Horst Seehofer forderte erneut eine Obergrenze, schon als "Signal" an die Welt. (Bild: Anja Schuchardt)
Seehofer zum EU-Gipfel

Unverzüglich handeln!

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat die fehlenden Ergebnisse des EU-Gipfels zur Flüchtlingskrise bedauert, zeigte aber Verständnis dafür, da die Türkei wegen der Anschläge nicht zum Gipfel kam. Zugleich bekräftigte er die CSU-Forderungen. Die Obergrenze müsse unverzüglich und als "Signal" verkündet werden - weil die EU nicht handele. Eine unbegrenzte Aufnahme sei nicht länger möglich.

„Leider hat der aktuelle EU-Gipfel keine nachhaltige Lösung gebracht“, bedauerte Seehofer. Man habe aber Verständnis dafür, dass wegen des verheerenden Anschlags in der Türkei die Umsetzung der Migrationsagenda eben mit diesem Land auf ein Sondertreffen im März verschoben wurde. Von diesem Treffen erwarte man aber „ein Treffen der Ergebnisse und kein Treffen der erneuten Vertagung“. Hinsichtlich der Türkei machte der CSU-Chef klar, dass er die EU-Vollmitgliedschaft sowie die Visafreiheit für das Land am Bosporus nicht mit den Vereinbarungen zur Flüchtlingskrise verknüpft sehen will. Die Bedenken der CSU dagegen blieben bestehen. Das mit der Türkei vereinbarte Flüchtlingskontingent dürfe zudem kein deutsches sein, sondern müsse ein europäisches sein. Dafür müsse aber auch klar sein, dass die Türkei ihrerseits dafür sorge, dass es die Flüchtlingsströme aus dem Land „nicht mehr gibt“. Der Ministerpräsident machte aber zugleich klar:

Ich würde mich aber nicht nur auf die Türkei verlassen … oder auf Mazedonien oder Österreich. Wir brauchen für die Zukunft klare Regeln in Europa, wie die Zuwanderung laufen wird.

Horst Seehofer

Das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Flüchtlingsbewegung stelle Deutschland auf allen Ebenen vor eine der größten Herausforderungen überhaupt. Der Flüchtlingszustrom nach Deutschland sei nach der Rekordzuwanderung im letzten Jahr auch 2016 ungebrochen. Es würden sich inzwischen sogar neue und „alternative Fluchtrouten“ entwickeln. „Die CSU bekräftigt deshalb ihre Positionen zur Ordnung und Steuerung der Zuwanderung und wird ihren Kurs uneingeschränkt und konsequent fortsetzen“, betonte Seehofer.

Europa hat nichts vorangebracht

Zu den Ergebnissen des EU-Gipfels stellte er fest: Die von den Parteivorsitzenden von CDU und CSU am 1. November vereinbarten Maßnahmen auf europäischer und internationaler Ebene, die am 5. November von SPD-Chef Gabriel wortgleich übernommen wurden, werden nicht umgesetzt und sind überfällig. Im einzelnen listete Seehofer auf:

  • Die EU-Außengrenzen werden nicht hinreichend geschützt.
  • Die illegale Migration in die EU hält an.
  • Es gibt keine legalen Strukturen des Flüchtlingsschutzes und der Lastenverteilung mit unseren Nachbarländern.
  • Das Dublin III-Verfahren wurde weder weiterentwickelt noch durchgesetzt.
  • Funktionsfähige Hotspots sind seit Ende des vergangenen Jahres überfällig. Auch die erforderliche Registrierung und Identifizierung von Schutzbedürftigen, die in den Hotspots stattfinden sollte, gebe es dementsprechend nicht. Gleiches gelte für die nicht Schutzbedürftigen und ihre Rückführung in die Herkunftsländer.
  • Die europaweite Verteilung der Flüchtlinge findet nicht statt.

„Dieser Punkt ist für uns aber entscheidend“, betonte der Ministerpräsident und ergänzte, dass das Ausmaß der Flüchtlingskrise unverzügliches Handeln erfordere. „Wir werden im März unsere Obergrenze erreicht haben!“ Wie bekannt hat die CSU eine Obergrenze für die Zuwanderung von 200.000 Personen vorgeschlagen – „an der wir festhalten!“, so Seehofer. „Immer mehr Länder in Europa handeln ebenfalls in dieser Richtung, um nicht zu sagen: beinahe alle!“ Damit machte er indirekt klar, wie isoliert Bundeskanzlerin Angela Merkel mittlerweile in Europa dasteht. Das Wichtigste an einer Obergrenze sei aber das Signal, das davon ausgehe. „Wenn Sie die Illusion nähren, sie wären zu einer unbegrenzten Aufnahme fähig, sendet das falsche Anreize aus.“

Sie werden sehen, wenn wir eine Obergrenze verkünden, dann wird der Flüchtlingsstrom sehr bald abebben.

Horst Seehofer

Darum fordere die CSU ein zeitnahes Treffen der drei Parteivorsitzenden zur konkreten Umsetzung der Vereinbarungen. „Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass hinreichend effektive Grenzkontrollen durchgeführt werden und die Zuwanderung nicht unbegrenzt erfolgen kann. Das ist die Rechtslage“, machte der CSU-Chef deutlich.

Im Kabinett: Die Klage des Freistaats

Am kommenden Dienstag werde die Staatsregierung zudem über das weitere Vorgehen hinsichtlich der Klage des Freistaats gegen den Bund beraten. Er empfehle aber, schon aus Gründen des Stils und des Anstands, die Antwort der Bundesregierung auf den Brief vom 25. Januar abzuwarten, die immer noch nicht vorliege. Erst dann könne man eine vollständige Bewertung vornehmen. Auf die Nachfrage eines Journalisten, ob er denn beispielsweise auf den Brief eines Landrats ebenfalls vier Wochen nicht reagieren würde, antwortete Seehofer: „Aus meiner 13-jährigen Erfahrung als Mitglied einer Bundesregierung weiß ich, dass die Mühlen dort langsam mahlen.“ Das dürfe man also nicht überbewerten. Er machte aber auch klar, dass er hiermit erneut um eine „zeitnahe“ Antwort bitte. „Wenn man politisch nicht weiterkommt, muss man juristische Maßnahmen ergreifen.“