Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU). (Foto: StMF)
Steuerreform

Söder plant den großen Wurf

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) hat angekündigt, eine große Steuerreform mit spürbaren Entlastungen für die Bürger auszuarbeiten und über den Bundesrat einzubringen. Sie soll auf vier Säulen ruhen: Abschaffung der Kalten Progression, Abschaffung des Solidaritätszuschlages, höhere Besteuerung von Aktiengewinnen sowie Entlastung von Klein- und Mittelverdienern in der Steuerprogression.

Das starre und ungerechte deutsche Steuersystem ist der Hauptgrund, warum die Bundesrepublik in Wettbewerbs-Rankings immer weiter abrutscht (Der Bayernkurier berichtete). Während die Steuereinnahmen Rekordstände erreichen, klagen die Klein-  und Mittelverdiener über viel zu hohe Belastung. Vor allem kommen Normalverdiener wesentlich zu rasch in der Steuerprogression in Belastungs-Bereiche, die früher tatsächlichen Spitzenverdienern vorbehalten waren. Fielen in den 1960er Jahren erst Einkommen ab dem 15-fachen des Durchschnittsverdiensts in den Spitzensteuersatz, genügt heute schon das 1,3-fache.

Wir brauchen nach Jahren des Stillstandes eine neue Gerechtigkeit in der Steuerpolitik.

Markus Söder

Damit blutet die Einkommens-Mittelschicht materiell aus, kann sich kaum noch Wohneigentum leisten (Eine Analyse dazu lesen sie hier), und fällt immer weiter gegenüber tatsächlichen Spitzenverdienern zurück, die obendrein vom relativ niedrigen Spitzensteuersatz von 42 Prozent profitieren. Von „unten“ her droht ein anderes Problem: Das Lohnabstandsgebot wird langsam aber sicher unterlaufen. Der Netto-Abstand zwischen niedrigen Einkommen, die auch noch unter hohen Belastungen leiden, und dem potenziellen Einkommen durch relativ hohe Sozialleistungen schrumpft, so dass es für Bezieher niedriger Einkommen irgendwann rentabler wird, gar nicht mehr zu arbeiten und sich in der sozialen Hängematte auszuruhen. Mit allen negativen Folgen für Volkswirtschaft und Motivation der Arbeitskräfte.

Gerechtigkeit in der Steuerpolitik heißt: Steuersenkung für die Mittelschicht

„Wir brauchen nach Jahren des Stillstandes eine neue Gerechtigkeit in der Steuerpolitik“, sagt Bayerns Finanzminister Markus Söder jetzt in der Süddeutschen Zeitung (SZ). Er kündigte an, bis Juli ein Konzept für eine umfassende Steuerreform vorzulegen und zwar in Abstimmung mit Ministerpräsident Horst Seehofer. Das Konzept werde derzeit in seinem Haus ausgearbeitet. Man brauche eine neue Gerechtigkeit in der Steuerpolitik, sagte der CSU-Politiker der Süddeutschen Zeitung. Söder plädiert für eine Reform ohne Tabu: „Wir werden sehen, wie viel nach einer grundlegenden Reform noch übrig bleibt.“

Arbeitnehmer, die sich heute überlegten, wen sie wählen sollten, fühlten sich ohnmächtig gegenüber Institutionen wie der Europäischen Zentralbank und transferierten diese Ohnmacht ins eigene System. „Dann neigen sie dazu, anders zu wählen“, sagte Söder mit Blick auf die rechtspopulistische AfD. Diese speise sich nicht nur aus der Flüchtlingspolitik, sondern auch aus der allgemeinen Unzufriedenheit der Bürger mit dem Staat und seinen Institutionen. Dementsprechend will Söder die Schwesterpartei CDU motivieren, „mit einem gemeinsamen Paket für eine umfassende Steuerreform“ in den Bundestagswahlkampf 2017 zu ziehen.

„Tarif auf Rädern“ gegen die kalte Progression

Als ersten Schritt will Söder laut SZ den Solidaritäts-Zuschlag streichen, der 1991 wegen der finanziellen Lasten der Wiedervereinigung eingeführt wurde und eigentlich auf drei Jahre begrenzt war. Der „Soli“ beträgt 5,5 Prozent des Steuerbetrags aus Einkommen-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer und wird auf die ohnehin erhobene Steuerbelastung oben draufgeschlagen. Damit belastet der „Soli“ Arbeitnehmer, Mittelständler und Volkswirtschaft zusätzlich und nimmt den Spielraum für notwendige Anschaffungen und Investitionen.

Zweitens plant Söder, die schädliche und Fleiß bestrafende kalte Progression endgültig abzuschaffen, die wie eine Art schleichende Steuererhöhung wirkt. Sie kommt zustande, wenn Arbeitnehmer bei Lohnerhöhungen automatisch in einen höheren Steuersatz rutschen und mehr Steuern zahlen müssen, obwohl die Lohnerhöhung von der allgemeinen Inflation aufgezehrt wird, sie real also nicht mehr Geld im Portemonnaie haben. Söder will dieses typisch deutsche Phänomen mit einem „Tarif auf Rädern“ abschaffen, den die CSU schon seit Jahren fordert. Damit würden die Steuersätze an die Inflation gekoppelt. Diesen Schritt nennt Söder „unvermeidbar“.

„Mehr Luft drin“ als Schäubles zwölf Milliarden

Drittens will Söder niedrige und mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer „fair entlasten“. Hier rechnet der bayerische Finanzminister mit einem größeren Spielraum für Entlastungen als den, den der Bundes-Kollege Wolfgang Schäuble (CDU) kürzlich angedeutet hat, also zwölf Milliarden Euro (Der Bayernkurier berichtete). „Da ist mehr Luft drin“, sagte Söder.

Wir brauchen eine neue Balance zwischen Aktien und Arbeit.

Markus Söder

Der genaue Spielraum für Entlastungen soll sich laut Söder errechnen aus den von Jahr zu Jahr stark wachsenden Steuermehreinnahmen und den Ersparnissen, die der Staat aufgrund der niedrigen Zinszahlungen erzielt.

Aktiengewinne und Einkommen gleich besteuern

Finanziert soll das werden durch eine Reform der Abgeltungsteuer, den vierten Punkt auf Söders Liste. Derzeit zahlen Anleger auf Einkünfte aus Kapitalerträgen und Aktiengewinnen eine pauschale Abgeltung von 25 Prozent. Doch Arbeitseinkommen werden deutlich höher besteuert: Ab etwa 53.000 Euro Jahresbrutto greift ja bereits der Spitzensteuersatz von 42 Prozent. „Wir brauchen eine neue Balance zwischen Aktien und Arbeit“, so Söder in der SZ. „Die Besteuerung dieser Einkünfte muss angeglichen werden“.

Von den Bürgern werde es „zunehmend als ungerecht empfunden, wenn mit harter Arbeit kaum mehr die Chance bestehe, annähernd ein Vermögen zu verdienen so wie es mit Kapital möglich ist“. Deutschland bleibe ein Land, in dem Sparer und Arbeitnehmer den größeren Teil der Bevölkerung stellen als Aktionäre.

Hartes Ringen mit Schäuble erwartet

Ob eine solche Reform mit Schäuble durchsetzbar sein könnte, ließ Söder offen: „Er ist ein harter Sparringspartner. Als Erstes müssen wir die Erbschaftsteuer vernünftig regeln.“ Die Reform der Erbschaftsteuer ist seit Monaten blockiert. Am Mittwoch versucht die Koalition erneut, sich zu einigen.

(SZ/wog)