Alles Europa? Istanbul von der Galata-Brücke aus gesehen. (Bild: Fotolia/Dario Bajurin)
Ausland

Visafreiheit für Türken?

Manchmal fragt man sich, in welcher Realität die EU-Kommissare leben. Nach Angaben von EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn jedenfalls ist eine Aufhebung der Visapflicht für türkische Staatsbürger innerhalb von 2 Jahren möglich. Was ein solcher Schritt mitten in der Flüchtlingskrise bedeuten würde, mag man sich nicht vorstellen – zumal angesichts des neuen Kurdenkriegs der Türkei.

Der EU-Kommissar für Erweiterungsfragen, Johannes Hahn, hat der Türkei Visafreiheit in Aussicht gestellt. Es sei „durchaus möglich, in zwei Jahren die Visumpflicht für Bürger aus der Türkei, die in den Schengen-Raum reisen, aufzuheben“, sagte Hahn der Zeitung „Die Welt„. Immerhin gibt es laut dem österreichischen ÖVP-Politiker dafür Bedingungen, die erfüllt werden müssten. Dafür nennt er aber nicht die Entlassung dutzender inhaftierter Journalisten und Autoren in der Türkei, die zahlreichen Verfassungsbrüche durch die Regierenden oder die Einstellung der Angriffe auf Kurden, sondern nur ein funktionierendes Grenzmanagement, die Ausgabe von Reisepässen mit biometrischen Daten oder die Zusammenarbeit mit der EU bei der Erkennung gefälschter Reisedokumente. Seit zwei Jahren verhandelt Brüssel mit Ankara über eine Visa-Liberalisierung.

Erdogan hat kein Interesse an weiteren Reformen

Der EU-Kommissar kennt durchaus die innenpolitische Entwicklung des Landes unter dem Möchtegern-Diktator Erdogan. „Die Türkei bewegt sich zurzeit leider nicht in eine europäische Richtung“, meint er beschönigend und nennt Probleme bei der Korruptionsbekämpfung, der Meinungsfreiheit, dem Minderheitenschutz und der Unabhängigkeit der Justiz. Und dennoch will er „in den Beitrittsgesprächen mit der Türkei die Kapitel 23 und 24, in denen es um Grundrechte, Justiz, Freiheit und Sicherheit geht, möglichst bald öffnen“. Er meint, so könne er Druck auf den immer repressiver agierenden Erdogan ausüben. Dabei hat der gar kein Interesse an weiteren Reformen, weil er längst am Ziel ist: Die Errichtung einer islamischen Diktatur mit demokratischem Mäntelchen unter seiner Führung. Die EU und die Demokratie waren ihm nur Steigbügelhalter auf diesem Weg, das hat er mehrfach und schon sehr früh in seiner politischen Karriere deutlich gemacht. „Die EU hat keinen Grund, einer Türkei, die sich immer mehr von Europa abwendet, Zugeständnisse zu machen“, stellte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber im „Münchner Merkur“ klar. Er warnte auch vor einer weiteren unkontrollierten Zuwanderung. Es bleibt die Frage, warum Brüssel nicht endlich die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf Eis legt.