltlichen Differenzen gab, können wir diesen Schritt nicht nachvollziehen.“

Die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Johanne Modder, sagte, sie sei „sehr enttäuscht“ und sprachlos, dass Twesten einfach die Seite wechsele. „Wir haben viereinhalb Jahre mit den Grünen sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet, es ist bitter, dass die Koalition jetzt so endet und entspricht auch nicht dem Wählerwillen.“ Die Nachricht über ihren Wechsel, sei in die SPD-Fraktion „wie eine Bombe eingeschlagen“.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber wertet das Ende der rot-grünen Mehrheit in Niedersachsen als generelles Signal gegen Koalitionen von SPD und Grünen. „Das zeigt einmal mehr: Rot-Grün kann einfach nicht verlässlich regieren“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

(dpa)