Griechenland ist nach Ansicht von EU-Währungskommissar Pierre Moscovici nach sechs Jahren Finanzkrise wieder auf dem Weg zu wirtschaftlichem Wachstum. Moscovici glaube, dass es schon im zweiten Halbjahr wieder ein positives Wachstum gebe. Griechenland hatte am Wochenende eine wichtige Renten- und Einkommensteuerreform beschlossen. Moscovici sagte, beim nächsten Treffen der Euro-Finanzminister am 24. Mai sei eine Entscheidung über neue Hilfsgelder möglich.
Ich bin wirklich überzeugt, dass nach sehr viel gemeinsamer Arbeit jetzt der rechte Weg vorgezeichnet ist.
Pierre Moscovici, EU-Währungskommissar
Weber kritisiert Tsipras
Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Gianni Pittella, warnte den Internationalen Währungsfonds (IWF) davor, mit Forderungen nach Sparmaßnahmen auf Vorrat die Finanzhilfen zu „sabotieren“. Mehrere EU-Staaten, auch Deutschland, bestehen auf der Beteiligung des IWF. Manfred Weber (CSU), Vorsitzender der christdemokratischen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), machte den linken griechischen Regierungschef Alexis Tsipras dafür verantwortlich, dass das Land nach einem Wachstum von 0,7 Prozent im Jahr 2014 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent im vergangenen Jahr habe verkraften müssen.
Die Politik Tsipras‘ hat Griechenland geschadet. Das letzte Jahr war ein verlorenes Jahr für Griechenland.
Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender im Europaparlament
Brisante Idee des Euro-Krisenfonds
Eine Rolle in den laufenden Beratungen spielt ein Papier, das Klaus Regling, der Chef des Euro-Krisenfonds ESM, mitbringt und der Welt vorliegt. Um die griechische Schuldenlast zu reduzieren sollen Kreditlaufzeiten gestreckt und mögliche Zinssteigerungen gedeckelt werden. Außerdem schlägt er vor, dass die Euro-Partner zumindest einen Teil der griechischen Verbindlichkeiten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ablösen. Griechenland zahlt für ältere Kredite des Internationalen Währungsfonds Zinsen in Höhe von 3,5 Prozent. Der Euro-Krisenfonds ESM hingegen vergibt Darlehen deutlich günstiger – derzeit liegen die Zinsen unter einem Prozent. Griechenland würde viel Geld sparen. Und die internationale Lastenteilung am griechischen Rettungsprogramm würde sich verändern. So ständen Europäer künftig für noch mehr griechische Schulden ein als bislang. Der IWF hingegen würde künftig weniger Lasten tragen.
CSU hält Idee für „abenteuerlich“
Das stößt auf Widerstand. Im Kreis der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag wird darauf bestanden, dass der Internationale Währungsfonds bei der Griechenland-Rettung finanziell eine wichtige Rolle spielen soll.
Die Vorstellung, dass der ESM die Verpflichtungen des IWF übernimmt, um damit den IWF letztendlich wieder ins Boot zu holen, halte ich schlichtweg für abenteuerlich.
Markus Ferber, CSU-Finanzexperte im Europäischen Parlament
Der Internationale Währungsfonds drängt seit Monaten auf eine Reduzierung der griechischen Schuldenlast. Der Fonds hegt wachsende Zweifel, dass Griechenland in der Lage ist, den enormen Schuldenberg abzutragen. Die weitere Beteiligung am griechischen Rettungsprogramm macht er davon abhängig, dass der Schuldendruck auf Athen deutlich gemindert wird. Als Option wird beispielsweise genannt, dass die Europäische Zentralbank die Zinsgewinne griechischer Anleihen im Umfang von acht Milliarden Euro überweist.
„Kein Grund für Schuldenschnitt“
Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht weiter keinen Grund für einen echten Schuldenschnitt für Griechenland. Das Land sei bereits für zehn Jahre von der Schuldenlast befreit. Sollte die Schuldentragfähigkeit mittelfristig nicht hergestellt sein, werde man sich das Thema erneut ansehen. Aber jetzt bestehe keine Notwendigkeit, sagte Schäuble. Er sei zuversichtlich, dass es in zwei Wochen eine Vereinbarung mit der griechischen Regierung geben werde.
Tsipras pocht auf Reformbemühungen
Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras schwört sein Land auf ein Festhalten am Reformkurs ein. Auf keinen Fall dürften die Reformbemühungen nun nachlassen.
Wir müssen jetzt intensiver, konstruktiv und hart arbeiten.
Alexis Tsipras, Griechenlands Regierungschef
Die Eurogruppe hatte dem Land neue Hilfsmilliarden in Aussicht gestellt – allerdings unter der Voraussetzung, dass Athen seine Sparbemühungen fortsetzt. Das Parlament in Athen hatte daraufhin Renten- und Einkommenssteuerreformen auf den Weg gebracht und damit die Basis für weitere Unterstützung der Geldgeber gelegt. Jetzt sollen weitere Gesetze mit indirekten Steuern verabschiedet werden. Bis zum Sommer braucht das hoch verschuldete Land erneut Geld aus dem im vergangenen Jahr beschlossenen Hilfspaket in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro. Sonst droht erneut die Staatspleite.
dpa/welt/AS