In vielen Staaten mit islamischer Bevölkerungsmehrheit dürfen Männer bis zu vier Ehefrauen haben. (Bild: imago/edp)
Integration

Null Toleranz für Polygamie

Mehrfach-Ehen sind in Deutschland verboten - doch in der Praxis werden sie von Behörden oft toleriert, wenn es um den Nachzug von Familienangehörigen geht. Bundesjustizminister Heiko Maas will das verhindern. Auch gegen Zwangsehen und Kinder-Ehen unter Flüchtlingen will der Minister vorgehen. Bayerns Justizminister Winfried Bausback hat bereits eine klare gesetzliche Regelung angemahnt.

Keine Anerkennung für Zwangsehen und Mehrfach-Ehen bei Flüchtlingen. Mit dieser Forderung appelliert Bundesjustizminister Heiko Maas an die Behörden. Denn in der Praxis würden polygame Familienverhältnisse unter Flüchtlingen – und damit der Nachzug von mehreren Ehefrauen – von Beamten oft stillschweigend toleriert, schreibt die Bild-Zeitung .

Niemand, der zu uns kommt, hat das Recht, seine kulturelle Verwurzelung oder seinen religiösen Glauben über unsere Gesetze zu stellen.

Heiko Maas, Bundesjustizminister

Verbot von Kinderehen

Maas kündigte außerdem an, die Forderung nach einem gesetzlichen Vorgehen gegen Kinder-Ehen zu prüfen. „Zwangsehen dürfen wir nicht dulden, erst recht nicht, wenn minderjährige Mädchen betroffen sind“, sagte er. Bei den Behörden waren in den vergangenen Monaten etliche Asylbewerber mit minderjährigen „Ehefrauen“ vorstellig geworden. Lesen Sie dazu: Sind Kinderehen jetzt auch in Deutschland erlaubt?.

„Wenn die Ehefrau minderjährig ist, wird immer das Jugendamt eingeschaltet, das dann entscheidet, ob die Familie zusammenbleibt oder nicht“, erklärte eine Sprecherin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Doch das Oberlandesgericht Bamberg hatte im Mai entschieden, dass ein als Vormund bestelltes Jugendamt nicht über den Aufenthaltsort einer 15-jährigen Syrerin entscheiden dürfe, die als 14-Jährige mit ihrem volljährigen Cousin verheiratet worden war.

Bayern mahnt klare gesetzliche Regelung an

Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) begrüßt gegenüber dem Bayernkurier, wenn der Bundesgerichtshof in dieser Grundsatzfrage eine höchstrichterliche Entscheidung treffen würde. Gleichzeitig mahnt er eine klare gesetzliche Regelung an:

Das ist keine Frage von Toleranz und Weltoffenheit, sondern eine Frage des Schutzes von Kindern und Minderjährigen. Wir brauchen deshalb eine klare Regelung: Für die Beurteilung der Ehemündigkeit einer Person – also der Frage, ab welchem Alter die Ehe geschlossen werden kann – soll künftig stets deutsches Recht gelten.

Winfried Bausback, Bayerischer Justizminister

Unter bestimmten Voraussetzungen ist es in Deutschland erlaubt, bereits mit 16 Jahren zu heiraten. Bayern erhofft sich von einer generellen Anhebung, dass die bestehende rechtliche Grauzone für Heiraten im Alter von 14 oder 15 Jahren beseitigt wird. Polygamie hingegen ist in Deutschland nicht erlaubt. Deshalb sieht das Bundesjustizministerium nach Angaben eines Sprechers keinen akuten Handlungsbedarf, neue Gesetze zu verabschieden, laut Deutsche Welle. Beim Familiennachzug für Flüchtlinge sei es demnach nur erlaubt, eine Ehefrau nachzuholen.

Gelebte Polygamie

In vielen Staaten mit islamischer Bevölkerungsmehrheit dürfen Männer bis zu vier Ehefrauen haben. Recherchen der Welt haben ergeben, dass sich Polygamie trotz Verbot in Deutschland aufgrund mehrerer Fakten immer mehr verbreitet. Denn religiöse Eheschließungen werden nicht kontrolliert, sondern nur bei der Moschee registriert, bei der sie geschlossen werden. Imame interessieren sich dabei nicht dafür, ob sie eine Erst- oder Drittfrau trauen. So haben sich laut Welt hierzulande zwei Modelle entwickelt, die muslimische Familien praktizieren. Mehrfach-Ehen, in denen die Frauen aus religiösen Gründen mit der Beziehung einverstanden sind und Partnerschaften, bei denen die zweite Ehe heimlich geführt wird.

Polygame Lebensformen

Die Polygamie bezeichnet die Ehe mit mehreren Partnern oder das Zusammenleben in einer eheähnlichen Partnerschaft mit mehr als zwei Personen gleichzeitig. Unterschieden wird zwischen Polygynie, was der Vielweiberei entspricht, der Polyandrie, was der Vielmännerei entspricht und der Polygynandrie. Frauen und Männer haben bei dieser Form der Gruppenehe jeweils mehrere Ehemänner und Ehefrauen.

Polygyne Ehen sind weiter verbreitet als polyande. Die erste Frau hat normalerweise einen höheren Rang als die folgende. Die Hierachie und auch Rivalität unter den Frauen ist ein Kennzeichen für diese Ehegemeinschaft. In Deutschland und nahezu allen christlich geprägten Ländern ist Polygynie verboten. In mehrheitlich muslimischen Ländern, Afrika sowie bei fundamentalistischen Mormonengruppen wird sie immer noch praktiziert.

 

dpa/AS