Dass Bayern (dunkelblau, oben) einen Wahlkreis dazubekommen muss, ist ganz eindeutig. Strittig war zuletzt noch, ob Hessen (orange, unten) oder Thüringen (violett, stark abwärts geneigt) einen Wahlkreis abgeben müssen. (Graphik: Bundesamt für Statistik/Bundeswahlkreiskommission)
Deutscher Bundestag

Ein Wahlkreis wandert von Thüringen nach Südbayern

Weil die Einwohnerzahl Thüringens sinkt, verliert das Land bei der Bundestagswahl 2017 einen Wahlkreis. Da die Gesamtzahl der Wahlkreise bei 299 bleiben muss, empfiehlt die Wahlkreiskommission, derjenigen Region einen weiteren Wahlkreis zu geben, wo der meiste Zuzug herrscht: Südbayern. Davon könnte der Bereich Starnberg/Landsberg profitieren. Eine Entscheidung fällt kommende Woche.

Vermutlich gibt es in Bayern bald einen neuen Bundestagswahlkreis 224, der die Landkreise Starnberg und Landsberg am Lech umfasst. Aufgrund neuer Bevölkerungszahlen empfiehlt die Bundeswahlkreiskommission jetzt, einen Wahlkreis von Thüringen nach Südbayern zu verlegen. Noch nach der vorigen Empfehlung vom Februar 2015 hätte eigentlich Hessen einen Wahlkreis verlieren sollen. Doch die jüngste Entwicklung spricht gegen Thüringen.

Hintergrund des Hin und Her sind komplizierte Berechnungen und Rundungsverfahren nach dem sogenannten „Sainte-Lague/Schepers“-System. Demnach war bereits in der Stellungnahme von Februar 2015 klar, dass Bayern ganz eindeutig Anspruch auf einen neuen Wahlkreis hat – Nummer 46. Strittig war lediglich, ob Hessen oder Thüringen einen Wahlkreis verlieren muss.

Thüringen muss bluten, Hessen bleibt ungeschoren

Nun ergaben die jüngsten verfügbaren Bevölkerungszahlen vom Juli und August 2015, dass dem Freistaat Thüringen nur noch acht (statt bisher neun) Wahlkreise zustehen. Hessen wiederum, das erst zur Wahl 2013 einen Wahlkreis hinzugewonnen hatte, bleibt nun doch bei 22.

Im Einzelnen empfiehlt die Kommission, dass der bisherige Wahlkreis 194 Gera-Jena-Saale/Holzland aufgeteilt wird. Die kreisfreie Stadt Gera soll demnach zum Wahlkreis 195 (Greiz-Altenburg) zugeschlagen werden. Die kreisfreie Stadt Jena kommt zum Wahlkreis 191 (Kyffhäuser-Sömmerda-Weimarer Land I). Und der Saale-Holzland-Kreis wird vom Wahlkreis 196 (Sonneberg-Saalfeld/Rudolstadt-Saale-/Orla-Kreis) aufgenommen.

Dafür könnte der Kreis Sonneberg zum Wahlkreis 197 wandern (Suhl-Schmalkalden-Hildburghausen). Außerdem empfiehlt die Kommission noch einige kleinere Änderungen bis hinunter auf Gemeindeebene und zeigt auch eine mögliche Alternativlösung auf. Da die rot-rot-grüne Regierung Thüringens das Land derzeit sowieso komplett neu ordnet – sowohl auf Kreis- als auch auf Gemeindeebene – können sich all diese Einteilungen und Bezeichnungen noch ändern. Hier herrscht offensichtlich noch einiger Kommunikations- und Koordinierungsbedarf.

Neuberechnung auf Wunsch des Innenministeriums

Die Wahlkreiskommission hat ihre Neuberechnung (Bundestags-Drucksache 18/7350) auf Antrag des Bundesinnenministeriums auf Grundlage der neusten greifbaren Einwohnerzahlen vom Juli und August 2015 als „Ergänzenden Bericht an den Bundestag“ verfasst und am 15. Januar 2016 eingereicht.

Daraufhin wurde in Thüringen Kritik laut, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) offenbar eingegriffen habe zu Gunsten Hessens und zu Ungunsten Thüringens. Es hätte in Hessen nämlich höchstwahrscheinlich den Wahlkreis Main-Kinzig getroffen – den Wahlkreis von CDU-Generalsekretär Peter Tauber.

Aber die Einwohnerzahlen lügen nun einmal nicht. Auch im Februar 2015 war bereits der Trend erkennbar, dass Thüringen in der sogenannten Anspruchsstatistik auf Sicht weniger Monate hinter Hessen zurückfallen dürfte (Titelbild aus der Bundestags-Drucksache 18/3980). Schon damals war es eine knappe Entscheidung, die binnen Jahresfrist nun eben anders ausgefallen ist.

Starnberg und Landsberg werden im neuen Wahlkreis 224 zusammengefügt

Nicht so ausführlich äußert sich die Kommission in ihrer Empfehlung, wo der neue Wahlkreis in Bayern eingerichtet werden soll. In der künftigen, von der Kommission vorgeschlagenen Liste ist der Wahlkreis 223 ausgewiesen als „Bad Tölz/Miesbach“, 224 als „Starnberg/Landsberg am Lech“, 225 als Traunstein (wie bisher) und 226 als „Weilheim“. Das heißt praktisch, dass Landsberg von Weilheim und Starnberg von Bad Tölz-Miesbach abgetrennt wird und einen neuen Wahlkreis Starnberg/Landsberg bildet (der Bayernkurier berichtete).

Die Wahlkreiskommission spricht allerdings nur eine Empfehlung aus, der Bundestag beschließt den Zuschnitt seiner Wahlkreise selbst. Die endgültige Entscheidung der Neugliederung soll der Innenausschuss des Bundestages am kommenden Donnerstag, 3. März, fällen.

Die siebenköpfige Wahlkreiskommission wird in jeder Legislaturperiode neu vom Bundespräsidenten berufen. In ihr sitzen derzeit je ein Vertreter der Innenministerien des Bundes und der vier größten Länder NRW, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, ein Richter am Bundesverwaltungsgericht sowie der Präsident des Bundesamtes für Statistik, der gleichzeitig als Bundeswahlleiter fungiert.