Gute Aussichten für Rentner: Das Rentenniveau bleibt bis 2025 stabil, die Mütterrente wird deutlich erhöht. (Bild: Fotolia/Kalle Kolodziej)
Rentenreform

Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?

Bundesfinanzminister Schäuble hat sich angesichts der Alterung der Gesellschaft für einen späteren Rentenbeginn ausgesprochen. Auch die JU, Georg Fahrenschon und die OECD plädieren für eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters. Die JU kritisiert, dass die derzeitige Politik auf Kosten der jüngeren Generation gemacht werde. Auf immer mehr Rentner kämen immer weniger Beitragszahler.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) lehnte die Forderung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach einem späteren Rentenbeginn ab. „Das ist kein abgestimmter Vorschlag der Bundesregierung“, so eine Sprecherin ihres Ministeriums. „Das steht nicht zur Debatte.“ Das war ein ziemlich dürftiges Argument. Nachdem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer wegen der zunehmenden Altersarmut eine Rentenreform gefordert hatte, forderte die SPD dies kurz darauf auch. Nahles soll nun laut Parteichef Gabriel ein umfassendes Konzept zur Zukunft der Rente vorlegen. Seehofer nannte eine Rentenreform eine „Herkulesaufgabe“, die sich natürlich auch mit der Finanzierbarkeit sowie der privaten und betrieblichen Altersvorsorge beschäftigen müsse.

„Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt, wer hat soviel Pinke-Pinke, wer hat soviel Geld?“, so heißt es in einem alten Lied von 1949. Nachdem es in den letzten Tagen vor allem um Altersarmut ging, wird nun wieder mehr über die Finanzierbarkeit der Renten diskutiert.

Wir müssen uns auf die demografische Entwicklung vorbereiten.

Wolfgang Schäuble

Schäuble hatte sich dafür ausgesprochen, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Es sei relativ sinnvoll, die Lebensarbeitszeit und die Lebenserwartung in einen fast automatischen Zusammenhang auch in der Rentenformel zu bringen. Die Altersgrenze sollte auch stärker flexibilisiert werden. Zudem müsse das Erwerbspotenzial in Deutschland erhöht werden. „Wir müssen uns auf die demografische Entwicklung vorbereiten“, um die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren, sagte Schäuble. Das werde das größte Problem das Gesundheitssystem sein. Dies werde Deutschland in nächster Zeit noch „bitter schwer“ gesellschaftlich beschäftigen. Er verwies unter anderem auf die Kostenexplosion. Dies dürfe nicht tabuisiert werden. Dasselbe gelte für das Thema Pflege. Die Altersvorsorge und das Rentensystem könnten trotz der Niedrigzinsen gehalten werden, wenn das Drei-Säulen-Modell aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge erhalten bleibe.

JU will Renteneintritt an Lebenserwartung koppeln

Die Junge Union (JU) hat dagegen erneut eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 67 auf 70 Jahre ab 2030 vorgeschlagen. „Um das Rentenniveau künftig nicht so weit absenken zu müssen, dass immer weniger Menschen davon leben können, sollten wir das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung koppeln“, sagte der JU-Vorsitzende Paul Ziemiak der „Rheinischen Post„. Dies hätte nach seiner Einschätzung nur einen moderaten Anstieg des gesetzlichen Renteneintrittsalters zur Folge. „Der Jahrgang 1985, dem ich angehöre, müsste bis zum Alter von 67,5 Jahren erwerbstätig bleiben. Ein Renteneintrittsalter von 70 Jahren würden wir erst im Jahr 2100 erreichen“, erklärte Ziemiak. Schon Anfang April forderten die 70 wichtigsten Funktionäre der JU, alle Mitglieder des JU-Deutschlandrats, Arbeitsministerin Nahles in einem Brandbrief dazu auf, schrittweise die Rente mit 70 einzuführen.

Wir rufen Sie auf, endlich einen Kurswechsel in der Rentenpolitik einzuleiten.

Brandbrief der JU an Andrea Nahles

„Wir sind schockiert, wie die Bundesregierung den demographischen Wandel ignoriert“, hieß es in dem Papier, über das die Bild-Zeitung berichtete. „Statt sich der langfristigen Herausforderungen anzunehmen, haben Sie in den letzten Jahren ein sozialpolitisches Feuerwerk gezündet. Rente mit 63, Mütterente, Verbesserung der Erwerbsminderungsrente und die größte Rentenerhöhung seit 23 Jahren mögen Sie als kurzfristige Erfolge verbuchen, sie offenbaren aber eine dramatische politische Kurzsichtigkeit. Wir rufen Sie auf, endlich einen Kurswechsel in der Rentenpolitik einzuleiten.“ Die Veränderungen seien weder durchfinanziert noch gerecht, da sich wegen der ständig steigenden Lebenserwartung zugleich die durchschnittliche Rentenbezugsdauer erhöht habe. „Gleichzeitig bleibt die Geburtenrate mit durchschnittlich 1,4 Kindern auf unverändert niedrigem Niveau“, so die JU – die Zahl der Beitragszahler sinkt also konstant, die der Beitragsempfänger steigt. Diese Entwicklung stelle die junge Generation im umlagefinanzierten Rentensystem vor unlösbare Herausforderungen. Die von der SPD geplante Mindestrente sei ebenso falsch. Die Idee der JU war, das Renteneintrittsalter an die statistische Lebenserwartung zu koppeln, gestaffelt nach Dekaden. „Je älter die Menschen statistisch werden, desto länger müssen sie arbeiten“, so das Papier.

Millionen Rentnern fehlt am Ende Geld

Auch Sparkassen-Chef Georg Fahrenschon hatte den Anstieg des Renteneintrittsalters auf mindestens 70 Jahre angedacht. Beschäftigte müssten entweder mehr in die private Vorsorge einzahlen oder „mehrere Jahre länger arbeiten“, so der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands in der „Bild“. Als Ursache nannte Fahrenschon aber den Wegfall von Zinsen und Zinseszinsen infolge der hoch umstrittenen Nullzinspolitik der EZB. „Millionen Rentnern fehlt am Ende bares Geld“, sagte er.

Wer privat vorsorgt, sollte am Ende immer mehr haben als jemand, der das nicht tut.

Jens Spahn

Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) schlug als Lösungsweg einen Freibetrag in der Grundsicherung von 100 Euro für die private Vorsorge, beispielsweise durch Riestern vor. „Wer privat vorsorgt, sollte am Ende immer mehr haben als jemand, der das nicht tut“, sagte Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

OECD: Renteneintrittsalter anheben

Auch die Industrieländer-Organisation OECD hatte Deutschland jüngst empfohlen, das gesetzliche Renteneintrittsalter weiter anzuheben. Bisher soll es bis zum Jahr 2029 stufenweise auf 67 steigen. Ohne Reformen würden die Rentenausgaben bis zum Jahr 2060 um mindestens 2,5 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, warnte die OECD. Durch eine Koppelung des Rentenalters an die Entwicklung der Lebenserwartung könnte die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gestärkt werden, so die OECD.

ifo: Überalterung hemmt Wachstum

Der neue Chef des ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat die geringe Wachstumsdynamik in Deutschland auch auf die Alterung der Gesellschaft und mangelnde strukturelle Reformen zurückgeführt. Die Zahl der Firmengründungen sei seit dem Jahr 2000 um 40 Prozent gesunken. Im Hochtechnologiebereich habe sich die Zahl sogar halbiert, ebenso die Zahl der Firmenausgründungen. Ein Grund dafür sei auch, dass sich die Zahl der 30- bis 45-Jährigen im selben Zeitraum um 25 Prozent reduziert habe, die oft die Gründer stellten. Auch die geringen Innovationsausgaben des Mittelstandes stagnierten, was ebenfalls Folge der Alterung sei.