Die Steuereinnahmen sprudeln und bescheren dem Gesamtstaat einen Rekordüberschuss. Doch die Flüchtlingskrise bedroht die gute Entwicklung. (Fotolia: Fotolia/M. Schuppich)
Haushaltsüberschuss

Der Staat schwimmt im Geld

Nicht nur eine Schwarze Null, sondern ein satter Überschuss: Die starke Konjunktur, die niedrige Arbeitslosigkeit und die daraus folgenden Rekord-Steuereinnahmen haben zu einem gewaltigen Budget-Plus geführt. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen haben 2015 um 19,4 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Doch die Flüchtlingskrise wirft zunehmend drohende Schatten.

Die robuste Konjunktur lässt die Staatskasse kräftig klingeln und beschert dem deutschen Gesamtstaat den höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung. Unter dem Strich nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen rund 19,4 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben. Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung fiel das Plus mit 0,6 Prozent somit noch etwas größer aus als die in der Januarschätzung angenommenen 0,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.

Üblicherweise muss der Staat bei einem dermaßen starken Überschuss logischerweise über Steuersenkungen nachdenken, damit den Bürgern und Unternehmen etwas mehr von ihrem eigenen, selbsterwirtschafteten Geld behalten dürfen. In diesem Jahr dürften sich entsprechende Forderungen allerdings in Grenzen halten – angesichts der nach wie vor ungelösten Flüchtlingskrise und der dauerhaft unklaren Zahl an Zuwanderern, die die Sozialkassen in den nächsten Jahren belasten werden.

Höchster Überschuss seit der Wiedervereinigung

Einen prozentual höheren Überschuss gab es mit 0,9 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) nur im Sonderjahr 2000. Damals hatte die Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen die öffentlichen Kassen kräftig gefüllt.

In absoluten Zahlen lag der Überschuss im Jahr 2000 bei rund 18,2 Milliarden Euro. 2015 indes profitierte Europas größte Volkswirtschaft von der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt und der Konsumlaune der Verbraucher. Steuern und Sozialbeiträge füllten die öffentlichen Kassen kräftig.

Wachstum hält vorläufig an

Mit dem zweiten Milliardenüberschuss in Folge – 2014 lag er bei 8,9 Milliarden Euro oder 0,3 Prozent des BIP – ist Deutschland weit entfernt von der Schuldenobergrenze, die sich die Europäer zugestehen (Maastricht-Verträge). Erlaubt ist höchstens ein Defizit von 3,0 Prozent. Zuletzt hatte Deutschland diese Marke 2010 mit einem Minus von 4,2 Prozent verfehlt.

Zum Jahresende hielt die deutsche Wirtschaft mit 0,3 Prozent Plus zum Vorquartal ihren Wachstumskurs – dank konsumfreudiger Verbraucher und staatlicher Ausgaben für die Versorgung Hunderttausender Flüchtlinge. Hier bestätigten die Wiesbadener Statistiker erste Berechnungen. Im Gesamtjahr 2015 legte Deutschlands Wirtschaftsleistung um 1,7 Prozent zu – nach 1,6 Prozent ein Jahr zuvor.

Wachstumsimpulse kamen von Oktober bis Dezember vor allem aus dem Inland: Wegen des Zinstiefs lohnt sich traditionelles Sparen kaum noch, viele Menschen geben ihr Geld daher lieber aus. Weil Tanken und Heizen wegen der niedrigen Ölpreise vergleichsweise billig ist, haben Privatleute zudem mehr Geld für den Konsum übrig.

Flüchtlingskrise: Schlecht für Staatshaushalt, gut für Konsum

Volkswirtschaftlich belastet die Flüchtlingskrise zwar die öffentlichen Haushalte massiv, ist aber im Moment ein Konsum- und damit Wachstumsimpuls. Denn die Milliardenausgaben von Bund, Ländern und Kommunen zur Bewältigung der Flüchtlingszuwanderung stützen die Konjunktur: Im vierten Quartal erhöhten sich die Konsumausgaben des Staates kräftig. Manche Volkswirte werten die Zuwanderung von Menschen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan als Konjunkturprogramm – auch für 2016.

Allerdings nimmt der Gegenwind für die deutsche Wirtschaft zu. Wichtige Absatzmärkte wie China schwächeln, auch aus den Vereinigten Staaten kamen zuletzt schwächere Konjunkturdaten. Dennoch sehen die meisten Ökonomen Deutschland auch im laufenden Jahr auf einem robusten Wachstumspfad. Bundesregierung und Internationaler Währungsfonds (IWF) erwarten ein BIP-Wachstum in der Größenordnung von 1,7 Prozent.

dpa/wog